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Dienstag, 10. August 2004, 2:00 Uhr
Schülerinnen aus dem polnischen Kalisz legen Gedenksteine in Kaltenkirchen nieder
Gedenken an in Kaltenkirchen ermordete polnische KZ-Häftlinge
gepostet vom Infoarchiv Norderstedt | Am Wochenende weilte eine fünfköpfige Besuchergruppe aus dem polnischen Kalisz in Kaltenkirchen. Kalisz ist die polnische Patenstadt Kaltenkirchens. Die polnische Besuchergruppe vertrat das Lyzeum (Gymnasium) in Kalisz und war im Rahmen eines schulischen Projektes nach Kaltenkirchen gekommen. Dazu gehörte der Besuch der KZ-Gedenkstätte in Springhirsch.
Zwei Schülerinnen, Ula Sudnicka (17) und Agnieszka Arcimowicz (17), die Schulleiterin Anna Arcimowicz, ihre Stellvertreterin Grazyna Czerner und die Vorsitzende des Elternrates Mariola Sudnicka wurden bei ihrem Besuch der Gedenkstätte von Renate und Uwe Amthor und dem SPD-Ortsvereinvorsitzenden Reinhard Maywald begleitet. Die Gruppe zeigte sich sehr beeindruckt von der zweistündigen Führung durch die Gedenkstätte, die von Jürgen Gill, Schriftführer des Trägervereins, vorgenommen wurde. Insbesondere die Darstellung des Schicksals einzelner KZ-Häftlinge, die Haltung und Einstellung der damaligen in der Umgebung des Lagers lebenden Bevölkerung und die Geschichte nach 1945, als das große Verdrängen und Vergessen begann, interessierten die Besucherinnen. Auch wurde mit großem Interesse vernommen, dass die Holzbaracken des ehemaligen KZ-Außenlagers bis in die 60-er Jahre hinein von deutschen Flüchtlingen aus dem Osten bewohnt worden waren.
Besonders hellhörig lauschte die Gruppe, als Jürgen Gill über das Schicksal eines einzelnen Häftlings aus Holland, Arie Roders, berichtete. Zwei Neffen von Arie Roders hatten erst in diesem Jahr vom Schicksal ihres Onkels, der 1945 in Kaltenkirchen zu Tode gekommen war, erfahren. Bis dahin galt Arie Roders für seine Familie als verschollen. In einer lebhaften Korrespondenz mit den Neffen erfuhr der Trägerverein, dass Arie von der Gestapo 1943 verhaftet worden war, weil er als Beamter im Amsterdamer Einwohnermeldeamt Karteikarten jüdischer Mitbewohner vernichtete, um diese vor der Deportation zu bewahren. An solchen und ähnlichen Geschichten über Einzelschicksale, die nach so langer Zeit aufgeklärt werden, ist Anna Arcimowicz, die Schulleiterin des Lyzeums, besonders interessiert, weil ihr schulisches Projekt "Spurensuche" in diese Richtung weist. Sie möchte ausgehend von Namen Verstorbener deren persönliches Schicksal von ihren Schülerinnen aufspüren lassen, um so einen lebendigen Eindruck von Lauf der Geschichte und ihre Auswirkung auf Lebensschicksale Einzelner vermitteln zu können.
Schließlich legten die polnischen Gäste im Gedenkstättengelände ihre in Polen beschrifteten Feldsteine zu den anderen, die dort schon liegen, nieder. Die 32 Steine haben die beiden Schülerinnen Ula und Agnieszka bei einer Kiesgrube in Kalisz gesammelt und mit den Namen polnischer KZ-Häftlinge beschriftet, die in Kaltenkirchen verstorben waren. Der Trägerverein hatte im Frühjahr eine Liste mit den Namen der in Kaltenkirchen verstorbenen polnischen KZ-Häftlingen nach Polen geschickt. Ab jetzt also finden Besucher der KZ-Gedenkstätte die Stelle der niedergelegten Steine um die polnischen Namen ergänzt vor. Schon bisher hatte sich die Stelle für die Besucher als ein besonderer Anziehungspunkt entwickelt. Hier verweilten viele sehr lange, studierten die Namen, stellten fest, aus wie viel verschiedenen Ländern die Toten stammten und wie jung sie waren, als sie starben. Um so mehr wird dieser Ort zukünftig eine Stelle des Gedenkens sein, wenn dort auch die polnischen Namen zu lesen sind.
Die Schulleiterin Anna Arcimowicz beherrschte die deutsche Sprache so gut, dass sie für ihre Begleiterinnen eine gute Dolmetscherin war. Sie übersetzte die umfangreichen Ausführungen des Vertreters des Trägervereins sofort ins Polnische. Somit konnte anschließend im Dokumentenhaus ein lebhaftes Fragen und Antworten mit allen polnischen Besucherinnen stattfinden.
Am Schluss trugen sich die polnischen Gäste in das Gästebuch des Trägervereins ein. In polnischer und in deutscher Sprache schrieben sie u.a.: "Wir erkennen diejenigen an, die hier sich darum bemühen, dass diese Vergangenheit nicht vergessen wird."
Jürgen Gill
Pressesprecher des Traegervereins, 08.08.2004