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Sonntag, 26. September 2004, 2:00 Uhr

Demokratie per Lostrommel

Ausregiert: Die GALiN verliert ihre Ausschuss-Sitze

Von Olaf Harning | Ursache des Dilemmas: Aufgrund eines Antrages der CDU-Fraktion hatte die letzte Stadtvertretersitzung am 14. September alle Ausschüsse der Stadt neu zu besetzen. Nach der schleswig-holsteinischen Gemeindeordnung muss dieses Szenario nach dem umstrittenen "D´Hondt-Verfahren" erfolgen - einer Rechenart, die insbesondere kleinere Parteien, bzw. Minderheiten deutlich benachteiligt. Zwar liegt dem dafür verantwortlichen Kieler Landtag seit Juni diesen Jahres ein Antrag der FDP auf Einführung eines "Grundmandates" für kleinere Fraktionen vor und ohnehin ist Schleswig-Holstein eines der letzten Länder, die noch D´Hondt vertreten - genützt hat dies jedoch am 14.9. alles nichts. Obwohl ein Nivellierungsverfahren und damit eine Veränderung der Gemeindeordnung offenbar kurz bevor steht, liess man in Norderstedt nach dem umstrittenen Verfahren neu besetzen.
Konkrete Auswirkungen für die Ausschüsse: Während 7 Sitze für die CDU und nur 3 für die SPD rechnerisch klar waren, musste das jeweils elfte Mandat per Losverfahren vergeben werden. Und da sich die FDP bereits im Vorfeld einige CDU-Mandate per Absprache gesichert hatte, griffen während der Stadtvertretersitzung schließlich mit CDU/FDP, SPD und GALiN nur noch drei Gruppen in die Lostrommel. Und was dann geschah kommentiert GALiN-Stadtvertreterin Maren Plaschnick nur noch zynisch: "Wenn man schon kein Glück hat, kommt auch noch Pech dazu." Die Norderstedter Grünen - vor Jahren von der Bundespartei Bündnis 90/Die Grünen abgespalten - erreichten nach Jahren kommunalpolitischen Engagements kein einziges Ausschuss-Mandat. Die Norderstedter CDU verfügt nun im Finanz-, Stadtentwicklungs- und auch im Hauptausschuss (ehemals Magistrat") mit 8 von 11 Mandaten über eine satte 2/3-Mehrheit. Im Ausschuss für Junge Menschen, sowie im Sozial- und im Kulturausschuss hingegen kommen ChristdemokratInnen und FDP auf 7, die SPD auf 4 Sitze.
Mit dem einstigen Wahlerfolg der CDU haben diese Quoten freilich nicht viel zu tun: Zwar erreichten Schlichtkrull, Leiteritz & Co in Norderstedt bei freilich nur 45% Wahlbeteiligung satte 50,8% der abgegebenen Stimmen, das würde rein statistisch jedoch für nicht mehr als sechs Mandate in den Ausschüssen sprechen. Allerdings hatten die ChristdemokratInnen mit Polit-Clown Alfred L. Wagner noch nach der Wahl prominenten Zuwachs aus der Bürgerpartei und nach einem Verwaltungsgerichtsurteil "Anspruch" auf 7 statt bis dato 6 Mandate. Wie dem auch sei: Da die geltende Gemeindeordnung den Machtspielraum der ohnehin stärksten Fraktion deutlich stärkt, fordert die GALiN schon länger (wie die FDP auf Landesebene) ein Grundmandat" für alle kleinen Fraktionen in den Stadt- und Gemeinderäten, bzw. "Ausgleichsmandate" falls dadurch die jeweiligen Mehrheiten kippen. "Das", so Reinders, "hätte zwar eine Vergrößerung der Ausschüsse zur Folge, entspräche aber immerhin demokratischen Geflogenheiten".
Nachdem Bürgermeister Hans-Joachim Grote (CDU) mittlerweile fast alle neuen Ausschuss-Besetzungen abgenickt hat, prüft die Grün Alternative Liste jetzt eine Feststellungsklage. Außerdem bleibt abzuwarten, wann man in Kiel die Gemeindeordnung an das 21. Jahrhundert anpasst. Es könnte schon bald eine weitere Neubesetzung anstehen, bis dahin haben viele soziale Initiativen und engagierte NorderstedterInnen mit der GALiN ein Sprachrohr in den städtischen Gremien verloren.