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Mittwoch, 21. Januar 2004, 1:00 Uhr

CDU-Norderstedt : wieder mal eine Idee voraus ?

Bürgermeister schränkt nicht nur den Sozialhaushalt, sondern neuerdings auch die Demonstrationsrechte ein!

Infoarchiv Norderstedt | Der Rathausplatz inklusive Kopfsteinpflaster, Springbrunnen und Markttag gehört sicherlich zu den bekanntesten und bestbesuchtesten Plätzen in Norderstedt. Ein Kunstwerk auf dem Marktplatz, ein Straßenschild mit den Fotos von NorderstedterInnen und der
Unterschrift: "Kunst im öffentlichen Raum" bestätigt zusätzlich, was dieser Platz vermittelt: Er ist ein Ort öffentlichen Interesses. Klar, dass dieser Platz seit seiner Fertigstellung bereits die eine oder andere Kundgebung erlebt hat. Welcher Ort in Norderstedt würde sich für das in der Verfassung verankerte Recht auf Versammlungsfreiheit wirkungsvoller eignen, als eben dieser ? Aber genau dieses selbstverständliche Recht auf Versammlungsfreiheit vor dem Rathaus will der Norderstedter Bürgermeister anscheinend durch Gebührenerhebungen erschweren und einschränken.

Am 16. Dezember 2003 nahmen etwa 150 BewohnerInnen Norderstedts an einer Kundgebung "für eine soziale Stadt" teil. Die DemonstrantInnen richteten ihren Widerstand gegen die verantwortungslose Kürzungspolitik der StadtvertreterInnen. Eine Politik, die vor allem alte Leute, wohnungslose Menschen, Jugendliche und Familien mit Kindern benachteiligt. Die Menschen, die gegen diese Sparpolitk von Grote und Co. auf die Strasse gegangen sind, sollen nun für die ordnungsgemäß angemeldete Kundgebung zur Kasse gebeten werden. Die Anmelderin erhielt eine Rechnung über 120 Euro für die Nutzung des Platzes. Ein Versehen, möchte man meinen.
Aber um ein Versehen handelt es sich nicht. Ein Anruf beim Forum des Rathaus, welches für die Raumvergabe zuständig ist, reicht aus, um aufgeklärt zu werden, dass der Rathausmarkt ein privater Platz ist, der unter die Endgeld- und Nutzungsordnung des Forum fällt.
Die Bürgermeisterkandidatin der SPD, Elisabeth Kühl, findet diesen Umgang mit dem Demonstrationsrecht unüblich. Des weiteren zweifelt sie daran, dass der Bund der Selbstständigen, der vor einiger Zeit einen Fackelzug auf dem Rathausmarkt veranstaltete, um gegen die Erhöhung der Gewerbesteuer zu lamentieren, ebenso zur Kasse gebeten wurde, wie es nun mit den GegnerInnen von Grotes Sparpolitik geschieht.
Auch für Herrn Zug aus dem Büro des Pressesprechers ist es neu, dass Menschen für ihr Recht auf freie Meinungsäußerung bezahlen sollen und kann sich nicht erinnern, dass jemals in Norderstedt auf diese Weise verfahren wurde. Ob der Rathausmarkt nun privat oder öffentlich ist, da möchte sich Herr Zug nicht festlegen. Er hält den Marktplatz eher für eine "Grauzone". Genauere Auskünfte traut sich niemand zu. Aber es ist wohl deutlich, dass mit dem Rathausmarkt auch der letzte belebtere Ort in Norderstedt der öffentlichen Nutzung und Meinungsäußerung entzogen werden soll.

Dass die CDU- Norderstedt nicht nur im Sozialabbau, sondern auch im Privatisieren von öffentlichen Plätzen nicht zimperlich ist, bewies diese erst letzten Sommer, als sie kurzerhand die De-Gasperi-Passage im Herold Center entwidmete. Diese Entscheidung wird unweigerlich die Verdrängung und Vertreibung von Hinz- und Kunzt- VerkäuferInnen, von Menschen, die sich in der Passage treffen, um witterungsgeschützt ihr Bier zu trinken, von StrassenmusikerInnen und von Infoständen verschiedener Vereine und Verbände nach sich ziehen. In diesen Tagen wird das Privatisierungsverfahren um die De-Gasperi-Passage abgeschlossen sein und dann werden sich in diesem Bereich nur noch die aufhalten können, die ins Bild passen. Es steht außer Frage, dass die CDU sicherlich niemals Schwierigkeiten haben wird, zum Beispiel im Wahlkampf,die besten Plätze für Infostände im Einkaufszentrum zu ergattern.

Nach der besagten Passage im Herold-Center wird nun also auch auf dem Rathausmarkt der Ausdruck von Meinungsvielfalt gehemmt. Inzwischen wurde auch dem Anmelder der Kundgebung, welche für den 27.Januar vorgesehen ist, durch ein Fax der Stadt mitgeteilt, dass auch diese Protestveranstaltung kostenpflichtig sein wird. Da die AnmelderInnen der beiden Kundgebungen gegen diesen unzulässigen Umgang mit demokratischen Grundrechten Einspruch erhoben, wird sich Herr Grote am 26. Januar in seiner Dezernentenrunde mit dem Thema zu befassen haben. Anschließend wird er sich dazu äußern müssen, ob es ihm ernst damit ist, die NorderstedterInnen für ihr verfassungsmässiges Recht auf Versammlungsfreiheit und freie Meinungsäußerung bezahlen zu lassen.

Veröffentlicht in Kommunalpolitik mit den Schlagworten CDU, Norderstedt, SPD