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Freitag, 20. August 2004, 2:00 Uhr

Die Gabelstapler-Taktik: Shock and awe

Der Jungheinrich-Konzern als Trittbrettfahrer

Von Olaf Harning | "Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter" beginnt das Schreiben vom 27. Juli noch recht freundlich, und: "bei Erfüllung" gewisser "Rahmenbedingungen werden wir bis zum 31.12.2006 keine aus diesem Projekt resultierenden Beendigungskündigungen aussprechen. Dann aber kommt es knüppeldick für die Beschäftigten, zumindest wenn der Betriebsrat sich erpressen liesse: "Teambezogene Prämienentlohnung" müsse man einführen, die bisherige Flexibilisierung der Arbeitszeit auf 140 Plus-Stunden massiv ausbauen, den Ausgleich der Stunden auf bis zu drei Jahre zerren und in einigen Abteilungen gar die "40-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich" einführen. Anders, so die Werksleitung, sei das Werk in Norderstedt nicht wettbewerbsfähig.
Exakt 14 Tage nach Veröffentlichung dieser Erklärung suchte der Konzern erneut den Weg an die Öffentlichkeit, diesmal unter etwas anderen Vorzeichen: 19,4 Millionen Euro Gewinn nach Steuern könne man alleine für das erste Halbjahr des Jahres 2004 verbuchen (plus 8%), das Ganze bei einer Umsatzsteigerung von 716 auf 724 Millionen Euro. Darüber hinaus erwartet der Konzern ein "kräftiges Marktwachstum bei Flurförderzeugen in Europa", einzig der Preisdruck mache zu schaffen.
Der Hintergrund von "shock and awe", von Schock und Entsetzen bei den MitarbeiterInnen liegt trotz dieser guten, wirtschaftlichen Zahlen auf der Hand. Wenn schon die Großen der Automobilindustrie es derzeit schaffen, die Macht der Gewerkschaft in ihren gut organisierten Hallen zu brechen oder zumindest einzuschränken, warum sollte ausgerechnet Jungheinrich dieses nicht gelingen? Und davon ganz abgesehen: Warum sollten sich Dr. Cletus von Pichler (Vorstandsvorsitzender des Konzerns) oder Dr. Michael Lüer (Mitglied des Vorstands, Finanzen und Personal) mit 19,4 Millionen Euro Gewinn pro Halbjahr zufrieden geben, wenn es auch ein- oder zwei Millione mehr sein können?

Dr. Michael Lüer

Veröffentlicht in Arbeit & Kapital mit den Schlagworten Jungheinrich, Norderstedt