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Sonntag, 7. August 2005, 2:00 Uhr
250 für Alternativ-Kultur
Demonstration für den Erhalt des Sozialen Zentrums
Info Archiv Norderstedt | Lutz Nahke, seines Zeichens Manager der Einkaufs-Glitzerwelt im Norderstedter Herold-Center, verlebte einen hektischen Samstagmorgen. Von Geschäft zu Geschäft eilend hörte er sich die Klagen der Einzelhändler an, die sich von der wachsenden Schar linksalternativer DemonstrantInnen in ihrem Tun gehindert fühlten. Und Nahke weiß sich zu verhalten in solcherlei Situationen: Seit Jahren fordert er etwa die Vertreibung von AlkoholikerInnen und Obdachlosen aus seinem Einkaufsparadies.
Am Samstag jedoch hielt sich sein Einsatz in Grenzen, waren schließlich auch deutlich weniger TeilnehmerInnen erschienen, als noch vier Monate zuvor. Am Ende waren es knapp über 250 Menschen überwiegend aus Norderstedt, die für den Erhalt des Sozialen Zentrums auf die Straße gingen. Über Berliner Allee, Kösliner Weg, Stettiner Straße, Marommer Straße, Ulzburger Straße und Rathausallee zogen sie auf den Rathausmarkt und lösten die Versammlung dort nach einer kurzen Abschlusskundgebung auf. Die Polizei begleitete die Demonstration mit starken Kräften, hielt sich allerdings weitgehend zurück.
Die DemonstrantInnen forderten in Redebeiträgen und auf Transparenten einmal mehr den Erhalt des linksalternativen Politik- und Kulturzentrums an der Ulzburger Straße, dessen Räumung und Abriss Bürgermeister Hans-Joachim Grote (CDU) und seine Partei seit Monaten betreiben. Offiziell wird seitdem behauptet, das Gelände des SZ würde dringend für die Baustellenauffahrt der in Planung stehenden Baustelle Kreisel Ochsenzoll benötigt. Seltsam nur, dass hier noch nicht einmal der Baubeginn feststeht und das Soziale Zentrum wohl der strategisch ungünstigste aller möglichen Orte für eine Zufahrt zur Baustelle darstellt. Dennoch betreiben Bürgermeister und Christdemokraten das Ende des SZ bereits zum 31. August. Erst am 14. Juni hatten Grote, sein Parteikollege Rainer Schlichtkrull und Baudezernent Thomas Bosse diese Position im Rahmen einer Podiumsdiskussin im Sozialen Zentrum bekräftigt, während sich Sybille Hahn (SPD), Dagmar Gutzeit (GALiN) und Edda Lechner (PDS) auf unterschiedliche Weise für das Projekt verwandten.
Zwar war das SZ vor kurzem öffentlichkeitswirksam von seiner Haltung abgerückt, den jetzigen Standort um jeden Preis zu verteidigen, macht aber nach wie vor deutlich, dass man die heutigen Räumlichkeiten nicht ohne Ersatzobjekt aufgeben wird. Mehrere von städtischen Gremien ins Gespräch gebrachte Gebäude wurden bereits geprüft und für jeweils völlig untauglich befunden, manches deutet dabei darauf hin, dass die Stadt gar nicht wirklich für ein Ersatzobjekt sorgen will. So ist dem SZ etwa angeboten worden, mit in die Kulturwerstatt im Gewerbegebiet Stonsdorf zu ziehen - vor Ort stellte sich dann heraus, dass das Gebäude bereits vollständig belegt und in Nutzung war. Für das alte Stielow-Gelände am Kösliner Weg indes sollte man schlappe 7.000 Euro Monatsmiete oder eineinhalb Millionen Euro Kaufsumme aufbringen - natürlich ein Klacks für ein unkommerzielles Projekt.
Dort hielten die OrganisatorInnen der Demo am Samstag auch eine Zwischenkundgebung ab und kritisierten das Vorgehen von Bürgermeister und Stadtverwaltung. Auch vor dem seit mehr als einem Jahr leer stehenden Kulturcafe Aurikelstieg ruhte die Demonstration kurz für eine Kundgebung: Ende März 2004 nach Sozialkürzungen geschlossen, verfällt das Gebäude an der Ecke zur Ulzburger Straße zusehends, der Neubau von Luxuswohnungen scheitert offenbar an InteressentInnen. Das JuKuCa fand sich kürzlich ebenfalls auf einer Liste der Stadtentwicklungsgesellschaft egno wieder, die dem SZ als Reihe möglicher Ersatzhäuser überreicht wurde.
Nachdem nun beinahe sicher ist, dass bis zum 31. August keinerlei Ersatz für den Gebäudekomplex Ulzburger Straße 6 gefunden sein wird, muss man sich wohl auf eine massive Auseinandersetzung in der Stadt einrichten. Vielleicht erklärt sich auch so die geringe Teilnahme auswärtiger DemonstrantInnen an dem Protest vom letzten Samstag: Man geht von einem "Showdown" Anfang September aus, wenn das Soziale Zentrum jede Unterstützung braucht. Zu diesem Zweck beginnt am 27. August auch eine Aktionswoche zur Verteidigung des Zentrums - zunächst mit einem "antirassistischen Fussballturnier" im Willy-Brandt-Park. Später folgen verschiedene kulturelle und politische Veranstaltungen zur Mobilisierung für die kommenden Proteste.
Demobeginn am Busbahnhof Garstedt