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Mittwoch, 12. März 2003, 1:00 Uhr

Krank ? Pech gehabt !

Unternehmerverband will gesetzliche Krankenversicherung zerschlagen

Info Archiv | Rainer Bruns ist kein Mann von Traurigkeit, er redet Tacheles. Bruns ist Geschäftsführer des auch für die Region Norderstedt zuständigen Unternehmerverbandes und hat etwas gegen "hohe Kosten". Und die würden bekanntlich beinahe ausschließlich von den Unternehmen getragen.
So gibt sich der findige Unternehmer natürlich nicht damit zufrieden, dass erst vor wenigen Monaten die Höchststeuersätze gesenkt, die Vermögenssteuer abgeschafft und auch ansonsten wesentliche Vorteile für Betriebe und vor allem Konzerne geschaffen worden sind, für Bruns ist scheinbar jeder Beitrag für die Allgemeinheit ein Beitrag zu viel. Darum beließ er es in einer aktuellen Presseerklärung des Verbandes auch nicht dabei, nur die Absenkung der durchschnittlichen Beitragssätze von 14,4 auf "deutlich unter 12 Prozent", sowie die Abkopplung ganzer medizinischer Bereiche aus der kassenfinazierten Versorgung zu fordern - für Bruns ist es schlicht gar nicht verständlich, dass die Unternehmen für die Krankheit ihrer MitarbeiterInnen zahlen sollen. So bemängelt er unter anderem, dass die Kosten für Arbeitsunfälle (!) und die Entgeltfortzahlung in den ersten sechs Wochen der Krankmeldung ausschließlich zu Lasten der Betriebe gehen. Die Absicherung "bei langer Krankheit" soll nach seinem Willen künftig in die "Eigenverantwortung" der Betroffenen übergehen.
Auch die einschneidensten Vorschläge aus Reihen der Rürup-Kommission sind Bruns nicht absurd genug, um sie dennoch widerzugeben: Mit Nachdruck fordert er etwa eine "Praxisgebühr beim Arztbesuch", sprich: Eintrittsgeld für den Hausarzt, um "das Kosten- als auch das Gesundheitsbewußtsein der Patienten" zu verbessern. Auch entstehende Kosten bei Schwangerschaft oder Empfängnisverhütung möchte Bruns grundsätzlich den PatientInnen überlassen, was in der Praxis natürlich heissen muss: den Frauen.
Einmal davon abgesehen, dass diese Vorschläge einen Grad von Verantwortungslosigkeit und Menschenverachtung aufzeigen, der nur schwer erträglich ist, steht Bruns mit seinen reaktionären "Vorschlägen" nicht alleine. Erst jüngst machte auch die Kassenärztliche Vereinigung Segeberg Überlegungen öffentlich, die sich nur unwesentlich von den aktuellen Äußerungen des Unternehmers unterschieden. Mit Presseerklärungen und Infoständen informierte etwa der Norderstedter Internist Dr. Hans H. Köhler über die Kürzungsideen seiner Zunft, wobei er sich strikt dagegen verwahrte, dass die Ärzte selber weiter in ihrem Entgelt gedrückt werden. Mit Spannung darf jetzt darauf gewartet werden, welche Empfehlungen in Kürze die Rürup-Kommission aussprechen wird. Mit Sicherheit werden es keine sein, die auch nur ansatzweise Verbesserungen für die Menschen bringen.

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