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Dienstag, 5. Juni 2007, 2:00 Uhr

G8 - News - Ticker (Teil 1)

Die Ereignisse rund um Heiligendamm

Infoarchiv Norderstedt | 
Anfang Juni 2007 trafen sich die Regierungen der sieben wichtigsten Industrieländer und Russlands zum "G8-Gipfel" im Ostseebad Heiligendamm. Die "Gruppe der 8" (G8) ist eine Institution ohne demokratische Legitimation. Dennoch trifft sie als selbsternannte informelle Weltregierung Entscheidungen, die die gesamte Menschheit betreffen. Die Politik der G8 steht für eine neoliberale Globalisierung und Deregulierung, die Wirtschaftspolitik an den Rendite-Interessen internationaler Finanzanleger und Konzerne ausrichtet. Bereits Wochen im Vorfeld zeichnete sich ab, dass die Ordnungsbehörden angesichts wachsender Proteste das ein- oder andere demokratische Maß verloren haben: Schikanöse Durchsuchungsaktionen, Demonstrationsverbote, illegale Briefkontrollen in Postämtern, "Geruchsproben" - das Treffen der G8 als grundrechtsfreie Zone. Das Info Archiv richtete einen News-Ticker zum Thema ein, da auch zahlreiche Menschen aus der Region an den Protesten und - als PolizistInnen - an den Grundrechtseinschränkungen teilnahmen. 4. Juni, 22 Uhr - Solidaritätsdemonstrationen
U.a. in Groß-Gerau (25 TeilnehmerInnen) und im schweizerischen Bern (70 TeilnehmerInnen) gab es Solidaritätsdemonstrationen mit den Aktivisten in Rostock.

4. Juni, 20 Uhr - Polizeipsychologe wirft Polizei und Politik Eskalation vor
Der Polizeipsychologe Georg Sieber hat in einem Interview mit dem Deutschlandradio der Polizei und der Politik eine erhebliche Mitschuld an der Eskalation am vergangenen Samstag vorgeworfen. Er kritisierte insbesondere das Verhalten der Sicherheitskräfte im Vorfeld des Gipfels, "das war höchste Eskalationsstufe eigentlich überhaupt" und deren martialisches Auftreten bei Demonstrationen, das man "auf den ersten Blick glatt mit Marines im Irak verwechseln" könne. An die Politik stelle er die Frage, ob diese Eskalation "womöglich sogar auch politisch so gewollt" gewesen ist, schliesslich sei es "ganz objektiv so, dass es bis jetzt keine Großveranstaltung gab, die derartig im Vorfeld schon vorgeheizt und vorgesichert wurde".

4. Juni, 20 Uhr - Demo beendet
Rund 10.000 Menschen demonstrierten heute gegen die Asylpolitik der Europäischen Gemeinschaft. Von einem Großaufgebot der Polizei wurde die Demonstration mehrfach gestoppt, weil einzelne TeilnehmerInnen vermummt waren, meist allerdings lediglich mit Sonnenbrillen oder Kapuze. Kurz vor Erreichen des innerstädtischen Bereiches verkündete die Polizeieinsatzleitung kurzfristig und widerrechtlich eine neue Route, die um die Innenstadt herum führte, Grund: Es würden mehr Menschen an der Demo teilnehmen, als angemeldet. Die VeranstalterInnen brachen danach die Demonstration ab und beklagten die massive Einschränkung des Versammlungsrechts. Dennoch blieben die TeilnehmerInnen diszipliniert und bewegten sich in großen Gruppen, teils auch in Spontandemonstrationen zum Kundgebungsplatz am Hafen.

4. Juni, 17 Uhr - NPD will nach Rostock
Jetzt versuchen die Nazis, auf den Anti-G8-Zug aufzuspringen und die Medienöffentlichkeit zu nutzen: Für Donnerstag meldete die NPD eine Demonstration von 500 Nationalsozialisten in der Rostocker Innenstadt an. Der Aufmarsch dürfte allerdings verboten werden, weil sich zur Zeit bis zu 20.000 Antifaschisten in der Stadt aufhalten und einen Nazi-Aufmarsch sicher nicht dulden würden.

4. Juni, 17 Uhr - Polizeigewerkschafter fordert Geißlers Parteiausschluss
Nicht nur Konrad Freiberg (Gewerkschaft der Polizei, GdP im DGB), sondern auch Reiner Wendt (stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft DPG, Mitglied im Deutschen Beamtenbund) scheint derzeit von der Situation überfordert. Wiederum Spiegel-Online berichtet, dass CDU-Mitglied Wendt den Parteiausschluss des Neu-ATTAC-Mitglieds Heiner Geißler (ebenfalls CDU) fordert. Wendt wirft Geißler Äußerungen in einer Talkshow vor, demnach soll Geißler gesagt haben: "Wenn mich einer anfasst, dann schlage ich zurück - und wenn es ein Polizist ist, dann schlage ich zurück. Wenn ich demonstriere, dann übe ich ein Grundrecht aus, dann lasse ich mich nicht anfassen, von niemandem."

4. Juni, 16 Uhr - 10.000 auf Demonstration
Die mittlerweile 10.000 TeilnehmerInnen der Demonstration für "globale Bewegungsfreiheit" hat sich langsam in Bewegung gesetzt. Die Polizei ist mit starken Kräften vertreten, und fordert von TeilnehmerInnen, Ihre Vermummungen abzulegen. Laut Spiegel-Online kam es dabei zu Streitigkeiten zwischen einheimischen und auswärtigen Polizeieinheiten, auswärtige Kräfte sollen sich dem Willen der Einsatzleitung widersetzt haben (!), die Demonstration losgehen zu lassen.

4. Juni, 15 Uhr - 4.000 für "globale Bewegungsfreiheit"
Schon im Vorfeld der Demonstrationen führt die Polizei heute massive Kontrollen durch. Nach Versammlungen vor der Ausländerbehörde und dem sogenannten "Sonnenblumenhaus" mit jeweils rund 2.000 TeilnehmerInnen sowie kurzzeitigen Auseinandersetzungen zwischen ca. 400 Teilnehmern und der Polizei steht jetzt die "Demonstration für globale Bewegungsfreiheit" an. Bis 15 Uhr haben sich dazu mehr als 4.000 TeilnehmerInnen versammelt, zahlreiche G8-Gegner stecken allerdings noch in Polizeisperren und Kontrollstellen fest, darunter auch internationale Rednerinnen und Redner. Spiegel-Online berichtet von Polizeieinschätzungen, nach denen sich unter den TeilnehmerInnen rund 2.500 Autonome befinden. Die Polizei habe Wasserwerfer angefordert.

4. Juni, 14 Uhr - Autonomenverbote?
Berlins Innensenator Ehrhart Körting hat sich für das Verbot von Autonomen ausgesprochen. Konkret möchte Körting das bereits bestehenden Uniformverbot auf "einheitliche schwarze Kleidung" ausdehnen. Einen dämlicheren Vorschlag hat es in der bisherigen Debatte noch nicht gegeben. Körting verriet nicht, ob er bei etwaigen Farbwechseln der Autonomen weitere einheitliche Farbgebungen auf den Index setzen möchte ....

4. Juni, 12 Uhr - Leserbrief von Maren Plaschnick
Die Norderstedter Stadtvertreterin Maren Plaschnick (GALiN) äußerte sich bereits mit Schreiben vom 31. Mai in einem (später abgedruckten) Leserbrief an das Hamburger Abendblatt in deutlicher Form zu Repressalien der Polizei und Äußerungen des Polizeigewerkschafters Konrad Freiberg. Wir dokumentieren den Leserbrief im Folgenden: "Sehr geehrte Damen und Herren, (...) da wird für viele Millionen Euro Steuermittel ein Treffen von Staatslenkern "eventmäßig" zum Megahype aufgebrezelt, einzig um deren Ego zu streicheln und Macht zu demonstrieren. Denn zumindest bei den G 7 - Putins Demokratieverständnis ist auch mit Lupe nicht zu erkennen - könnte der Spaß ja mit der nächsten Wahl vorbei sein.
Dagegen ist Konrad Freibergs (GdP) Lamento energisch zu widersprechen! Nicht die Politik, sondern die Polizeien des Bundes und der Länder entscheiden über Strategie und Taktik der Maßnahmen und damit über Art und Umfang demokratiefeindlicher Repression! Wer dabei amerikanische Hysterie statt deutsche Vernunft walten lässt,
muss sich nicht über massive Vertrauensverluste in der Bevölkerung beklagen. Schließlich ist es der Polizei zur WM 2006 ja auch gelungen, Schäuble die Panzer an den Stadien auszureden?!
Mein Sicherheitsgefühl jedenfalls wird seit Monaten so nachhaltig durch staatliche Institutionen beeinträchtigt, wie es Menschen, die für mehr Gerechtigkeit in der Welt demonstrieren, niemals könnten! Vielmehr ist zu befürchten, dass jeder Protest sehnlichst erhofft wird, weil die mediale Aufmerksamkeit für ein ergebnisloses
Palaver selbsternannter Wichtigtuer sich schnell verflüchtigt.
Mit freundlichem Gruß, Maren Plaschnick.
"

4. Juni, 12 Uhr - Weitere Reaktionen auf Krawalle
Das Rostocker Amtsgericht hat neun Haftbefehle gegen fesgenommene G8-Gegner vom Samstag erlassen. Die Betroffenen erwartet jetzt ein umstrittenes "beschleunigtes Verfahren", das den Angeklagten weit weniger Rechte einräumt. In einem weiteren Fall lehnte das Amtsgericht den Haftantrag ab, weil das zu erwartende Urteil ein Jahr Gefängnis (!) übersteigt. In diesen Fällen kann kein beschleunigtes Verfahren eingesetzt werden. Derweil ist Konrad Freiberg (Gewerkschaft der Polizei) nicht zu bremsen: Man könne froh sein, dass kein Polizist getötet worden sei, die Polizeikräfte müssten künftig "entschiedener" gegen Gipfelgegner vorgehen. Freiberg, der vor Jahren in Hamburg für die Einführung der sogenannten Brechmittel-Folter gegen Kleinstdealer mitverantwortlich war, rechnet für die weiteren Protesttage "mit dem Schlimmsten".

4. Juni, 11 Uhr - Genmais-Feld zerstört
Trotz hoher Polizeidichte ist es G8-Gegnern gestern offenbar gelungen, ein Genmais-Feld bei Strasburg (Mecklenburg-Vorpommern) unbrauchbar zu machen. Auf etwa 1.000 m2 wurde auf dem Feld Bt-Mais von Monsanto der Sorte Mon 810, der in mehreren europaeischen Laendern bereits wegen seiner oekologischen Auswirkungen verboten ist.

4. Juni, 10 Uhr - Proteste gegen Flüchtlingspolitik
Vor der Ausländerbehörde in Rostock demonstrieren zur Stunde etwa 2000 Menschen gegen die Ausländerpolitik der G8-Staaten. Auf Plakaten wird insbesondere die inhumane Abschiebepolitik der Staaten kritisiert. Unter dem Motto "Abschiebeterror stoppen" haben dabei DemonstrantInnen auch mit einer Sitzblockade vor der Ausländerbehörde begonnen. Die mittlerweile berüchtigten Sondereinheiten der bayrischen Polizei sind in Stellung gegangen und sollen das Gebäude gegen eine Stürmung sichern. Zuvor wurden bereits anreisende DemonstrantInnen am Rostocker Bahnhof von einer Hundertschaft Polizisten durchsucht.

4. Juni, 9 Uhr - Gummigeschosse für die Polizei
Nach den Auseinandersetzungen am Samstag, kennen die Forderungen nach einer Aufrüstung des Staates offenbar keine Grenzen mehr. So fordert der Chef der GdP Nordrhein-Westfalen den Einsatz von Gummigeschossen, um seine Beamten vor "Steinigungen" zu schützen, der CDU-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Volker Kauder, fordert, mehr Wasserwerfer einzusetzen.
Dabei gibt es auch erhebliche Kritik am Polizeieinsatz vom vergangenen Sonntag. So spricht die Internet-Ausgabe des "stern" von einer "hochnotpeinlichen" Situation von der Polizei, die die Situation "nicht mehr im Griff" hatte, und "sinnlos brutal" wurde. Der Tagesspiegel will unterdessen erfahren haben, das der bayrische Einsatzleiter am Samstag noch während der Ausschreitungen abgesetzt, und durch einen berliner Kollegen ersetzt worden ist - "ein fast einmaliger Vorgang", wie es aus Polizeikreisen heisst. Die Berliner Beamten beschwerten sich demnach darüber, "verheizt" worden zu sein.
Derweil zitiert das Online-Magazin telepolis im einem Artikel einen Polizisten mit der Aussage, es gäbe in Deutschland keine "Verfassung", sondern "nur ein Grundgesetz", das Deutschland von den Besatzungsmächten "aufgezwungen" worden sei.

3. Juni, 21 Uhr - Klage gegen Demo-Verbot
Die OrganisatorInnen der Protesten rund um Heiligendamm haben angekündigt, am morgigen Montag einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einzureichen. Damit soll die sog. "Allgemeinverfügung", die die Demonstrationen und Kundgebungen im Umkreis von mehreren Kilometern rund um Heiligendamm verbietet, aufgehoben werden.

3. Juni, 16 Uhr - Proteste gegen G8-Gipfel halten an
Auch am Sonntag gehen die Proteste gegen den G8-Gipfel weiter. Zum "Aktionstag Globale Landwirtschaft" kamen in Rostock ca. 5000 Menschen zusammen, um für eine natürliche Landwirtschaft und gegen gentechnisch verändertes Saatgut zu demonstrieren.

3. Juni, 15 Uhr - Luftangriff auf Heiligendamm
Seit einigen Tagen wird auf der Seite www.heiligendamm-airstrike.eu ein Fallschirmabsprung über dem Tagungsort Heiligendamm angekündigt. Zwei Springer wollen demnach auf dem Strand an der Seebrücke landen, eine Rauchfahne hinter sich her ziehen und ein Transparent mit sich führen. Alles in Allem ist aber davon auszugehen, dass es sich bei der Ankündigung um einen Scherz handelt.

3. Juni, 11 Uhr - Nazis in 13 Städten
In insgesamt 13 Städten fanden gestern Protestaktionen der NPD statt, nachdem das Bundesverfassungsgericht überraschend das Verbot aller geplanten Demonstrationen in Schwerin bestätigt hatte. Entgegen Grund- und Versammlungsgesetz hatte die Stadt Schwerin das Verbot der Märsche damit begründet, dass "nur 1.900 Polizisten" bereitgestellt würden, um die Demonstrationen linker rechter Gruppen voneinander zu trennen. Das Bundesverfassungsgericht befand anschließend, es könne in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht entscheiden. Auch wenn es u.a. um die NPD geht: Diese Entscheidung bedeutet die faktische Außerkraftsetzung des Versammlungsrechts und der Gewaltentrennung: Die Verfassungsrichter fällten offensichtlich ein Gefälligkeitsurteil für die Sicherheitsbehörden. Auch politisch erwies sich diese Entscheidung als Unfug: Statt mit 1.500 Nazis in Schwerin, demonstrierte die NPD an mehr als einem Dutzend Orten gleichzeitig gegen die G8. So marschierten 350 Faschisten in Lünbeburg, 300 in Lauenburg, weitere in Wittenberge, Osterburg/Sachsen-Anhalt, Güstrow bei Rostock, Dortmund, Lübbenau, Oranienburg, Potsdam und rund 100 in Berlin.

3. Juni, 10 Uhr - Reaktionen auf die Unruhen
Die Polizei, verschiedene Innenpolitiker, Pressevertreter und sogar Teile des Demo-Bündnisses sehen die Autonomen als Auslöser der Unruhen. So war es bereits auf dem Weg vom Hauptbahnhof zum Hafen zu ersten Steinwürfen gekommen, u.a. die Scheiben einer Bank wurden eingeschmissen. Kurz vor Erreichen des Hafens dann der Angriff auf ein Polizeifahrzeug: Teilnehmer warfen vor laufenden Kameras mehrere Scheiben des Busses aus nächster Nähe ein, die Beamten im Fahrzeug wurden dabei verletzt. Allerdings wurde auch Kritik an der Polizeiführung laut, die nach den ersten Auseinandersetzung keine der Deeskalations-Versprechungen mehr eingehalten hätte. Protest Koordinator Monty Schädel: "Die Polizei ist anschließend stümperhaft und unprofessionell vorgangen", Schädel selber stellte sich auf dem Kundgebungsplatz Polizeikräften in den Weg, die mit insgesamt 13 Wasserwerfern fast bis vor die Bühne vorrückten. Einhellige Kritik von Seiten der G8-Gegner gab es am Einsatz eines Polizeihubschraubers: Ausgerechnet zu Beginn der Eskalation schwebte der mehr als eine halbe Stunde lang nur rund 50 Meter über der Abschlusskundgebung, behinderte die Kommunikation zwischen Demoleitung und Polizei, provozierte die TeilnehmerInnen.

3. Juni, 10 Uhr - Schwere Unruhen bei G8-Demo
Am Rande der Großdemonstration gegen das G8-Treffen haben sich militante G8-Gegner und die Polizei heftige Straßenschlachten geliefert. Dabei wurden nach Polizeiangaben 433 Beamte und nach Angaben der Demoleitung 520 Protestierende verletzt, insgesamt 50 von ihnen schwer. Teile des Anti-G8-Bündnisses warfen der Polizei vor, die Auseinandersetzungen provoziert zu haben, die Polizei spricht von einer bislang nicht gekannten Gewaltbereitschaft aus dem sogenannten "Schwarzen Block". Auch innerhalb der linksradikalen Szene kommt es zu Kritik am Militanzverhalten, da unter anderem Beamte ohne Helm und Schutzwesten angegriffen-, Feuerwehrfahrzeuge attackiert- und auch Demonstranten von Steinen getroffen wurden. Darüber hinaus versteckten sich militante G8-Gegner immer wieder unter friedliche DemonstrantInnen. Auf der anderen Seite wurden zahlreiche Übergriffe von Polizeikräften beobachtet, ganze Einheiten jagten einzelne G8-Gegner durch die Innenstadt, Wasserwerfer fuhren mit hohem Tempo in völlig unbeteiligte Bereiche der Abschlusskundgebung, spritzten sogar Kameraleute von ihrem Plätzen.

3. Juni, 10 Uhr - 80.000 in Rostock

Bis zu 80.000 Menschen haben nach Angaben der Veranstalter am Samstag in Rostock gegen das Treffen der G8 demonstriert, die Polizei sprach indes von nur 30.000 TeilnehmerInnen. Die G8-GegnerInnen zogen zunächst in zwei Marschsäulen vom Schlutuper Kreuz und vom Hauptbahnhof aus in die Innenstadt, um sich schließlich auf einer großen Freifläche am Rostocker Hafen zu versammeln. Dort fand dann, überschattet von heftigen Unruhen, die insgesamt sechsstündige Abschlusskundgebung statt.

2. Juni, 11:00h - Großdemonstration in Rostock
Ungeachtet der Einschränkung zahlreicher Grundrechte in den letzten Tage werden in Rostock ab 11:00h 100.000 DemonstrantInnen aus ganz Europa zur Demonstration gegen den G8-Gipfel erwartet. "Wir sind bereit", tönt derweil Knut Abramowski, Chef der Sonderheit "Kavala",
der ab morgen den mit 16.000 BeamtInnen größten Polizeieinsatz der Geschichte der Bundesrepublik leiten wird und maßgeblich an den massiven Einschränkungen von Grundrechten beteiligt ist.

In eigener Sache: Da sich auch das Info Archiv an den Protesten beteiligen wird, wird dieser Ticker bis voraussichtlich Sonntag morgen ausgesetzt. Aktuelle Neuigkeiten rund um den G8-Gipfel gibt es weiterhin im Indymedia-Ticker. Eine (Norderstedter) Diskussion über Sinn und Unsinn dieser Veranstaltung findet zur Zeit im Forum Norderstedt statt.

1. Juni, 22 Uhr - Rostock im Ausnahmezustand
Wenige Stunden vor Beginn der internationalen Großdemonstration in Rostock befindet sich die Stadt im Ausnahmezustand. Hubschrauber kreisen über der Stadt, der öffentliche Nahverkehr ist in Teilen eingestellt, zahlreiche Geschäfte in der Rostocker Innenstadt haben vorsorglich ihre Schaufenster verrammelt. Die von der Polizei verfolgte Strategie der Einschüchterung dürfte indes trotzdem nicht aufgehen - morgen werden 100.000 DemonstrantInnen in Rostock aus ganz Europa erwartet.

1. Juni, 21 Uhr - Verwaltungsgericht: Bundespresseamt verstößt gegen Pressefreiheit
Das Bundespresseamt hat vor dem Verwaltungsgericht Berlin eine schwere Niederlage hinnehmen müssen: das Gericht gab einer freien Fotografin recht, die gegen den Entzug ihrer Akkreditierung geklagt hatte. Das Gericht warf dem Bundespresseamt in seinem Urteil vor, mit dem Entzug der Akkreditierung gegen die Pressefreiheit, die Freiheit der Berufsausübung sowie gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen zu haben.

1. Juni, 20 Uhr - Weiterhin 20 JournalistInnen von Berichterstattung ausgeschlossen
Das Bundespresseamt hält weiterhin am Entzug der Akkreditierungen für ca. 20 JournalistInnen, u.a. von "taz", "Junge Welt", "Neues Deutschland" und "Le Monde Diplomatique", fest. Vor diesem Hintergrund mutet die Aussage von Regierungssprecher Wilhelm, die Bundesregierung liege daran, dass "eine kritische Berichterstattung möglich sein muss", geradezu zynisch an.
Was von den offiziellen Aussagen seitens der Regierung zu halten ist, haben die OrganistatorInnen verschiedener Protestaktionen in den letzten Tagen wiederholt erfahren: während Innenminister Schäuble und Bundeskanzlerin Merkel Proteste gegen den Gipfel offiziell "begrüßen", sorgt der Sicherheitsappart dafür, dass diese nicht oder nur fernab des Tagungsraumes stattfinden dürfen.

1. Juni, 13 Uhr - Akkreditierung für "taz"-Journalisten
Der Verfassungsschutz und das Bundespresseamt haben dem taz-Journalisten Felix Lee nun offenbar doch eine Akkreditierung für den Gipfel erteilt, auch wenn diese ihm bislang nicht schriftlich zu gestellt worden sei. Gründe für die Verweigerung der Akkreditierung wurden allerdings nicht genannt. Er könne sich schriftlich an den Datenschutzbeauftragten wenden, heißt es beim Verfassungsschutz lapidar. Derweil gibt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU im Bundestag, Wolfgang Bosbach, gegenüber Spiegel online zu Protokoll, er sei sich sicher, dass es für die Nicht-Akkreditierung "triftige Gründe" gibt, und das "sorfgältig geprüft wurde".

1. Juni, 11 Uhr - Klage gegen Demonstrationsverbot
Nachdem des Oberverwaltungsgericht Greifswald (OVG) die polizeilichen Demo-Verbote um Heiligendamm im Wesentlichen bestätigt hat, hat das "Sternmarsch-Bündnis" eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht angekündigt. Der geplante Sternmarsch ist eine der vom Demonstrationsverbot betroffenen Veranstaltungen. Eine Anwälting des Bündnisses zeigte sich entsetzt, dass das Verbot u.a. damit begründet wird, das die Beziehungen "zu fremden Staaten" durch die Demonstrationen leiden könnten.

1. Juni, 10 Uhr - Schengen-Abkommen außer Kraft gesetzt
Die Einschränkung von Rechten geht weiter: Fünf Tage vor Beginn des Gipfels ist das "Schengen Abkommen" außer Kraft gesetzt worden. Dadurch finden bei den Einreise nach Deutschland wieder Grenzkontrollen statt. Das Innenministerium rechtfertige auch diese Maßnahme mit der "Sicherheit", man wolle "gewaltbereite" DemonstrantInnen bereits an der Grenze abfangen.

1. Juni, 8 Uhr - Artikel 8 GG
Artikel 8 Absatz 1 Grundgesetz im Wortlaut: "Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung und Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln." Nur mal zur Erinnerung.

31. Mai, 20 Uhr - Oberverwaltungsgericht bestätigt Demo-Verbote
Das Oberverwaltungsgericht Greifswald hat die polizeilichen Demo-Verbote um Heiligendamm im Wesentlichen bestätigt. Die Richter waren der Ansicht, dass auch durch die massiven Verbote das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit nicht verletzt werde. Damit hob das OVG eine gegenteilige Entscheidung des Verwaltungsgerichts Schwerin auf. Großteile der für einen Sternmarsch am 7. Juni geplanten Route dürfen nun von DemonstrantInnen nicht betreten werden. Aus juristischen Kreisen sickerte indes durch, dass die Polizeieinsatzleitung Kavala aufgrund eines Formfehlers überhaupt nicht legetimiert ist, Verbote zu verfügen. Über solcherlei Belanglosigkeiten hat das OVG aber offenbar großzügig hinweg gesehen. Wie man sich doch irren kann: Nach Lektüre von Artikel 8 Grundgesetz könnte man doch glatt auf den Gedanken kommen, dass hier Grundrechte zur Farce verkommen.

31. Mai, 19 Uhr - Brennende Autos
Eine eigentümliche Art von Humor bieten die "Konstrukteure" der Internet-Präsenz www.brennende-autos.de derzeit im Netz. Auf einer "google-maps" nachempfundenen Karte werden hier alle zur Zeit 56 Brandanschläge auf Autos in Berlin geografisch verortet ... angeblich, damit man weiß, in welchen Stadtteilen das eigene Fahrzeug besser nicht geparkt werden sollte. Fast alle Anschläge werden mit dem G8-Treffen in Verbindung gebracht.

31. Mai, 17 Uhr - Es lebe die Meinungsfreiheit
Rund 20 Pressevertretern wurde jetzt vom Bundespresseamt die Akkreditierung zum G8-Gipfel entzogen. Da fast alle der Betroffenen zuvor kritisch über die Durchsuchungen und sonstige Repressalien gegen G8-Gegner berichtet hatten, liegt der Verdacht der Zensur nahe. Das Bundespresseamt erklärt laut Spiegel-Online die Rücknahme der bereits erteilten Akkreditierungen mit "Empfehlungen des Bundeskriminalamtes", das laut Deutscher Journalisten Union (DJU) jedoch an das Landeskriminalamt Hamburg verweist. Die Hansestadt gerät durch ihre grundrechtsferne Innenpolitik immer mehr ins Zentrum der öffentlichen Kritik.

31. Mai, 16 Uhr - Schwerin-Demos wieder erlaubt
Wieder mal nix mit Demoverboten. Das Verwaltungsgericht Schwerin hat die Verbotsverfügung für die Antifademo aufgehoben. Das heißt die antifaschistische Demonstration findet wie angekündigt ab 10 Uhr am Nordufer des Pfaffenteiches statt. Die NPD Demo wurde nach Schwerin-Süd verlegt. Außerdem hat die NPD unter dem Motto "Für Demonstrationsfreiheit!" in Ludwigslust ab 13 Uhr eine weitere Demo angemeldet. Es wird aber davon ausgegangen, dass es im Wesentlichen bei Schwerin bleibt.

31. Mai, 11 Uhr - Farbanschlag auf Deutsche Bank
In der vergangenen Nacht warfen Unbekannte mehrere mit roter Farbe gefüllte Glühbirnen an die Fassade der Deutschen Bank in Hamburg-Altona. Ob ein Zusammenhang mit den G8-Protesten besteht, ist noch nicht geklärt.

31. Mai, 10 Uhr - Der Polizeigewerkschafter und wie er die Welt sieht
Das ist doch mal wieder ein waschechter "Konrad Freiberg". Schon vor einigen Tagen befand der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, die Einsätze in Hamburg und Heiligendamm würden "erfolgreich und angemessen" verlaufen. Heute toppte der DGB-Rechtsaußen seine Äußerungen noch einmal: 16.000 Beamte in Heiligendamm und 3.000 am Pfingstmontag in Hamburg wären absolut "verhältnismäßig", schließlich sei ja auch die "Gewaltbereitschaft gestiegen". Richtig Konrad Freiberg. Wenn man die "Blütezeit" der Autonomen Bewegung, die Hamburger Hafenstraße, Wackersdorf, Brokdorf, Gorleben, Startbahn West, einige Hundert Hausbesetzungen und sonstige militante Aktionsformen sowie die RAF und die "Bewegung 2. Juni" mal beiseite lässt ... dann ist die Gewaltbereitschaft allerdings deutlich gestiegen. Übrigens: Die Hafenstraßen-Demonstration 1987 mit 13.000 TeilnehmerInnen (darunter 4.000 behelmte Autonome) wurde damals von 1.000 Polizisten begleitet, was als "Großaufgebot" galt. Die Welt ist auch damals irgendwie nicht untergegangen.

31. Mai, 10 Uhr - Festnahme wegen einer Projektion
Die Hamburger Polizei hat wieder einen bedeutenden Fang gemacht: Weil er - als Kunstprojekt - G8-kritische Bilder u.a. an den Hamburger Fernsehturm projizierte, wurde ein Aktivist am frühen Morgen vorläufig festgenommen und rund drei Stunden festgehalten. Zwischenzeitlich wurde ihm sogar mitgeteilt, seine gesamte Ausrüstung würde beschlagnahmt - alles rechtswidrig. Nett nur, dass der Betroffene die Aktion zufällig aufgenommen hat. So soll sich auf dem Band u.a. folgender Wortwechsel befinden:
Polizei: "Aus welchem Grund machen Sie das denn?"
Betroffener: "Aus Protest gegen G8."
Polizei: "Sehen Sie, und genau deswegen nehme ich Sie jetzt fest!"

31. Mai, 9 Uhr - Busse voll
Wie heute morgen bekannt wurde, sind mittlerweile alle 10 Busse des Hamburger DGB, die zur Auftaktdemonstration nach Rostock fahren, restlos ausverkauft. Daneben fahren aus Hamburg alleine 8 Busse der Gruppe AVANTI (davon 7 ebenfalls voll), ein Bus der Grünen, sowie Busse verschiedener linker Gruppen (u.a. ATTAC und Wasserturm-Initiative).

30. Mai, 23 Uhr - Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel
Die 100 Millionen Euro, die der G8 Gipfel in Heiligendamm kosten wird, sind noch nicht bezahlt, da fabulieren deutsche Politiker bereits von einem Gipfel 2015 - ebenfalls in Deutschland. Auf Grund der immensen Proteste schlägt der ehemalige Bundesfinanzminister Waigel jedoch vor, einfach auf eine Insel auszuweichen - etwa Helgoland oder Hiddensee. Die Proteste gegen den kommenden Gipfel könne er gleichwohl nicht nachvollziehen: "Niemand kann sich auf Dauer diese Gegenstimmung leisten, die ja irrational begründet ist und im Gipfel selbst eigentlich den Grund nicht finden kann", wird Waigel von N-24 zitiert. Eine Alternative zur Globalisierung gäbe es nicht. Während Helgolands Gemeindeamtschef abwinkt ("Wenn man Helgoland wochenlang dicht macht, sind wir wirtschaftlich Pleite."), zeigt sich der Bürgermeister von Hiddensee aufgeschlossen: "Wenn die Staatschefs in Ruhe tagen wollen, bietet sich Hiddensee förmlich an."

30. Mai, 22 Uhr - Bahnpersonal als Polizeihelfer
Die Deutsche Bahn hat ihre ZugbleiterInnen angewiesen, größere Reisegruppen der Polizei zu melden. In einem internen Papier, aus dem die Süddeutsche Zeitung zitiert, heißt es: "Da die globalisierungskritische Szene nicht unbedingt als solche zu identifizieren ist", sei "anlassbezogen eine Vormeldung von größeren Reisegruppen in Richtung Mecklenburg-Vorpommern (z.B. Rostock) an interne Stellen vorzunehmen". Weiter heisst es "Möglichem Gefahrenpotenzial" sei durch "polizeiliche bzw. betriebliche Maßnahmen frühzeitig und konsequent entgegenzuwirken". Ein Sprecher der Bahn bezeichnete dieses Vorgehen als "geübte Praxis". Na dann: Gute Reise.

30. Mai, 21 Uhr - Kundgebung im Schanzenviertel
Mehr als 500 DemonstrantInnen haben sich jetzt am Bahnhof Sternschanze versammelt, nach Ebermann & Trampert spielen jetzt wieder Bands. Derweil hat Radio FSK gerade gemeldet, dass sogenannte "Greiftrupps", also offiziell "Beweissicherungs- & Festnahmeeinheiten" im Schanzenviertel unterwegs sind und ohne Rechtsgrund Festnahmen durchführen. Schon den ganzen Tag über waren ganze Polizei-Trupps provokativ durch den Stadtteil marschiert.

30. Mai, 20 Uhr - Demo in Potsdam
An einer Demonstration gegen das G8-Außenministertreffen in Potsdam beteiligten sich am Nachmittag rund 1.000 Menschen. Bis auf vereinzelte Übergriffe durch Polizeikräfte blieb die Demonstration friedlich. In Rostock hat die Polizei offenbar eine genehmigte Kundgebung vor einer Schule rechtswidrig beendet und die Personalien aller TeilnehmerInnen aufgenommen.

30. Mai, 19 Uhr - Kettcar-Konzert
Zur Stunde rund 450 Menschen beim Kettcar-Konzert an den Landungsbrücken ... für die nächsten Minuten ist eine Spontandemonstration ins Schanzenviertel angemeldet worden und offenbar auch genehmigt.

30. Mai, 18 Uhr - Alle Demos in Schwerin verboten
Soeben hat die Stadt Schwerin alle Demonstrationen am 2. Juni verboten, man habe nicht genug Polizisten zugesagt bekommen, um eine NPD-Demonstration (bis zu 2.000 Teilnehmer) von insgesamt drei Gegendemonstrationen (5.000 - 40.000 TeilnehmerInnen) voneinander zu trennen. Die Verbote werden mit großer Wahrscheinlichkeit jedoch sowohl von der NPD, als auch von antifaschistischen Gruppen angefochten. Mehr dazu beim NDR.

30. Mai, 17 Uhr - Wanderkundgebung Hamburg
Rund 400 Menschen beteiligen sich zur Zeit an einer Wanderkundgebung am Hamburger Jungfernstieg sowie am "Radiobalett" des Radiosenders FSK. Gegen 17.30 Uhr wird eine Kundgebung an den Landungsbrücken erwartet, später am Abend am Bahnhof Sternschanze. Zur Zeit überwachen 100 Ordnungskräfte die Aktion.

30. Mai, 14 Uhr - Klage gegen Polizeieinsatz
Die VeranstalterInnen der Anti-ASEM-Demo haben angekündigt, gegen das Vorgehen der Polizei Feststellungsklage einzureichen. Anmelder Andreas Blechschmidt äußerte u.a. gegenüber dem NDR die Erwartung, dass die Versammlungsbehörden vom Verwaltungsgericht wieder zum rechtlich festgeschriebenen Weg zurückgedrängt werden und statt pauschal behaupteter "Gefahrenpotentiale" künftig individuell prüfen und etwaige Gefahren nachweisen. Insbesondere sogenannte "Wanderkessel" der Polizei würden künftige Demonstrationen zu einer Farce machen und Aggressionen schüren.

30. Mai, 12 Uhr - Robin Wood blockiert Straßen
Heute Mittag haben AktivistInnen der Umweltschutzorganisation Robin Wood zwei größere Zufahrtsstraßen nach Rostock blockiert. Sie spannten Transparante mit dem Slogan "Gemein vergnügen statt allgemein verfügen" über die Straßen und protestierten auf diese Weise gegen die Grundrechtseinschränkungen der Versammlungsbehörden.

30. Mai, 10 Uhr - Führerscheinentzug für "Randalierer"?
Die nächste Etappe zum Polizeistaat? Mehrere Unions-PolitikerInnen sprachen sich nach den Hamburger Vorkommnissen dafür aus, sogenannten "Randalierern" den Führerschein zu entziehen. Laut Spiegel-Online fordern u.a. CSU-Rechtsexperte Norbert Geis, seine Parteikollegin und CSU-Verkehrsexpertin Renate Blank, aber auch SPD-Rechtsexperte Peter Danckert ein Fahrverbot für Demo-Gewalttäter. Nicht überliefert ist, ob auch gewalttätige Polizisten oder grundrechtsfremde Politiker in den Bereich dieser Maßnahme kommen sollen.

30. Mai, 9 Uhr - "Abschlusserklärung" fast fertig
Ein bezeichnendes Licht wirft die "Abschlusserklärung" des G8-Treffens auf den Charakter dieser Veranstaltung. Die wird nämlich nicht nach dem Treffen, sondern bereits vorher geschrieben und abgestimmt, die Zusammenkunft selbst ist dann ein besserer Kaffeeklatsch. So gibt es derzeit heftigen Streit über die Formulierung der so hochgejubelten "Klima-Frage": Nach verschiedenen Berichten wollen die USA erreichen, einen Ausstieg aus dem Kyoto-Protokoll festzuschreiben, das Gegenteil von Klimaschutz also. Wohlgemerkt: Die Bundeskanzlerin betont stets die Wichtigkeit des Treffens für den Klimaschutz.

30. Mai, 8 Uhr - 120 Beamte aus Segeberg/Pinneberg
Insgesamt 120 Polizisten aus den Kreisen Segeberg und Pinneberg sind gestern nach Heiligendamm aufgebrochen. Laut Norderstedter Zeitung sind die Beamten in einem Konvoi aus 25 Polizeifahrzeugen nach Mecklenburg-Vorpommern gefahren. Bezeichnend: Alle 120 haben sich laut einem Polizeisprecher freiwillig zum Einsatz gemeldet, viele weitere hätten "nicht berücksichtigt werden können". Na dann ...

30. Mai, 7 Uhr - Der Zaun ist dicht
Der NDR vermeldet, dass Sicherheitskräfte den umstrittenen und 12 Millionen Euro teuren G8-Zaun heute morgen bis auf zwei Kontrollstellen geschlossen haben. Auch die 291 EinwohnerInnen Heiligendamms können das Gebiet jetzt nur noch nach zahllosen Kontrollen betreten.

29. Mai, 23 Uhr - Natodraht auf Demonstrationsroute
Das ZDF-Magazin "Frontal21" zeigt Soldaten der Bundeswehr, die auf der Route einer angemeldeten Demonstration in Heiligendamm Natodraht verlegen - "ungeachtet einer ersten Gerichtsentscheidung, wonach hier demonstriert werden darf", so der Kommentator des Beitrags.

29. Mai, 22 Uhr - Wanderkundgebung "beat capitalism" morgen
Für morgen, 30. Mai, 15 Uhr rufen verschiedene Gruppen in Hamburg zu einem Wanderumzug unter dem Motto "beat capitalism" auf dem Hamburger Jungfernstieg auf. Dabei werden die TeilnehmerInnen u.a. von Radio FSK zu bestimmten Bewegungen und Handlungen inspiriert, TeilnehmerInnen sollten also ein Radio bei sich haben. An der Aktion beteiligen sich u.a. auch Kettcar, Sport, Knarf Rellöm, Holger Burner, My Favourite Mixtape und die Kabarettisten Thomas Ebermann und Rainer Trampert.

29. Mai, 21 Uhr - Jetzt Demo in Hamburg
Bei strömendem Regen demonstrieren in Hamburg derzeit rund 300 Menschen gegen den Polizeieinsatz vom Montag. Der Zug wird - wieder einmal unverhältnismäßig - von geschätzt 500 Polizisten "begleitet". Derweil hat der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg das Polizeikonzept als "geglückt" bezeichnet. Neben der politischen Dimension seiner Erklärung und der latenten Übereinstimmung mit der Arbeitgeberseite der Beamten, segnet "Gewerkschafter" Freiberg damit offenbar auch Tausende Überstunden ab, die seine Mitglieder dieser Tage relativ sinnfrei anhäufen - und wohl nur in wenigen Fällen abbummeln können. Freiberg war schon vor einigen Jahren unangenehm aufgefallen, als er maßgeblich dazu beitrug, dass in Hamburg die Brechmittel-Vergabe bei mutmaßlichen Dealern zur Anwendung kam. Dabei verlor bislang ein Verdächtiger sein Leben, viele wurden verletzt.

29. Mai, 19 Uhr - Gericht hebt weitere Demo-Verbote auf
Nachdem das zuständige Gericht vor wenigen Tagen schon die rigiden Demonstrationsverbote am Rande des G8-Zaunes um Heiligendamm weitgehend aufgehoben, bzw. gelockert hatte, hob das Verwaltungsgericht Schwerin heute auch das Demo-Verbot für den Bereich des Flughafens Rostock-Laage auf. Damit sind insgesamt vier Kundgebungen erlaubt, die in direkter Nähe zu genau dem Flugplatz stattfinden, auf dem die Staatschefs am 6. Juni landen werden. Beide Entscheidungen werden jedoch noch vom Oberverwaltungsgericht geprüft, da jeweils beide Parteien in die Revision gegangen sind. Für die Auftaktdemonstration am 2. Juni erwarten die Organisatoren jetzt offiziell 100.000 TeilnehmerInnen.

29. Mai, 18 Uhr
Im Anschluss an die gestrigen Krawalle im Schanzenviertel hat der Zug 21 der Hamburger Bereitschaftspolizei offenbar als eine Art "Racheaktion" eine Reihe ruppiger und teils unbegründeter Festnahmen durchgeführt - kurz nachdem der Zug bei Auseinandersetzungen selber in Bedrängnis geraten war. So wird berichtet, dass rund 20 Beamte der Einheit vergeblich versucht hatten, das Gelände des Wohnprojektes "Schanzenburg" zu stürmen, in das sich einige Dutzend DemonstrantInnen geflüchtet hatten. Nach Gegenwehr mit Farbbeuteln und Tränengas mussten die Beamten zunächst fluchtartig das Gelände verlassen, trafen dann beim zweiten Versuch keine der Protestierenden mehr an. Im direkten Anschluss an diesen Vorfall fiel der Zug bei mehreren Festnahmen durch übertriebene Härte auf, am Boden liegende Personen sollen mit Faust- und Knüppelschlägen misshandelt worden sein, was auf Fotos dokumentiert wurde. Das Abendblatt berichtet mittlerweile auch über den Vorfall, allerdings ohne die Jagdszenen im Anschluss. (Foto: Indymedia)

29. Mai, 16 Uhr - Stimmen zu Hamburg und Übergriffe
Während die Vorsitzende der Grünen, Claudia Roth, den Polizeieinsatz in Hamburg für "absurd" hält, und die Polizei auffordert das "Deeskalationsprinzip" anzuwenden, werden in Hamburg auch heute noch Menschen von der Polizei verfolgt. So berichtet Indymedia, dass vor dem Infoladen "Schwarzmarkt" im Schanzenviertel eine Person wegen der Beteiligung an einer "Reclaim the streets"-Aktion am Sonntag von ZivilpolistInnen abgeführt worden ist.

29. Mai, 14 Uhr - Überwachungswahn um Heiligendamm
Nach Berichten der VeranstalterInnen werden bereits jetzt jedes Fahrzeug und jede Person (ohne Rechtsgrundlage) gefilmt, die in die Umgebung des G8-Zaunes geraten. Auf der anderen Seite reagieren die Sicherheitskräfte beinahe allergisch, wenn sie (rechtmäßig) fotografiert werden. Bereits mehrere Fotografen wurden gezwungen, die angefertigten Bilder zu vernichten und sich einer erkennungsdienstlichen Behandlung zu unterziehen. Auch die eingesetzten Bundeswehr-Soldaten reagieren offenbar empfindlich auf Fotos.

29. Mai, 9 Uhr - Presse zu den Vorfällen in Hamburg
Wie zu erwarten war, berichtet die Presse hauptsächlich über die Krawalle im Anschluss an die Demonstration. Ausnahmen: Die taz und die MoPo in einem Kurzbericht sowie einem Kommentar. Umfangreich berichtet der NDR, hier gibt es einen Bericht, hier Bilder von den Ereignissen.

28. Mai, 19 Uhr - Krawalle in Hamburg
Im Anschluss der Demonstration kommt es zu einzelnen Scharmützeln zwischen TeilnehmerInnen und der Polizei. Nachdem die Polizei Wasserwerfer einsetzte, bewegen sich rund 800 DemonstrantInnen in Richtung Schanzenviertel. Dort kommt es zu weiteren Auseinandersetzungen, nachdem die Einsatzkräfte deutlich gemacht hatten, dass sie keinerlei Spontandemonstration zulassen würden. Zeitweise kesselte die Polizei 200 Menschen vor der Roten Flora ein. Zur gleichen Zeit befindet sich die Innenstadt rund um das Rathaus im polizeilichen Belagerungszustand, Hunderte Beamte kontrollieren auf Sicht, ob sich einzelne ProtestlerInnen unter die Passanten mischen.

28. Mai, 18 Uhr - Demonstration gegen ASEM-Gipfel in Hamburg
Rund 6.000 Menschen beteiligten sich heute an der Demonstration gegen die G8 und die ASEM-Konferenz in Hamburg. Das Treffen der Außenminister der 27 EU-Staaten mit ihren Kollegen aus 16 asiatischen Staaten in Hamburg sollte am Abend unter dem Vorsitz von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier beginnen. Die gesamte Strecke über begleitete die Polizei den vorderen Teil des Aufzuges (rechtswidrig) mit einem bis zu 5 Polizei-Reihen starken "Wanderkessel", so dass die Öffentlichkeit phasenweise wenig von den Inhalten der Veranstaltung mitbekommt. Die Demo-Spitze wurde von den Einsatzkräften mehrfach grundlos gestoppt und schikaniert, sämtliche TeilnehmerInnen von allen Seiten des Zuges gefilmt (ebenfalls rechtswidrig), am Rödingsmarkt versperrten Hunderte Beamte, sieben Wasserwerfer und sogar Panzerwagen den Weg in die Innenstadt. Organisator Andreas Blechschmidt kommentierte diese Zustände gegenüber der Frankfurter Rundschau: "Dieser Wanderkessel ist versammlungsrechtlich ein Skandal. Man ist nur gewillt, Stärke zu zeigen". Zumindest einmal zeigten auch die DemonstrantInnen "Stärke": Ein grundlos von Polizeikräften festgehaltener, kurdischer Teilnehmer wurde wieder freigelassen, nachdem Hunderte Protestierende die Polizeikräfte eingekreist hatten.

28. Mai, 9 Uhr - Im Vorfeld der Hamburger Demo
Am Sonntagabend hat das Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde der Hamburger Demonstrationsanmelder abgelehnt. Die schweren Eingriffe der polizeilichen Versammlungsbehörde in die Route der Demonstration gegen die ASEM-Konferenz in Hamburg sowie die beschränkenden Auflagen wurden somit im Wesentlichen bestätigt. Darüber hinaus hat die Hamburger Polizei bereits angekündigt, die gesamte Demo (rechtswidrig) in einem sogenannten "Wanderkessel" zu begleiten, d.h. rundum von Polizeikräften eingekreist. Schon eine StudentInnen-Demo vom Samstag war von einem gigantischen Polizeiaufgebot und zehn Wasserwerfern eingeschüchtert worden - die Teilnehmerzahl verringerte sich durch diese Schikanen von anfangs rund 600 auf schließlich 200. Es bleibt also dabei: Veranstaltungen, die in Zusammenhang mit dem G8-Treffen stehen, sind quasi demokratie- und grundrechtsfreie Zonen, die Versammlungsfreiheit wird mit Füßen getreten.

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