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Sonntag, 21. August 2005, 2:00 Uhr

Heißer Herbst

Soziales Zentrum bricht Gespräche mit der Stadt ab

Info Archiv Norderstedt | Die Kritik der AktivistInnen des von Räumung und Abriss bedrohten Sozialen Zentrums ist hart: "Herr Freter hat uns belogen und über den Tisch gezogen!" Mehrmals in den letzten Wochen habe der Sozialdezernent von der SPD in Gesprächen des "runden Tisches" durchblicken lassen, das Zentrum würde eine begrenzte Verlängerung seines Nutzungsvertrages erhalten, wenn es öffentlich erklärt, das Gebäude zeitnah in Richtung eines Ersatzobjektes zu verlassen. Diesen Aussagen habe man vertraut, selbst auf die eigentlich völlig ungeeigneten Räume der Musikschule in der Stormarnstraße hätte man sich als "Übergangslösung" eingelassen, um einige Monate länger in der Ulzburger Straße 6 bleiben zu können. Der Hintergrund ist klar: Das SZ sucht seit Monaten fieberhaft auf eigene Faust nach Ersatzobjekten, benötigt dafür aber Zeit.
Doch am vergangenen Montag war selbst von den minimalen Zugeständnissen der Stadt keine Rede mehr - bis zum 1. September soll der Umzug vollzogen sein, das gesamte Projekt steht vor dem Aus. Vor allem Bürgermeister Hans-Joachim Grote (CDU) hatte bereits in den Vormonaten immer wieder deutlich gemacht, dass er kein Interesse an einer Verhandlungslösung hat. Er betreibt nachdrücklich die Schließung des Zentrums, das angeblich einer Baustraße für die Baustelle "Kreuzung Ochsenzoll" weichen soll. Auch Baudezernet Thomas Bosse steht in der Kritik, er biege sich "wie ein Fähnchen im Wind" ist von den AktivistInnen zu vernehmen: "Noch während der Podiumsdiskussion am 14. Juni habe Bosse erneuert, das Gelände würde dringlich als Bauzufahrt benötigt. Später, bei abgedrehten Mikros und in kleiner Runde dann die Wahrheit: Eigentlich brauche er die Fläche gar nicht, soll der Baudezernent da unter Zeugen geäußert haben. Außerdem - so das Zentrum - sei ohnehin öffentlich bekannt, dass als frühestmöglicher Baubeginn am Ochsenzoll mittlerweile das Jahr 2007 gehandelt wird. "Niemand", so SZ-Pressesprecher Kai Liesch "braucht diese Flächen zu diesem Zeitpunkt, absolut niemand."
Ein anderer Aktivist schätzt die Verhandlungsführung des Sozialdezernenten Harald Freter nach den jüngsten Kehrtwendungen so ein: "Freter hat uns entweder die ganze Zeit belogen, oder vor dem ersten Bürgermeister gekuscht. So oder so - weitere Gespräche mit ihm sind Zeitvergeudung. Freters Aussagen haben offenbar eine Halbwertzeit von wenigen Stunden." Zuletzt während des sogenannten "Runden Tisches" am 14. August, an dem auch die Sozialdemokratin Sybille Hahn und der Christdemokrat Thorsten Hausmann teilgenommen hatten, soll Freter das Zentrum mit einer möglichen Vertragsverlängerung gelockt haben. Am 19. August folgte dann ohne weitere Gespräche die harte Linie. Was die VertreterInnen des SZ außerdem erzürnt, ist der "politisch motivierte Abriss" des ehemaligen Kulturcafés, das ebenfalls auf Freters Kappe gehe: "Mittwoch sagen wir Freter, dass wir Interesse am JuKuCa haben, Freitag wird von der Verwaltung angeordnet, das Haus nach 15 Monaten Leerstand abzureißen ... der Mann verarscht uns!".
Das Soziale Zentrum hat am Sonntag die Konsequenzen aus der städtischen Verhandlungsführung gezogen und die Gespräche abgebrochen. Außerdem lehnt das SZ nun die Räume in der Stormarnstraße endgültig ab und hat angekündigt, einer städtischen Delegation die vereinbarte Begehung des Zentrums am morgigen Dienstag zu verweigern. In einer Presseerklärung machen die NutzerInnen des Zentrums deutlich, dass man sich auf eine Räumung und eine politische Auseinandersetzung vorbereitet. Bereits am kommenden Freitag findet ein überregional beworbenes Konzert statt, am Samstag folgt ein Fussballturnier mit rund 12 Teams, ab Montag, 26. August sollen provisorische Baumaßnahmen beginnen, die eine mögliche Räumung erschweren. Schon für den 2. September ruft das SZ seine Mitglieder, AktivistInnen und SympathiesantInnen zu einer weiteren Demonstration für den Erhalt des Projektes auf. Die Auftaktkundgebung hierfür wird um 18.00 Uhr am Schmuggelstieg stattfinden, die Route des Protestmarsches steht noch nicht fest.

Im Folgenden dokumentieren wir die Presseerklärung des Sozialen Zentrums im Wortlaut:

Soziales Zentrum bricht Verhandlungen mit der Stadt Norderstedt ab.

Nachdem klar geworden ist, dass es keine Vertragsverlängerung geben wird, hat das Soziale Zentrum die Verhandlungen um eine Lösung der Standortfrage abgebrochen. Der Unmut über die Politik der Dezernenten ist groß.
Seit 2004 wurde der Verein von der Verantwortlichen der Stadt hingehalten. Die vielen Gespäche mit den Parteien und der Verwaltung waren im Endeffekt nichts als heiße Luft. Die Stadt will das Soziale Zentum wirklich schon zum 1. September dem Erdboden gleich machen. Immer wieder wurde dem Verein eine zumindest kurze Verlängerung in Aussicht gestellt, solange das SZ sich kooperativ zeigen würde. Aber alle diese Versprechen wurden einfach vom Tisch gefegt. Da die Stadt nicht gewillt ist, auf Kompromisse einzugehen, sieht das SZ keine Notwendigkeit mehr, die Verhandlungen fortzuführen.
Letztes Jahr hieß es noch, der Vertrag verlängert sich automatisch, und Verhandlungen wären nicht nötig. Anfang 2005 wurde dem SZ dann eröffnet, dass es aus fadenscheinigen Gründen geschlossen werden sollte. Bis zuletzt wurde von Herrn Freter (SPD) signalisiert, dass eine Vertragsverlängerung möglich sei, wenn der Verein in die viel zu kleinen Räumlichkeiten, die die Stadt angeboten hat, einzieht.
Nachdem dies, mit der Pistole auf der Brust, erpresst wurde, kam dann trotzdem die prompte Antwort in Form der definitven Absage einer Verlängerung. Den leeren Versprechungen und Lügen überdrüssig, entschied sich das SZ nun, die Verhandlungen abzubrechen.
Der Verein fordert weiterhin eine Vertragsverlängerung bis ein adäquates Ersatzobjekt gefunden ist. Dies ist offensichtlich bis zum September nicht zu schaffen. Ausserdem lehnt das SZ die von der Stadt teuer zu mietenden 3 Räume in der Stormarnstraße ab. In diesen ist ein Weiterbetrieb niemals möglich.
Es bleibt nichts anderes übrig, als den Betrieb in den bisherigen Gebäuden fortzuführen, und auf eigene Faust nach Alternativen zu suchen. Um sich gegen die drohende Räumung zu stellen, beginnt am Freitag, den 26. August eine Aktionswoche. Abgeschlossen wird diese am 2. September um 18:00 mit einer weiteren Demonstration für den Erhalt des SZ.