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Freitag, 5. November 2004, 1:00 Uhr

Mit offenen Augen in die Pleite?

Norderstedt bekommt Landesgartenschau 2011

Info Archiv Norderstedt | Die Zahlen sollten alarmieren: Satte 100.000 BesucherInnen verzeichnete die niedersächsische Landesgartenschau in Wolfsburg jüngst weniger, als für ihre Kostendeckung eigentlich eingeplant und benötigt worden waren. Nach neuesten Meldungen knirscht es dadurch jetzt gewaltig in der VW-Stadt, die Entlassung eines LGS-Geschäftsführers und eine Haushaltssperre sollen die Folgen des millionenschweren Flops sein. Die Landesgartenschau 2002 in Wismar verursachte gar einen Verlust von 4,2 Millionen Euro, der - so heißt es - "freimütig aus dem städtischen Haushalt ausgeglichen wurde."
Schon im Vorfeld der Entscheidung über die ersten Standorte einer Landesgartenschau in Schleswig-Holstein hatten unter anderem die SPD und vor allem die GALiN angesichts solcher und ähnlicher Erfahrungen infrage gestellt, ob das Projekt in Norderstedt überhaupt finanzierbar ist, während Bürgermeister Grote stets behauptete, dass die mittlerweile auf insgesamt 20 Millionen Euro geschätzten Kosten der Schau durch spätere Einnahmen egalisiert werden können.
Entgegen erster Einschätzungen haben mit der gestrigen Entscheidung nun zwei städtische LGS-Konzepte das Rennen gemacht: Schleswig und Norderstedt haben die Nase vorn, während etwa das zunächst favorisierte Ellerhoop (Kreis Pinneberg) mit seinem landesweit bekannten Arboretum letztlich chancenlos blieb. So chancenlos, dass die Enttäuschung im Kreis Pinneberg teilweise in Empörung umschlug - offenbar hatte die ausschlaggebende Experten-Jury bereits während ihres Besuches am 3. November sehr deutlich gemacht, dass Ellerhoop zu diesem Zeitpunkt nicht einmal mehr in Erwägung gezogen wurde.
Nach Beschlusslage der Kieler Landesregierung findet die erste Landesgartenschau nun im Jahre 2008 in Schleswig statt, 2011 folgt Norderstedt. Mit dieser zeitlichen Festlegung wurde unter anderem auch Rücksicht auf die Bundesgartenschau (2009 in Schwerin) und die Internationale Gartenschau (2013 in Hamburg-Wilhelmsburg) genommen. Hans-Joachim Grote (48), der die frohe Kunde am gestrigen Donnerstag telefonisch von Umweltminister Klaus Müller (Bündnis 90/Die Grünen) erhielt, möchte nun auch die KritikerInnen der LGS mit an einen Tisch holen, beispielsweise mit einem Ideenwettbewerb im kommenden Jahr. Der Landrtagsabgeordnete Manfred Ritzek (CDU) machte derweil einen eigenen Vorschlag zur Finanzierung: Er regt an, einen "Förderverein Landesgartenschau" ins Leben zu rufen, damit sich Privatpersonen an der Finanzierung beteiligen können.
Sowohl Sozialdemokrat Johannes Paustenbach, als auch Anette Reinders von der GALiN sehen die Finanzierung der LGS weiterhin als "sehr kritisch" an und befürchten Kürzungen im städtischen Haushalt und im sozialen Bereich. Selbst Marlis Krogmann von der Norderstedter FDP - uneingeschränkte Befürworterin der Schau - macht Sorgen, "ob wir an anderer Stelle sparen müssen." - freilich nicht unbegründet. Selbst ohne jedes Problem im kommunalen Haushalt und trotz unverhoffter Mehreinnahmen in Millionenhöhe mussten die NorderstedterInnen im vergangenen Jahr die Schließung des Kulturcafés Aurikelstieg sowie massgebliche Kürzungen in sozialen Einrichtungen wie dem Lichtblick oder bei der Tagesaufenthaltsstätte für Obdachlose (TAS) hinnehmen. Weitere tiefe Einschnitte in den Haushalt sind da bei mehr als 12 Millionen Investitionskosten der LGS förmlich vorprogrammiert. Erstaunlich in diesem Zusammenhang auch, dass die Kieler Jury auch vom Norderstedter Finanzierungskonzept überzeugt worden sein muss, einem Konzept freilich, das offenbar noch nicht einmal die StadtvertreterInnen kennen. Anette Reinders verwundert: "Dabei dürfte es sich kaum um die dürftige Vorlage gehandeln haben, mit der die Stadtvertretung mal eben 20 Millionen Euro für die Landesgartenschau abnicken durfte."

Die Schau als Ideenwettbewerb