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Samstag, 28. Februar 2004, 1:00 Uhr
Privatgrundstück Rathausmarkt
Auch SozialdemokratInnen gegen "Öffentlichen Raum"
Olaf Harning | Noch Ende Januar hatte die Norderstedter SPD eine deftige Presseerklärung abgesetzt: "Rathausplatz - Tabuzone für Demokratie ?" lautete die reißerische Überschrift und im Text griff man nicht minder aggressiv die zwischenzeitliche Haltung der örtlichen CDU an. Hintergrund war eine Rechnung über 120 Euro, die das "Bündnis für eine soziale Stadt" vom Norderstedter "FORUM" erhalten hatte - für die Nutzung des Rathausplatzes anlässlich einer ordentlich angemeldeten Kundgebung.
Zwar stellten die Demonstrations-AnmelderInnen schnell fest, dass diese Rechnung erstens gegen Grundgesetz und jegliche Rechtsprechung verstößt und zweitens sicherlich nicht beglichen werden würde. Für die Stadt Norderstedt war die Angelegenheit damit indes noch nicht erledigt: Zunächst lehnte die CDU einen Eilantrag der SPD in der Stadtvertretung zum Thema ab, dann folgte eine Debatte im Hauptausschuss. Während hier zwar immerhin Anfang Februar beschlossen wurde, die Rechnung für die DemonstrantInnen "auszusetzen", wie auch dem Anwalt des Bündnisses inzwischen mitgeteilt wurde, ist eine endgültige Entscheidung über die dreiste Beschneidung des Versammlungsrechts noch immer nicht gefallen.
Grundlage der Rechnung ist eine "Sondernutzungssatzung", die in Norderstedt die Benutzung zahlreicher städtischer Flächen regeln soll und für die Inanspruchnahme des Rathausplatzes eine Gebühr von 60 Euro stündlich vorsieht. In diesem Zusammenhang kam allerdings auch heraus, dass dieser wohl zentralste und öffentlichste Platz der Stadt seit seinem Bau tatsächlich nie der Öffentlichkeit gewidmet wurde – sprich rein rechtlich "städtisches Privatgelände" ist. Und genau das soll nun auch so bleiben, und zwar in feinster Übereinstimmung fast aller Parteien der Stadt. Am 19. Februar lehnten CDU, SPD und FDP einen Antrag der Grün Alternativen Liste (GALiN) ab, der die öffentliche Widmung (Entprivatisierung) des Rathausplatzes zum Inhalt hatte. Wohlgemerkt: Auch die SozialdemokratInnen stimmten an diesem Tag für einen privaten Rathausplatz und ließen sich auch nicht vom Bild ihres Stadtrates Harald Freter stören, dessen Portrait ein Straßenschild mit der Untertitelung "Kunst im öffentlichen Raum" ziert. Dieses Schild steht nicht irgendwo, sondern weist den Zugang zum Rathaus quer über den angeblich "privaten" Platz und ist Teil einer durch die Stadt Norderstedt geförderten Kunstaktion (Foto siehe unten). Interessant ist nicht nur nach Meinung der Grünen aber auch, dass es damit keinen öffentlichen Zugang zum Rathaus gibt. GALiN-Politikerin Anette Reinders (Stadtvertretung, Ausschuss für Stadtentwicklung u.a.) schlägt daraufhin verschmitzt vor, nun Schilder mit der Aufschrift "Privatgrundstück. Betreten verboten. Passierscheine sind beim Bürgermeister zu beantragen." aufzustellen.
Bereits belustigt könnte man sich vielleicht noch zusätzlich den Text der SPD-Presseerklärung vor Augen führen, jener Presseerklärung, in der die CDU für ihre Haltung im "Gebührenstreit" gescholten wird: „Der Rathausplatz soll wohl eine Tabuzone für demokratische Grundrechte sein. Denn wer ist schon bereit, für eine Demonstration Eintritt zu bezahlen ?", fragte man damals zurecht empört. Nun – keine vier Wochen später - kann man zumindest die Antwort auf die Frage geben, wie es zu solch dämlichen Entgleisungen städtischer Sachbearbeiter kommen kann, wie die Inrechnungstellung einer Demonstration: Die Stadtverwaltung reagiert auf politische Vorgaben. Und diese Vorgaben sind in Norderstedt - parteiübergreifend - noch dämlicher.