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Montag, 9. Februar 2004, 1:00 Uhr
Krieger zeigt sein Gesicht
Neuer Kraft-Geschäftsführer für 2.000 Kündigungen bei Möbel-Walther verantwortlich !
Olaf Harning | Dafür ist Kurt Krieger bekannt: Unternehmen aufkaufen, die alte Führung nach gespielter Harmonie abservieren und dann die Belegschaft dezimieren. Da mag es nicht beruhigen, dass der Berliner Möbel-Tycoon nach der Übernahme von 50% des Bad Segeberger Traditionsunternehmens versprach, es werde sich "nichts ändern". Am 3. Februar und damit nur rund einen Monat nach seiner Beschwichtigung präsentierte Krieger - übrigens in der Bettenabteilung - den neuen Geschäftsführer des achtgrößten Möbelhauses: Der promovierte Wirtschaftsingenieur Gunnar George (34) soll künftig das Ruder führen, die weiterhin mit 50 % beteiligten Brüder Kraft wurden zu der Präsentation laut Presse nicht einmal eingeladen.
George und Krieger wollen nun "ein Jahr voll Blut, Schweiß und Tränen" angehen, allerdings nur für die rund 2.600 Beschäftigten. Sie sollen bald - ohne Lohnausgleich - 40 statt bislang 37 Stunden arbeiten und in der Regel auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichten. Dafür würde man auf den befürchteten Abbau von bis zu 800 Arbeitsplätzen vorerst verzichten. Eine dauerhafte Jobgarantie wollte Krieger indes nicht geben, das wäre angesichts seines brandneuen Geschäftsführers wohl auch wenig glaubhaft: Mit Gunnar George übernimmt bei Möbel Kraft ein Mann das Zepter, der nur wenig Scham kennt, wenn es um Ausbeutung und Massenentlassungen geht. An seinem vorigen Wirkungsort - dem ebenfalls zur Krieger-Gruppe gehörenden Möbelhaus Walther - zeichnete der smarte Jungmanager für die Vernichtung von 2.000 (der 6.000) Arbeitsplätze verantwortlich. Außerdem kündigte Krieger bereits eine "Verjüngung" des Mitarbeiterstabes an, ebenfalls ein schlechtes Zeichen für die Kraft-ArbeiterInnen. Bereits in den vergangenen Wochen hatte das Unternehmen hunderten MitarbeiterInnen Aufhebungsverträge auf "freiwilliger Basis" vorgelegt.
Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hat angesichts der düsteren Entwicklung inzwischen emsig mit der Mobilisierung der Beschäftigten begonnen. Fachsekretär Peter Engel (57) bemüht sich seit Wochen einerseits darum, möglichst viele Kraft-MitarbeiterInnen zum Eintritt in die Gewerkschaft zu bewegen, andererseits veröffentlicht ver.di auf Flugblättern und im Internet Ratschläge für die Betroffenen. Schon am 25. Januar hatte ver.di mehr als 300 Betroffene zu einer Informationsveranstaltung in der Sporthalle an der Falkenburger Straße mobilisiert, eine Tarifkommission gegründet und Kampfmaßnahmen mit den Beschäftigten diskutiert. Auch der Arbeitskampf wurde dabei als letztes Mittel der Gegenwehr nicht ausgeschlossen.
Eine undurchsichtige Rolle spielt weiterhin der Betriebsrat bei Möbel Kraft. Peter Engel: "Die arbeiten nicht im Sinne der Mitarbeiter mit uns zusammen !" Laut Engel habe Betriebsrats-Chef Reinhard Schwarck und sein Gremium alle nötigen Informationen pünktlich von der Gewerkschaft erhalten, eine Reaktion sei aber ausgeblieben. Mehrfach hatte Schwarck zudem in den Medien kritisiert, ver.di würde die Situation eskalieren und Panik verbreiten. Möglicher Hintergrund: Schon länger wird gemutmaßt, dass die weithin unbekannte "Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsratsangehöriger (AUB)" in Bad Segeberg aktiv ist, eine sogenannte "gelbe Gewerkschaft". Wie auch der "Christliche Gewerkschafts Bund (CGB)", zählt die AUB zu den quasi arbeitgebergestützten "Anti-Gewerkschaften", die weitgehend das Ziel haben, den Gewerkschaftsgedanken zu beschädigen und die Löhne zu senken. AUB, CGB und andere treten für "maßvolle" Tarifabschlüsse und deutlich gegen jede Form des Arbeitskampfes ein. Schwerpunkte der AUB sind Siemens und Aldi-Nord, Aktivitäten werden aber auch aus der Norddeutschen Affinerie Hamburg und von der DASA gemeldet. Insgesamt verfügt die rechtslastige Organisation allerdings über kaum mehr als 500 Mitglieder, wie auch der IG Metall vorliegende Mitgliederstatistiken zeigen. Die Mitgliedschaft einzelner Betriebsräte von Möbel Kraft würde also erklären, warum das Gremium bislang nur wenig Energie dabei zeigt, den Widerstand gegen Kürzungen und Entlassungen im Unternehmen zu organisieren. Allerdings: Während die AUB behauptet, Mitglieder bei Kraft zu haben, gibt es bislang keinen Nachweis dafür. Kürzlich protestierte zudem auch Schwarck gegen die Pläne Kriegers, Weihnachts- und Urlaubsgeld nur noch bei entsprechender Gewinnlage zu zahlen.
So oder so: Die Auseinandersetzungen bei Möbel Kraft scheinen gerade erst begonnen zu haben. Aus Sicht der Beschäftigten ist es ermutigend, dass viele den Ernst der Lage erkannt haben und sich für mögliche Kampfmaßnahmen zusammenschließen. Kurt Krieger - von ver.di auch "Karate-Krieger" genannt - wird bald zeigen, wie er mit den Protesten umzugehen gedenkt. Wer sich einstweilen mit den Beschäftigten solidarisieren möchte, kann ver.di-Sekretär Engel unter seiner Mail-Adresse peter-engel@t-online.de erreichen.