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Freitag, 1. Juli 2011, 19:47 Uhr

Ute Oswald und (k)ein exhibitionistischer Serienmörder

Aktion Fremdschämen

Von Olaf Harning | Sicher wiedererkannt will sie ihn haben, vor allem wegen seiner "stechenden Augen". Weil die langjährige Norderstedter Kommunalpolitikerin Ute Oswald (65, CDU, FDP) Serienmörer Hans-Jürgen S. nicht nur - offenbar fälschlich - des Exhibitionismus bezichtigte, sondern ihren Verdacht neben der Polizei auch unbedingt der Norderstedter Zeitung erzählen musste, sieht sie sich jetzt einer Anzeige wegen Verleumdung und übler Nachrede ausgesetzt - erstattet vom Anwalt des Mörders.

Gabriele Stender

Gabriele Stender 1984 (Foto: Polizei)

Hans-Jürgen S. war erst am 5. April 2011 festgenommen worden und gestand noch am selben Tag den Mord an der 18jährigen Gabriele Stender im Jahr 1984. Die Schwesternschülerin war damals am 3. Februar von Henstedt-Ulzburg aus zur Diskothek "Kutsche" in Alveslohe getrampt, auf dem Weg aber von S. verschleppt, vergewaltigt und schließlich erdrosselt worden. Doch das war noch nicht alles: Mitte Juni bat der inhaftierte S. die Ermittler zu sich und gestand vier weitere Morde, da er "reinen Tisch machen" wollte. Seine Mordserie begann demnach am 21. Juni 1969, als er die 22jährige Optikerin Jutta M. in der Nähe ihres Elternhauses in Harksheide tötete und halbnackt auf dem Grundstück Kiebitzreihe 52 ablegte. Schon am 30. September 1969 die zweite Tat: Die erst 16jährige Näherin Renate B. aus Norderstedt verschwand auf dem Weg von der Diskothek "Dandy" an der Langenhorner Chaussee, wurde ebenfalls vergewaltigt und ermordet. Erst acht Monate später fanden spielende Kinder ihre Leiche im Rantzauer Forst. Am 31. Juli 1970 traf es dann die 22jährige Angestellte Angela B., die S. auf dem Weg vom Bahnhof Langenhorn-Markt zu ihrer Wohnung verschleppt haben muss. Ihre Leiche wurde Wochen später am Gehlengraben gefunden und wies Spuren eines Sexualdelikts auf. Das letzte Opfer des Serienmörders war zugleich das jüngste: Am 25. Oktober 1972 verschwand die 15jährige Ilse G. und wurde erst im Mai 1973 tot in Quickborn-Heide gefunden. Über Jahre sorgten diese Taten in der Region für Angst und Misstrauen und beschäftigten überdies ganze Heerscharen von PolizistInnen, die ab 1972 auch in einer Sonderkommission zum Fall arbeiteten.

Was das alles aber mit Ute Oswald zu tun hat: Nun, wahrscheinlich rein gar nichts. Die Rentnerin, die sich erst im August 2010 von allen politischen Ämtern zurückzog, hatte die meist nur schemenhaften Fotos von Hans-Jürgen S. in der Zeitung gesehen und darin vermeintlich einen Exhibitionisten wiedererkannt, der ihr im Frühjahr 1967 (!) nachgestellt hatte. Der Täter hatte sie damals im Pritschenwagen eines Baubetriebs überholt und sich wenig später vor der damals 20jährigen entblößt. Nachdem ihr die Polizei Fotos des Mörders aus jener Zeit vorgelegt hatte, bekräftigte Oswald ihren Verdacht und war sich nun sicher, dass es sich bei dem Mann um S. handelte. Warum sie dies alles aber nicht nur der Polizei, sondern gleich auch dem Hamburger Abendblatt, bzw. der Norderstedter Zeitung berichten musste, ist nur schwer nachvollziehbar, ebenso die Reaktion der Zeitung, die aus dem doch recht dürren Verdacht eine Fortsetzungsgeschichte im ganz großen Stil machte. In jedem Fall aber hat das Bemühen um öffentliche Aufmerksamkeit jetzt Folgen: Da S. laut seinem Anwalt Horst Schumacher belegen kann, dass er zum fraglichen Zeitpunkt a) seinen Wehrdienst ableistete und b) gar keinen Führerschein besaß, hat Oswald offenbar den Falschen verdächtigt und ausgerechnet der sinnt nun auf Strafe: Wegen Verleumdung und "übler Nachrede" zu Lasten des Serienmörders soll sich die 65jährige verantworten. Angesichts der brutalen Morde wirkt das zwar einigermaßen bizarr, führt aber ja möglicherweise dazu, dass Oswald künftig eine Sekunde nachdenkt, bevor sie ihre privaten Erlebnisse und Gedanken einer breiten Öffentlichkeit zuführt.

Ein Kommentar zu diesem Artikel

05.07.2011, 16:32 Uhr AnonymousIrrende Volksvertreter+Imageverlust für Killer+rasende Reporter

Zunächst einmal müsste man abwarten, ob das auch alles so stimmt, was der Anwalt da verbreitet. Hans-Jürgen S. hat seine Umgebung über 40 Jahre lang immer wieder belogen u. getäuscht. Beim Bund hat man durchaus auch mal Freigang - und ein Serienkiller fährt sicherlich durchaus auch mal ohne Führerschein durch die Gegend! Wie will man das nach über 40 Jahren alles so noch nachvollziehen?

Damit ich nicht in Verdacht gerate, für diese Frau Partei zu ergreifen, muss auch ich zugeben, dass mir ihre Geschichte gleich irgendwie so vorkam, als wenn sich da einer/eine auf Kosten der wahren Opfer wichtig machen wollte. Zumal "Volksvertreter" bzw. Ex-"Volksvertreter" in Sachen „Glaubwürdigkeit“ u. "Presse machen" ja geübt sind.

Bestraft werden müsste sie dafür schon, da sie hier meiner Meinung nach die Ermittlungen behindert hat.

Hans-Jürgen S. wird es allerdings überleben, sein Image dürfte sowiesoe mit oder ohne o. g. Tat bei 0 liegen!!!. Auch Otto-Normalo muss sich Unwahrheiten von rasenden Reportern aus Norderstedt, wie Martina K. - die ich persönlich nicht einmal in die Kategorie B-Reporter/in einordnen würde, weshalb sie wohl auch nicht einmal den Sprung zur Kaffee-Praktikantin in der Bild-Redaktion schaffen dürfte – erdulden.