+ + + ARCHIVIERTER INHALT + + +

Diese Seite kommt aus unserem Archiv und enthält möglicherweise Informationen, die nicht mehr aktuell sind. Bitte beachten Sie das Veröffentlichungsdatum dieser Seite.

Freitag, 18. Januar 2013, 16:04 Uhr

Evangelikale gründen "Volkshochschule"

Unterwegs im Namen des Gottessohns

Fassade der Gemeinderäume der Christlichen Gemeinde Norderstedt

Fassade der "Christlichen Gemeinde Norderstedt" (CGN), Foto: Infoarchiv

Olaf Harning | In der Jugendarbeit kooperieren sie schon seit Jahren, jetzt schmieden sie eine Allianz in Sachen christlicher Bildung: Sechs evangelikale Kirchengemeinden haben die Christliche Volkshochschule für Norderstedt, Henstedt-Ulzburg, Ellerau und Kaltenkirchen gegründet, um "Menschen (zu) helfen, ihren Weg mit Jesus zu finden und mit ihm zu gehen."

Träger der religiösen Bildungseinrichtung ist ein kürzlich gegründeter Verein, der unter der Web-Adresse www.die-cvhs.de erreichbar ist und für das erste Halbjahr 2013 bereits zahlreiche Veranstaltungen anbietet - überwiegend Glaubens- und Bibelkurse, aber auch Erziehungshilfen und Vorbereitungen auf die Eheschließung. Laut Pastor Martin Schulze von der St. Petrus-Gemeinde Henstedt-Rhen geht es der CVHS zunächst darum, ohnehin bestehende Bildungsangebote der Mitgliedsgemeinden zu vernetzen. Später soll das Programm schrittweise ausgebaut werden. Während die meisten der angebotenen Kurse direkt in den Räumen der beteiligten Gemeinden abgehalten werden, findet sich auch das "Geistliche Rüstzentrum Krelingen" unter den Veranstaltungsorten, die größte "pietistische" Einrichtung Norddeutschlands.

Ohnehin handelt es sich bei den sechs Mitgliedsgemeinden der "Christlichen Volkshochschule" nicht um eine mehr oder weniger zufällig zustande gekommene Gruppe, sondern um eine ganz spezielle Glaubensgemeinschaft. "Grundlage aller Angebote ist die Glaubensbasis der Evangelischen Allianz" betont Schulze gegenüber dem Infoarchiv und meint damit eine Ansammlung extrem konservativer Glaubenssätze des evangelikalen Netzwerkes "Evangelische Allianz". Die ursprünglich 1846 niedergeschriebenen Bekenntnisse beziehen sich vor allem auf Jesus Christus als "menschgewordenen Gottessohn" und den Menschen als "sündhaftes" und "gefallenes" Geschöpf, das sich "Gottes Zorn" aussetzt und nur durch seine Gnade, bzw. das stellvertretende Opfer Jesu erlöst werden kann. Außerdem sehen die Evangelikalen die "Heilige Schrift" (Bibel) als "in allen Fragen des Glaubens und der Lebensführung zuverlässig" und wegweisend an. Andere Religionen werden meist als "Irrweg" abgelehnt, mit besonderer Aggressivität der Islam. Bis 2008 wurden von der Evangelischen Allianz, bzw. in ihr vernetzten Gemeinden auch Themen wie Homosexualität, Abtreibung, voreheliche Sexualität und die Evolutionstheorie offensiv angegangen, seit den heftigen Konflikten um den evangelikalen Jugend-Kongress "Christival" bemühen sich die Radikal-Christen jedoch nach außen hin um Mäßigung. Damals kam es unter anderem wegen eines Seminars zu angeblichen "Heilungsmöglichkeiten" für Homosexuelle zu Demonstrationen und Störversuchen von Betroffenen, religionskritischen Gruppen und Autonomen.

Glaubt man Michael Schulze, hat die Gründung der CVHS mit derart konfliktgeladenen Themen allerdings wenig zu tun und verfolgt auch nur bedingt missionarische Ziele. Die Kurse, so der Rhener Pastor, richten sich überwiegend an überzeugte Christen, die ihren Glauben stärken oder die sich geistig entfalten wollen. Und wer sagt, "die Bibel finde ich sowieso doof und glauben tu ich auch nix", werde wohl nicht gerade bei der CVHS nach Veranstaltungen suchen. Was die geistlichen Grundlagen angeht, vertrete man nicht mehr und nicht weniger, als eine Strömung innerhalb des Protestantismus. "Platt gesagt", so Schulze, "gibt es die Frommen, die Politischen und die Psychologischen. Wir sind Erstere." So betrachtet spielten bei den evangelikalen Gemeinden eben christliche Werte, Fömmigkeit und das Gebet eine größere Rolle, als anderswo.

Doch ganz so einfach ist es nicht. Als sich Mitte 2005 einmal die Christliche Gemeinde Norderstedt (CGN) in der Norderstedter Zeitung (NZ) präsentierte, stellte deren damaliger Pastor Steve Pecota ganz unverkrampft fest: "dass Homosexualität als Sünde betrachtet wird und vorehelicher Geschlechtsverkehr tabu ist." (Hier geht´s zu unserem damaligen Artikel "Die ´Hassprediger´ sind unter uns") Und als die CGN 2004 daran dachte, das damals schließungsbedrohte Jugendkulturcafé Aurikelstieg für seine Jugendarbeit zu übernehmen, verkündete ein Pastor den bisherigen Stammgästen auf Nachfrage, man würde homosexuellen NutzerInnen künftig seelsorgerisch zur Seite stehen und ihnen für ihre sündhaften Praktiken Heilungsmöglichkeiten aufzeigen.

Vielleicht also kein Wunder, dass Michael Schulze und die übrigen Pastoren der CVHS-Gemeinden gar nicht erst versucht haben, weitere Kirchengemeinden mit ins Boot zu holen. Während der Friedrichsgaber Pastor Eckhard Wallmann zum Volkshochschul-Projekt nur mit den Schultern zuckt und davon ausgeht, "dass auch die bestehende Volkshochschule nicht unchristlich ist", bezweifelt Gunnar Urbach, ehemals Pastor der Kirchengemeinde Harksheide, dass sich nicht-evangelikale Gemeinden in Norderstedt unter das inhaltliche Dach der Evangelischen Allianz begeben würden. Wallmann abschließend zur CVHS: "Ich denke, dass man als Christ in der Gesellschaft steht und dass wir die christlichen Wurzeln unserer Gesellschaft herausstellen können, ohne uns dabei abzukapseln."

Die Mitgliedsgemeinden der Christlichen Volkshochschule:

3 Kommentare zu diesem Artikel

21.01.2013, 10:17 Uhr kein Keil zwischen die ChristenKirchen in der Allianz

Viele Jahrzehnte haben auch wir Norderstedter Kirchen in der Allianz mit den Baptisten und der FEG gelebt. Jährlich gab es im Januar mit den Pastoren Meyer (Garstedt) und Findeisen (Friedrichsgabe) sowie von der Thomaskirche aus Glashütte Gottesdienste und Gebetstreffen mit den Freikirchen. Diese waren sehr positiv und verbindend.

20.01.2013, 9:30 Uhr Infoarchiv NorderstedtWichtiger Hinweis ...

Danke für den Hinweis. Da haben wir uns wohl von der "Pastorenschaft" des Andreas Rüß in der Kreuzkirche "blenden" lassen. Tatsächlich gehört die Erlöserkirche zu den sechs Mitgliedsgemeinden der Volkshochschule, der Link wurde entsprechend geändert.

20.01.2013, 2:09 Uhr AnonymousEv.-Luth.Kirchengemeinde Henstedt-Ulzburg - Pfarrbezirk Henstedt

Nach meiner Information ist von der Ev.-Luth.Kirchengemeinde Henstedt-Ulzburg der Pfarrbezirk Henstedt beteiligt. Der Link sollte also zur Erlöserkirche (https://www.kirche-henstedt.de) führen.