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Samstag, 10. November 2007, 1:00 Uhr

Politiker für mehr Überwachung

Storjohann, Fischer und Carstensen für Vorratsdatenspeicherung

Info Archiv Norderstedt | Ein schwarzer Tag für die Pressefreiheit, so kommentierte nicht nur das Hamburger Abendblatt die Entscheidung des Bundestages, künftig auch Journalisten, Ärzte und Anwälte telefonisch überwachen zu lassen. Zudem müssen Telefongesellschaften die Verbindungsdaten ihrer KundInnen jetzt sechs Monate speichern, das Zeugnisverweigerungsrecht vor Gericht wurde abgestuft. Sicher: Nur mit richterlicher Erlaubnis und bei verdacht schwerer Straftaten darf fortan in den genannten Berufsgruppen abgehört werden, aber dieserlei Sicherungen haben noch nie funktioniert. Schon heute erfolgt ein Großteil der Abhörmaßnahmen, ohne dass je ein Richter oder - wie ebenfalls vorgeschrieben: im Nachgang der Betroffene davon erfahren würde. In der Region haben Gero Storjohann (CDU, Wahlkreis Segeberg und Stormarn-Nord), Dirk Fischer (CDU, Wahlkreis Hamburg-Nord) und Christian Carstensen (SPD, Wahlkreis Hamburg-Nord) für die Ausweitung des Überwachungsstaates gestimmt. Franz Thönnes (SPD, Wahlkreis Segeberg und Stormarn-Nord) blieb der Abstimmung fern, Anja Hajduk (GAL, Wahlkreis Hamburg-Nord) stimmte dagegen.
Zuvor hatte unter anderem der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar eindringlich vor der Einschränkung des Schutzes der Privatsphäre gewarnt: "Der Rechtsstaat ist nicht in Gefahr durch den Internationalen Terrorismus, er kann sich allenfalls selber in Gefahr bringen". Die künftige Speicherung sämtlicher Telekommunikations- und Internet-Verbindungsdaten empfindet der Datenschützer als "Dammbruch". "Wenn wir erstmal die Tür einen Spalt breit aufmachen", so Schaar weiter, "ist sie irgendwann sperrangelweit offen." Die Verschärfungen unter anderem auf die EU-Richtlinie 2006/24/EG zurück, die eigentlich bereits bis September diesen Jahres hätte umgesetzt werden müssen. Auch der EU-Datenschutzbeauftragte hatte heftig gegen die künftig möglichen Überwachungsmaßnahmen protestiert.
Erst am Freitag war bekannt geworden, dass Telefonate eines Redakteurs des Radiosenders NDR Info von Polizeibehörden abgehört wurden. Abschriften der vertraulichen Gespräche, die der Redakteur im Zusammenhang mit seiner Berichterstattung mit Informanten geführt hat, hat das Landeskriminalamt Schleswig-Holstein an die Bundesanwaltschaft nach Karlsruhe geschickt. NDR Intendant Ploog warf den zuständigen Behörden einen Eingriff in die Pressefreiheit vor: "Wenn Recherchen unter Aufsicht des Staates stattfinden, dann hat das mit der Freiheit der Berichterstattung nichts mehr zu tun, sondern beeinträchtigt die Arbeitsmöglichkeiten unserer Journalisten.". Neben dem NDR berichten auch mehrere Berliner Zeitungen von Abhörmaßnahmen gegen ihre RedakteurInnen.