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Donnerstag, 16. Januar 2014, 11:45 Uhr

Hartwieg in Bedrängnis

Mobbing-Vorwürfe und 11 Konkurrenten

Infoarchiv Norderstedt | Schwere Vorwürfe gegen Segebergs Landrätin Jutta Hartwieg (SPD). Gleich mehrere MitarbeiterInnen sollen sich über die schlechte Behandlung durch ihre Vorgesetzte beschwert haben, sogar das Wort "Mobbing" steht im Raum. Für Hartwieg ein denkbar schlechter Zeitpunkt für Kritik: Im April wird in Segeberg der Landratsposten neu besetzt.

Portrait Jutta Hartwieg

Landrätin Jutta Hartwieg (Foto: Kreis Segeberg)

Daher sind die aktuellen Vorwürfe, vor allem Art und Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung, auch mit Vorsicht zu genießen, denn neben Hartwieg und zehn weiteren BewerberInnen hat auch Segebergs CDU-Fraktionschef Claus Peter Dieck seinen Hut in den Ring geworfen, will die Landrätin im Amt beerben. Offiziell bekannt gemacht wurden die Vorwürfe bislang nur in nichtöffentlicher Sitzung und auch nur dem Hauptausschuss des Kreises. Dennoch gelangten sie Anfang Januar an die Öffentlichkeit. Dieck selbst will dafür nicht verantwortlich sein: "Ich weiß nichts über das Verfahren" sagte er der Segeberger Zeitung (SZ), "und ich hatte bewusst nicht an der Hauptausschusssitzung teilgenommen". Wie verschiedene Medien berichten, haben sich 2013 mehrere MitarbeiterInnen über den Führungsstil der Landrätin beschwert, werfen Jutta Hartwieg schlechten Umgangston und teilweise auch "Mobbing" vor. Bereits am 17. Dezember legte der Hauptausschuss einen der Fälle in Kiel vor, am 29. Dezember sollen weitere Mobbing-Vorwürfe Richtung Innenministerium weitergeleitet worden sein.

Die elf Landrats-KandidatInnen:

  • Jutta Hartwieg (52, Amtsinhaberin) Informatikerin, Unternehmensberaterin
  • Claus-Peter Dieck, (47, CDU-Fraktionschef), Unternehmer
  • Michael Knapp (48), Leiter des Jobcenters Segeberg
  • Ein Jurist (46), ursprünglich Elmshorn, z.Zt. Verbandsgeschäftsführer in SH
  • Ein prom. Geologe (45) aus Halle, Projektleiter eines Energieunternehmens
  • Ein Mitarbeiter e. Fernuni (30), Leiter eines Studienzentrums der Hochschule
  • Ein Pädagoge (41) a.d. Kreis Steinburg, verschiedene Verwaltungstätigkeiten
  • Ein Politikwissenschaftler (32) aus Hamburg m. Handwerksausbildung
  • Ein Polizeibeamter (48) a.d. Kreis Rendsburg-Eckernförde, tätig in Kiel
  • Ein Rettungssanitäter (40) aus Chemnitz, tätig in der Schweiz
  • Ein Bewerber ohne weitere Bewerbungsunterlagen

(aus einer Pressemitteilung des Kreises Segeberg vom 7. Januar 2014)

Doch während das "Stadtmagazin" des Regenta-Verlages am 7. Januar meldete, gegen die Landrätin sei inzwischen gar ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden, hat das Innenministerium genau das nun abgelehnt. "Aufgrund der vorgelegten Unterlagen", so Ministeriums-Sprecher Thomas Giebeler, könne man "keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte erkennen, dass die Landrätin ein Dienstvergehen begangen haben könnte". Ohnehin ist durchaus umstritten, wie umfangreich die Beschwerden wirklich sind: Während in einigen Artikeln nebulös von "mehreren" oder "weiteren" Fällen die Rede ist, sollen es anderen Quellen zufolge gerade einmal zwei Personen sein, die Vorwürfe gegen Hartwieg erheben. Das Kreishaus selbst will "aus Gründen der Verschwiegenheitspflicht" keine näheren Angaben machen und schweigt zu den Vorfällen.

Seit Amtsantritt der Landrätin im September 2008 hatte es immer wieder Unstimmigkeiten zwischen Hartwieg und langjährigen Kreispolitikern der CDU gegeben. Offenbar konnten sich einige Christdemokraten nicht damit abfinden, dass die Kreisverwaltung im einst tiefschwarzen Segeberg von einer Sozialdemokratin und vor allem: einer Frau geführt wird. Aber auch Hartwieg selbst sorgte für Negativschlagzeilen - etwa im Fall eines im Juni 2012 verwahrlost aufgefundenen Jungen. Im Zusammenhang mit angeblichen Versäumnissen des Jugendamtes hatte sie allzulang Informationen zurückgehalten, dabei die Grenze zwischen der Fürsorgepflicht für ihre Untergebenen und der nötigen Transparenz in solch einem Fall möglicherweise falsch gezogen. Aber auch fehlendes Zeitmanagement und unnötiger Ressourcenverbrauch stehen auf der Liste ihrer Kritiker. Zu allem Überfluss wurde dieser Tage auch noch bekannt, dass die Kieler Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen einen ehemaligen Abteilungsleiter im Kreishaus aufgenommen habe. Der Tatvorwurf hier: Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz durch Begrapschen, Nachstellen und dem unaufgeforderten Verschenken erotischer Kleidung.

So oder so: Die negative Presse schadet dieser Tage nur der Amtsinhaberin, dürfte ihre Chancen auf eine Wiederwahl zumindest nicht gerade verbessern. Ihr gegenüber stehen bei der für den 3. April vorgesehenen Abstimmung im Kreistag neben Claus Peter Dieck auch der Leiter des Segeberger Jobcenters, Michael Knapp, und zehn weitere Bewerber mit allerdings deutlich verminderten Chancen (siehe Kasten).