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Dienstag, 22. Februar 2005, 1:00 Uhr

CDU erhält Kündigung

Soziales Zentrum "kündigt Freundschaft"

Infoarchiv Norderstedt | 
Schnittchen, Fähnchen, Freudestrahlen: auch in Norderstedt fühlte sich die CDU für einige Stunden als der sichere Sieger der Landtagswahlen in Schleswig-Holstein. Bei der Wahlparty im Restaurant "Lindenhof" träumte man bereits nach den ersten Hochrechnungen von ARD und ZDF von der Regierungsübernahme in Kiel. Die allseits gute Stimmung machten sich einige VertreterInnen des Sozialen Zentrums Norderstedt (SZ) zu nutze, um mit CDU-Ortsvorsitzendem Joachim Miermeister ins Gespräch zu kommen und vor allem: um ihre "unordnungsgemäße Kündigung der Freundschaft" zu übergeben. Diese erfolge, so war auf dem überdimensionalen Kündigungsschreiben zu lesen, das Kirstin Knutzen vom SZ übergab, "nach Punkt 1 des Maßnahmenkatalogs zum Erhalt sozialer Zentren". Die "Kündigung" seitens des Sozialen Zentrums ist eine Antwort auf die Kündigung des Nutzungsvertrages mit der Stadt, die - unterzeichnet von CDU-Bürgermeister Grote höchstpersönlich - in der vergangenen Woche im SZ eingegangen war.
Während auf einem großen Fernseher im Hintergrund ein kurz zuvor aufgezeichnetes Interview mit Miermeister lief, versuchte dieser vor dem Gerät seine gute Miene nicht zu verlieren. Die Kündigung des Nutzungsvertrages mit dem SZ sei schließlich rechtens und damit nicht zu beanstanden. Außerdem sei man immer gewillt, nach einem Ausweichgrundstück Ausschau zu halten. Das SZ hingegen sieht gar keine Notwendigkeit, das Haus in der Ulzburger Straße zu räumen. Schließlich sind für den geplanten Bau des Kreisels noch nicht einmal alle Genehmigungsverfahren durchlaufen. Falls es überhaupt zu dem umstrittenen Bauvorhaben kommt, kann sich der tatsächliche Baubeginn noch Jahre hinziehen. Die SZ-NutzerInnen fürchten viel mehr, das Tatsachen geschaffen werden sollen und ein weiteres politisch missliebiges Projekt durch die Stadt geschlossen wird. Denn die Schließung des SZ wäre bereits die zweite Schließung einer hauptsächlich von Jugendlichen genutzten Einrichtung, nachdem vor gut einem Jahr das Kulturcafe am Aurikelstieg geschlossen wurde - und seitdem leer steht. Miermeister erklärte, dass er ohnehin ein Problem damit habe, von "Jugendlichen" zu sprechen. "Früher", hätte er bereits "mit 20 Jahren seinen Mann stehen und Geld verdienen müssen". Der Sinn dieser Feststellung blieb allerdings rätselhaft.

Die Aktion im Restaurant Lindenhof wurde von den allermeisten Anwesenden weitestgehend unkommentiert zur Kenntnis genommen. Mit Blick auf die ausfälligen Bemerkungen einiger CDU-Nachwüchsler sagte Knutzen, man wisse ja, wo man sich hier befände. "Die Zeit der kultivierten Auseinandersetzung ist nun vorbei." Und kündigte zugleich weitere Aktionen an: "Ab jetzt machen wir Druck auf der Straße, um unser Projekt zu retten.". So ist bereits für den 2. April eine große Demonstration für den Erhalt des Zentrums geplant, bei der man auch mit TeilnehmerInnen aus dem Umland rechnet. Und selbst eine erneute Besetzung wird nicht ausgeschlossen: schließlich sie man auf diese Weise vor zehn Jahren vorgegangen, um das Zentrum überhaupt durchsetzen und verteidigen können. "Und so werden wir es auch in Zukunft tun!"

Kirstin Knutzen vom Sozialen Zentrum übergibt CDU-Ortsvorsitzendem Joachim Miermeister die Kündigung

Veröffentlicht in Alternative Zentren mit den Schlagworten CDU, Norderstedt, Schleswig-Holstein, Wahlen