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Mittwoch, 27. August 2003, 2:00 Uhr

Abschiebeknast Glasmoor schließt !!

Abschiebetrakt wird nach Santa Fu verlegt !

Info Archiv | Vorraussichtlich wird die Behörde von Justizsenator Roger Kusch nach der jetzigen Veröffentlichung der Schließung neben freiwerdenden Kapazitäten in Fuhlsbüttel vor allem die Effektivierung der Hamburger Abschiebepolitik, die größere Kapazität der künftigen Abteilung in Santa Fu und die Baufälligkeit des Containerknastes in Norderstedt als Gründe für den Umzug der Abschiebehaft angeben.

Erste Reaktionen

In einer ersten Reaktion äußerten SprecherInnen von Glasmoorgruppe Hamburg und Info Archiv Norderstedt allerdings auch die Vermutung, dass das Konzept des "Knastes auf der grünen Wiese" damit gescheitert sei. Seit der Einführung dieser speziellen Haft für sogenannte "Zivilgefangene", Menschen ausländischer Herkunft, die einzig und allein der "gesicherten Rückführung" der Häftlinge in ihre "Heimatländer" dienen soll, hatten sich die jeweiligen Verantwortlichen stets darum bemüht, die Abschiebehaftanstalten möglichst außerhalb großer Städte im "Nichts" zu errichten, um Fluchtversuche und vor allem Proteste gegen die rassistischen Lager zu verhindern.

Massive Proteste gegen Abschiebeknast Glasmoor

Speziell im Fall Glasmoor ist dieses Konzept gründlich daneben gegangen. War die Inbetriebnahme des Hauses 3 der JVA Glasmoor im Februar 1994 noch relativ störungsfrei über die Bühne gegangen, entwickelte sich nach einer Gefangenenrevolte im November selben Jahres eine breite Protestbewegung, die - leicht geschwächt - bis heute Widerstand gegen die Abschiebehaft organisiert. Alleine rund 200 sogenannte "Sonntagsspaziergänge", vier größere Demonstrationen mit bis zu 700 TeilnehmerInnen und diverse "außerordentliche" Aktionen waren die Folge. Überdies gelang rund einem Dutzend Gefangenen die Flucht aus Glasmoor.
Schon für kommenden Samstag ist in diesem Zusammenhang die nächste größere Aktion geplant: Unter dem Titel "ZAUN-CHECK" spielen am 30. August ab 15 Uhr drei Musikbands vor dem Distanzzaun des Containerknastes und wollen an dieser Stelle einmal überprüfen, ob der Zaun denn noch den allgemeinen Anforderungen entspricht.

Ab 2004: Santa Fu

Ab 2004 sollen die Hamburger Abschiebegefangenen nun also nicht mehr nach Norderstedt transportiert-, sondern mitten im Stadtgebiet der "Freien" und Hansestadt untergebracht werden - in der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel (Santa Fu). Dieser Schritt deutete sich in den letzten Monaten bereits an, als die Stelle des Abteilungsleiters von Haus 3 in Glasmoor nicht mehr besetzt wurde. Als offizieller Grund für die Verlegung wird in wenigen Tagen genannt werden, dass durch die Ende Juni 2003 eingeweihte JVA Billwerder nun auch in Santa Fu Kapazitäten freigeworden seien, die einen Abschiebetrakt für 124 Häftlinge ermöglichen - mithin 40 Haftplätze mehr, als im maroden Containerknast Glasmoor.
Kein Grund zum Feiern also für die vielen antirassistischen Initiativen, die seit 1994 gegen die Abschiebehaft in Hamburg und Schleswig-Holstein angehen, selbst wenn sie durch andauernde Proteste mit zu diesem Schritt beigetragen haben dürften. Aufgrund des repressiven Besuchsrechts der Hamburger Haftanstalten dürfte der Kontakt zwischen AntirassistInnen und Gefangenen künftig erheblich erschwert werden, zudem werden Abschiebungen wegen der Flughafennähe der Fuhlsbüttler Anstalt zügiger durchführbar. Und auch ein weiteres werden sich die AbschiebespezialistInnen der Hamburger Rechts-rechts-Regierung erhoffen: Ein Abnehmen der Proteste.

Kein Knast steht ewig !

Zumindest was letzteres angeht, wird ihnen jedoch ein Strich durch die Rechnung gemacht. Bereits gestern studierten AntirassistInnen eifrig den Stadtplan und brüteten über Demonstrationsrouten in Ohlsdorf und Fuhlsbüttel. "Der Protest", so ein Sprecher des Info Archivs, "verlagert sich lediglich um etwa 6 Kilometer nach Süden. Die Ausländergesetze in Deutschland und speziell die Abschiebehaft unterstützen Folter und Tod, Hunger und Elend der betroffenen Menschen, dagegen wird kein Widerstand verstummen."
In einem ironisch gehaltenen Offenen Brief bringt heute auch die Hamburger Glasmoorgruppe gegenüber dem "führungslosen Abschiebeknast Glasmoor" ihre Hoffnung darauf zum Ausdruck, dass "sich die Knasttore am 31.12.03 für die Gefangenen öffnen (werden) und wir sie in die Freiheit begleiten können". Vorerst fordert die Glasmoorgruppe allerdings, dass die Gefangenen für die Dauer des Konzertes am kommenden Samstag Hofgang erhalten, damit sie das Konzert vor den Zäunen der Anstalt verfolgen können. Kein Knast steht ewig !

Veröffentlicht in Flucht und Migration mit den Schlagworten Norderstedt, Schleswig-Holstein