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Donnerstag, 23. Oktober 2003, 2:00 Uhr

Bericht vom Gewerkschaftstag

IG Metall zeigte "Fläggchen" gegen Sozialdumping

Olaf Harning | Alleine 50 Anträge befassten sich in Hannover mit dem laufenden Sozialabbau in Deutschland, aber auch Satzungsänderungen, Angriffe auf die Tarifautonomie, Friedenspolitik und die Bildungspolitik der IG Metall waren wichtige Themen.

Spannung kam dabei unter anderem auf, als Kanzler Schröder die Bühne betrat, um seinen (üblichen) Gastbeitrag zu halten. Vereinzelt von Pfiffen unterbrochen, ohne jeden Applaus und einem Meer von schwarzen Schildern gegenüber ("Diese Politik verdient keinen Beifall") geriet der Genosse der Bosse mehrfach ins Stottern, machte einen eher unsicheren Eindruck und verschwand nach Ende seiner Rede durch die Hintertür. Etwas vergleichbares hatte es auf Gewerkschaftstagen noch nie gegeben.

Einzig mit seiner Irak-Politik gelang es Schröder für einige kurze Augenblicke, bei den Delegierten der IG Metall zu punkten. Offensichtlich war hier eine Mehrheit damit zufrieden, dass Deutschland sich gegen die Großmachtinteressen der US-Regierung gestellt hatte. Weitergehende Anträge - unter anderem von Delegierten aus der Region vertreten - wurden relativ deutlich niedergestimmmt. So stimmten lediglich etwa 40 Delegierte einer Entschließung zu, die Bundeswehr solle ausschliesslich zur Verteidigung eingesetzt werden und somit auch keine der sogenannten Befriedungseinsätze mehr durchführen.

Weit mehr MetallerInnen konnten sich da schon gegen den Antrag ihres Bundesvorstandes ereifern, der den Mitgliedsbeitrag arbeitsloser Kollegen deutlich heraufsetzen wollte - hier erlitt die IGM-Führung eine deutliche Niederlage. Darüber hinaus beschlossen die GewerkschafterInnen immerhin eine Empfehlung an den Vorstand, künftig keinen Streik abzubrechen, ohne eine zweite Urabstimmung durchgeführt zu haben. Ein deutlicher Nackenschlag für die Verantwortlichen des sang- und klanglosen Streikabbruches in Ostdeutschland.

Zwar spannend, aber zumindest ohne zählbare Erfolge verliefen die Debatten um die laufenden Angriffe der Bundesregierung auf Beschäftigte und Arbeitslose. Hier fand zwar selbst der neue IG Metall-Vorsitzende Peters deutliche Worte, sogenannte "politische Streiks" jedoch wollte man indes (noch) nicht offiziell zur Organisationspolitik erklären. Gleich mehrere Belegschaften hatten Anfang Oktober aus Protest gegen den Sozialabbau teils stundenlang die Arbeit niedergelegt, so etwa bei DaimlerChrystler Stuttgart.

Dennoch distanziert sich die IG Metall geschlossen von den Kürzungen und fordert ein Ende dieser Politik. Verhalten will man sich in den nächsten Monaten auch an Protesten beteiligen, bzw. eigene Aktionen durchführen. Immerhin. Etwa ein Dutzend örtlicher GewerkschafterInnen folgte den Ausführungen Falco Lehmanns und eröffneten an mehreren Punkten die Diskussion über Beschlüsse und Streitfragen.

Veröffentlicht in Arbeit & Kapital