+ + + ARCHIVIERTER INHALT + + +

Diese Seite kommt aus unserem Archiv und enthält möglicherweise Informationen, die nicht mehr aktuell sind. Bitte beachten Sie das Veröffentlichungsdatum dieser Seite.

Sonntag, 1. Mai 2011, 18:34 Uhr

Demonstrationen zum 1. Mai

Gewerkschaften fordern Mindestlöhne

Infoarchiv Norderstedt | Mehr als 5.000 Menschen haben sich heute an der Hamburger Mai-Demonstration beteiligt, darunter auch mindestens 200 aus Norderstedt und Umgegung. Unter dem Motto "Das ist das Mindeste! Faire Löhne, gute Arbeit, soziale Sicherheit" zogen die TeilnehmerInnen vom Gewerkschaftshaus am Besenbinderhof in einer langen Marschsäule zum Museum der Arbeit im Stadtteil Barmbek.

Links Hamburgs ver.di-Chef Wolfgang Rose, rechts neben ihm DGB-Mann Uwe Grund

Die heutige Demo-Spitze: Links im Bild Hamburgs ver.di-Chef Wolfgang Rose, rechts daneben Uwe Grund, Vorsitzender des DGB in der Hansestadt (Foto: DGB Hamburg)

Dort lobte Hamburgs DGB-Vorsitzender Uwe Grund zunächst einige Projekte des neuen Hamburger Senats: So stünden die Gewerkschaften bei der Rücknahme der Kita-Gebührenerhöhung, der Abschaffung von Studiengebühren oder der besseren Mitbestimmung für Personalvertretungen ganz auf der Seite von Olaf Scholz und seinen Senatorinnen. Die hatten das Lob wohl schon erwartet und nahmen deshalb an der Kundgebung in Barmbek teil - zumindest der Bürgermeister selbst, seine Bausenatorin Jutta Blankau und Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt wurden im Getümmel gesehen. Einen "richtigen Clinch" versprach Grund dem Senat jedoch beim Thema Beamtenbesoldung: Den von Olaf Scholz beabsichtigten "Kompromissen" bei der Tariferhöhung für Beamte erteilte Hamburgs DGB-Chef eine klare Abfuhr.

Vor einem Missbrauch der seit heute geltenden Arbeitnehmer-Freizügigkeit durch Arbeitgeber warnte anschließend der Bundesvorsitzende der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), Klaus Wiesehügel. Vor insgesamt rund 5.500 ZuhörerInnen am Museum der Arbeit prophezeite der Gewerkschafts-Chef: "Wir werden erleben, dass sie versuchen, Leiharbeiter aus Osteuropa zu Dumpinglöhnen zu beschäftigen". Sollte es nicht gelingen, Lohndumping beim grenzüberschreitenden Einsatz von Entsendekräften und Leiharbeitern zu verhindern, drohe eine massive Ausweitung ausbeuterischer Arbeitsverhältnisse in Deutschland. "Wir müssen mit ihnen gemeinsam dafür kämpfen, dass das hiesige Heer der inzwischen zehn Millionen prekär Beschäftigten durch sie nicht noch größer wird", betonte Wiesehügel, dessen Organisation sich in den letzten Jahren verstärkt um die Organisierung von Wanderarbeitern bemüht hatte. In diesem Zusammenhang forderte der IG BAU-Vorsitzende gemeinsam mit Hamburgs ver.di-Chef Wolfgang Rose die Einführung gesetzlicher Mindestlöhne, wie sie am Bau bereits existieren.

Zum Abschluss der Kundgebung machte Denise Klingbeil von der Gewerkschaftsjugend Hamburg auf die prekäre Situation aufmerksam, in der viele Jugendliche in Hamburg leben. "Wir brauchen ein Recht auf Ausbildung für alle Jugendlichen, mehr bezahlbaren Wohnraum und die Abschaffung der Studiengebühren," sagte sie. "Jugend ohne Bildung ist wie Hamburg ohne Hafen."

Flora-Demo

Flora-Demo

An den Hamburger Mai-Protesten beteiligten sich auch zahlreiche Gewerkschafter und Polit-AktivistInnen aus dem Raum Norderstedt. So waren die Norderstedter Jusos gleich im Dutzend am Start, aber auch zahlreiche Angehörige von DGB-Gewerkschaften, Aktive von SPD und DIE LINKE und Linksalternative aus der Region beteiligten sich. Neben der Hamburger Innenstadt wurde am 1. Mai auch in Bergedorf, Harburg, Stade und Lüneburg demonstriert, in Schleswig-Holstein fanden unter anderem Demonstrationen in Neumünster und Bargteheide statt. Bereits gestern Abend hatten zudem rund 6.000 Linke und Autonome in Hamburg für den Erhalt der Roten Flora und sozialpolitische Forderungen demonstriert. Für den Abend wurde zudem eine "Revolutionäre Mai-Demonstration" erwartet, an der sich noch einmal etwa 1.000 Menschen beteiligen wollen.

Die bundesdeutsche Neonazi-Szene musste heute hingegen einen deutlichen Rückschlag bei ihrem Versuch hinnehmen, den 1. Mai für ihre Zwecke zu instrumentalisieren: Nur rund 200 Nazis beteiligten sich gestern Abend an einem Aufmarsch der NPD in Bremen, heute kamen 350 in Greifswald und 900 in Halle dazu. Noch 2008 hatten die Neofaschisten alleine für einen Aufmarsch in Hamburg fast 1.500 NPD- und Kameradschaftsmitglieder mobilisiert, insgesamt beteiligten sich in den Vorjahren bis zu 3.500 Nazis an Mai-Aktionen. Allerdings: In Husum griffen Neofaschisten heute eine Kundgebung des DGB an, prügelten um sich und zerlegten einen gewerkschaftlichen Infostand.