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Mittwoch, 14. Mai 2003, 2:00 Uhr

Arbeitsamt setzt auf Ausbeutung

"PSA-Sklaven" jetzt auch in Norderstedt billig zu haben

Olaf Harning | Das Hartz-Konzept macht´s möglich. Noch vor wenigen Jahren hatten die professionellen Arbeitsvermittler genau den Ruf, der ihnen gebührt: Von "Sklavenhandel" war die Rede und von unterbezahlten Jobs zu unanständigen Bedingungen. Doch seit die rot-grüne Bundesregierung unter Mitarbeit nahezu aller Gewerkschaften im Dezember 2002 die Hartz-Gesetze I und II verabschiedet hat, ist Leiharbeit "trendy".
Unter Aushebelung zahlreicher Schutzrechte unter anderem im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz machte die Bundesregierung den Weg für die massive Ausweitung von prekären Arbeitsverhältnissen frei. Neben verschiedenen Modellen der Scheinselbstständigkeit, wie sie etwa die "Ich-AG´s" darstellen, setzt rot-grün vor allem auf Alternativen zum sogenannten "Ersten Arbeitsmarkt". Ab dem 1. April wurden in diesem Zusammenhang bundesweit "Personal-Service-Agenturen (PSA´s) aus dem Boden gestampft, die seitdem jedem Arbeitsamt angegliedert den Billiglohnsektor organisieren.
Mit dem Abbau der Arbeitslosigkeit hat dies freilich nichts zu tun, ganz im Gegenteil: Schon während der denkbar kurzen Debatte über das Harz-Konzept, kündigten mehrere Konzernunternehmen an, jeweils mehrere hundert bislang fester Arbeitsverhältnisse abzubauen und künftig durch Leiharbeiter zu ersetzen. So spart man nicht nur eine Menge Geld, sondern gibt auch das unternehmerische Risiko an die ArbeitnehmerInnen ab. Gibt es weniger Arbeit, werden die Leihkräfte einfach abbestellt. Die "PSA-Sklaven" erhalten während der ersten sechs Wochen ihrer Tätigkeit (die selten überschritten werden) in der Regel lediglich eine Entlohnung in Höhe des Arbeitslosengeldes. Erst danach greift der von den DGB-Gewerkschaften ausgehandelte "PSA-Tarif", der ebenfalls weit unterhalb der tariflichen Ansprüche liegt.
Und so macht sich jetzt auch das Arbeitsamt Elmshorn emsig daran, den Unternehmen paßgenaue Billiglöhner zuzuführen. In einer Presseerklärung zur Eröffnung der PSA in Norderstedt heißt es dazu recht offen: "Betriebe entleihen dort Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen für Auftragsspitzen, personelle Engpässe oder Ausfälle. Aus Sicht der Unternehmen könne so geeignete Arbeitnehmer erprobt werden. Andererseits können Arbeitssuchende ihre Talente unter Beweis stellen und so die Chancen für einen dauerhaften Arbeitsplatz erhöhen."
Prima für die Unternehmen, die Personalplanung wird so zum Kinderspiel: Kündigungschutz null, Löhne niedrig, gesellschaftliche Verantwortung keine. Da wundert es auch nicht mehr, dass Arbeitslose künftig nach spätestens sieben Monaten dazu gezwungen werden können, sich in den PSA´s ausbeuten zu lassen.
Nachdem die Gewerkschaften diesen Zuständen anfangs nichts entgegensetzen, das Hartz-Konzept sogar offen unterstützten, hat sich die Lage mittlerweile leicht verändert. Vor allem durch massiven Druck der Gewerkschaftsbasis aber auch nach der Veröffentlichung der sogenannten "AGENDA 2010" baut sich Widerstand gegen den sozialpolitischen Amoklauf der Regierung auf. So entschuldigte sich IG BAU - Chef Wiesehügel kürzlich bei seiner Hamburger Basis für die Hartz-Politik der Organisation, nachdem unter anderem der Ortsverband Hamburg-Nord/Norderstedt scharfe Kritik daran veröffentlicht hatte. Und auch die IG Metall - Vertrauenskörperleitung im Norderstedter Jungheinrich-Werk fand deutliche Worte zu den skandalösen Neuerungen.
Dennoch wird man sich für´s erste daran gewöhnen müssen, dass Erwerbslose das Arbeitsamt als freie Menschen betreten und als "PSA-Sklaven" verlassen.

Veröffentlicht in Arbeit & Kapital mit den Schlagworten Gewerkschaften, Hamburg-Nord, IG BAU, Jungheinrich, Norderstedt