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Donnerstag, 16. August 2012, 14:01 Uhr

Kritik verboten

Von Bressensdorf vs. Ulzburger Nachrichten

Screenshot der Seite www.ulzburger-nachrichten.de

"Kommunalpolitiker empört": Die Ulzburger Nachrichten berichten in eigener Sache (Screenshot: Infoarchiv)

Olaf Harning | Das ist ein starkes Stück: Weil die Ulzburger Nachrichten (UN) nicht über die Presserundfahrt der Gemeinde, dafür aber mehrfach über deren umstrittene Vergabepraxis berichtet hatten, schloss Interim-Bürgermeisterin Elisabeth von Bressensdorf (CDU) das ehrenamtlich geführte Online-Portal kurzerhand von einer Pressekonferenz der Kommune aus.

Die Ulzburger Vergabeliste ...

Die Vergabeliste der Gemeinde: Auftragshäufungen in mehreren Bereichen (Foto: Infoarchiv)

Wie das Infoarchiv berichtete, hatten die UN mehrfach über Auftragshäufungen berichtet, die anlässlich einer Anfrage der Wählergemeinschaft Henstedt-Ulzburg (WHU) Anfang Juni ans Tageslicht gekommen waren. Dabei beriefen sich die UN-Journalisten Jörg Schlömann und Christian Meeder einerseits auf eigene Recherchen, vor allem aber auf eine Vergabeliste für Ingenieurs- und Architektenleistungen, auf der alle entsprechenden Aufträge der Gemeinde aus den vergangenen fünf Jahren aufgeführt sind und die tatsächlich auffällige Häufungen beinhaltet - Häufungen, die vom zuständigen Fachbereichsleiter Jörn Mohr auch gar nicht abgestritten werden. Von Bressensdorf, die das Bürgermeisteramt nur vorrübergehend innehat, um den zur Klärung von Korruptionsvorwürfen beurlaubten Verwaltungschef Torsten Thormählen (parteilos) zu vertreten, sieht sich mittlerweile dennoch in der Pflicht, die für die Vergaben zuständigen VerwaltungsmitarbeiterInnen vor Korruptionsanschuldigungen zu schützen und schloss Schlömann und die UN deshalb kurzerhand von einer Pressekonferenz am 14. August aus. Ob das Portal künftig wieder teilnehmen kann, teilte sie dem verdutzten Journalisten nicht mit, gegenüber dem Infoarchiv konnte das heute auch das Büro der stellvertretenden Bürgermeisterin nicht mit Sicherheit sagen. Das alles, obwohl die Ulzburger Nachrichten ausdrücklich dementieren, überhaupt Korruptions-Anschuldigungen veröffentlicht zu haben.

Das täglich von mehreren hundert LeserInnen frequentierte Portal sieht in der Entscheidung von Bressensdorfs dann auch eher einen Angriff auf die Pressefreiheit: "Der selbstherrliche Schritt der amtierenden Verwaltungschefin dient nach unserer Auffassung einzig und allein der Unterdrückung kritischer Berichterstattung. Und das ist nicht hinnehmbar!" Laut Schlömann haben sich - mit Ausnahme der CDU - inzwischen alle in der Gemeindevertretung Henstedt-Ulzburgs vertretenen Parteien vom Ausschluss der UN distanziert und auch die Kollegen der kommerziellen Medien zeigen sich mit den Ulzburger Nachrichten solidarisch: Sowohl Frank Knittermeier (Norderstedter Zeitung, "so geht es nicht!"), als auch Michael Zwicker (Segeberger Zeitung: "Die kann man nicht so einfach ausschließen ...") äußerten über die Entscheidung der stellvertretenden Bürgermeisterin Unverständnis.

Derweil reagierten große Teile der Kommunalpolitik auf den Vorgang mit Fassungslosigkeit. Während Horst Ostwald (SPD), Klaus-Peter Eberhard (FDP) und Wilhelm Dahmen (WHU) erheblichen Gesprächsbedarf mit von Bressensdorf anmeldeten, mochte sich Carsten Schäfer (BfB) nicht spontan äußern. Und Michael Meschede, Ortsvorsitzender der Ulzburger Union, gab sich gegenüber Schlömann eher unbeteiligt: Frau von Bressensdorf habe sicher als Verwaltungsmitarbeiterin gehandelt, nicht als CDU-Mitglied. Bleibt der schon länger bestehende Eindruck, dass die stellvertretende Bürgermeisterin - erst im März machtpolitisch inthronisiert - mit der Übernahme von Thormählens Amtsgeschäften deutlich überfordert ist. Der Ausschluss unliebsamer Journalisten - ob nun befristet oder nicht - ist jedenfalls kein Kavaliersdelikt, sondern ein schwerer politischer Fehler. Kein Wunder also, dass selbst Mehrheiten für die Abwahl von Bressensdorfs zur Zeit nicht mehr undenkbar sind.

 

 

2 Kommentare zu diesem Artikel

23.08.2012, 14:30 Uhr Infoarchiv NorderstedtTransparenz ...

Die Frage ist doch, was genau die Ulzburger Nachrichten denn Falsches berichtet haben? Fakt ist, dass die Vergabepraxis in Henstedt-Ulzburg seit Jahrzehnten Gegenstand von Kritik ist, weil es hier immer wieder zu Auftragshäufungen bei einzelnen Unternehmen kommt und dass in Henstedt-Ulzburg fast schon traditionell eine besondere Form der „Hinterzimmerpolitik“ existiert. Und die wurde nicht nur vom jeweiligen politischen Gegner festgestellt, sondern mittlerweile auch von Stadtplaner Marcus Menzl bestätigt, der vor einigen Jahren über Monate in der Großgemeinde forschte und beschlussfassende Gruppen jenseits der dafür bestimmten Organe feststellte. Diese – sagen wir mal – „Auffälligkeiten“ müssen freilich nicht zwingend strafbar sein oder unter den Begriff „Korruption“ fallen. Geschmäckle haben sie jedoch allemal und benannt werden sollten sie auch.

Richtig ist, dass sich der ein- oder andere Beitrag der Ulzburger Nachrichten einer gewissen Häme über das teils unglückliche Auftreten der stellvertretenden Bürgermeisterin nicht enthalten hat. Richtig ist aber auch, dass von einer Politikerin, die wie Elisabeth von Bressensdorf aus rein machtpolitischen Gründen in ihr Amt gedrückt wurde, ein gewisses Stehvermögen erwarten werden darf.

Vielleicht ist es einfach an der Zeit, die Intransparenz und Eigenmächtigkeit, die in der Ulzburger Verwaltung tradiert ist, dem einundzwanzigsten Jahrhundert anzupassen. Dass dies nicht ohne Gegenwehr passiert, liegt auf der Hand. Dass dabei auch Mal der „Überbringer der schlechten Nachricht“ gehängt wird, ist logisch. Wenn die Ulzburger Nachrichten tatsächlich – und wie von Frau von Bressensdorf behauptet: wissentlich – falsch berichtet hätten, gäbe es ausreichend juristische Mittel, um dagegen vorzugehen. Darüber hinaus wird in den Kommentarspalten des Organs lebhaft diskutiert, wobei auch Chefredakteur Jörg Schlömann hart angegangen- und seine Rolle als ehemaliger CDU-Mann thematisiert wird. Diese Kommentare sind und blieben für Alle sichtbar und erlauben durchaus die Einordnung gewisser „Spitzen“ in Schlömanns Texten. Zumindest an Transparenz mangelt es also nicht – auf Seiten der Ulzburger Nachrichten freilich.

für die Redaktion,

Olaf Harning

22.08.2012, 20:30 Uhr AnonymousPresse in Henstedt-Ulzburg ausgeschlossen

Natürlich ist es nicht die feine Art und möglicher Weise auch ein Verstoß gegen bestehende Pressegesetze, wenn bestimmte Journalisten von Pressegesprächen oder- Konferenzen ausgeschlossen werden. Eine kritische Presse und kritischen Journalismus zuzulassen ist ein wesentlicher Grundpfeiler der Demokratie und freiheitlichen Grundordnung in unserem Lande. Die stellvertretende Henstedt-Ulzburger Bürgermeisterin hat hier sicher falsch reagiert, vieleicht sogar einen Fehler gemacht.
Andererseits darf von seriösen Journalisten auch erwartet werden, dass sie sachlich, richtig und und nicht tendenziert berichten, denn der Normalbürger(ca.73 % der regelmäßigen Nutzer der Medien) , der seine Informationen aus den Medien bezieht (egal ob Printmedien oder Internetportalen) nimmt diese Quellen oftmals als Grundlage seiner Meinungsbildung.
Die Berichterstattung der betr. Internetzeitung Ulzburger Nachrichten ist nun alles andere als sachlich oder tendenzfrei. Regelmäßig wurden in der Vergangenheit unter reißerischen Überschriften Tatsachen und Fakten in Teilwahrheiten dargestellt.In zahlreichen Fällen wurden bewusst und trotz besseren Wissens Sachverhalte falsch dargestellt um, evtl. Korruptionsverdachte zumindest den Leser vermuten oder aus den Formulierungen schließen zu lassen. Es ging offensichtlich ausschließlich darum die Arbeit der Henstedt - Ulzburger Verwaltung und die Integrität der dortigen Mitarbeiter zu verunglimpfen und in ein möglichst schlechtes Licht zu rücken. Dies alles im Sinne einer bestimmten politischen Richtung.
Wenn also Fairness und Transparenz gefordert wird ( und das zurecht!!!) dann doch aber von allen Seiten.