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Samstag, 13. November 2004, 1:00 Uhr

Segeberger Neonazi in Hessen aktiv

Bernd Tödter: "Ich will meine Ruhe haben"

Der SV Wethen: Heimat für Dart-Spieler, Freizeitfussballer, HSV-Fans, Neonazi-Schläger und Wirrköpfe jeder Coleur in der hessischen Peripherie.

Der SV Wethen: Heimat für Dart-Spieler, Freizeitfussballer, HSV-Fans, Neonazi-Schläger und Wirrköpfe jeder Coleur in der hessischen Peripherie.

Vom Info Archiv Norderstedt | Lange war es ruhig um den Segeberger Neonazi-Schläger Bernd Tödter (30). Nachdem er in den 90er Jahren eine Haftstrafe wegen des Mordes an einem Obdachlosen abgesessen- und die Polizei im Februar 2000 ein ganzes Waffenarsenal in seiner Wohnung sichergestellt hatte, war der Schläger nach Hessen gezogen. Nach 2002 macht er auch jetzt wieder Schlagzeilen im kleinen Örtchen Wethen.

Die Frankfurter Rundschau berichtete und auch der Hessische Rundfunk war Anfang November zu Gast in der hessischen Provinz. Zuletzt war Tödter durch eine Hausdurchsuchung im Jahre 2002 aufgefallen, in deren Verlauf Polizisten seine scharfen Kampfhunde erschiessen mussten. Damals suchten die Beamten nach Zusammenhängen der Nazi-Truppe "Sturm 18 Cassel", jetzt ist der Segeberger wieder in die öffentliche Diskussion geraten. Während allerdings Frankfurter Rundschau und das linke Informationsportal indymedia von neonazistischen Aktivitäten sprechen, distanziert sich Tödter auf den Internet-Seiten der "Hessischen Niedersächsischen Allgemeinen" von seiner "früheren" Gesinnung - er wolle vielmehr "nur seine Ruhe haben".

Um das zu dokumentieren, hängte er sogar ein Plakat gegen Fremdenfeindlichkeit in den Räumen eines von ihm mitgegründeten Fussballvereines auf - ein gelbes Plakat das zuvor von besorgten WethenerInnen gedruckt worden war und mittlerweile überall im Ort zu finden ist. Mit der Vergangenheit habe er abgeschlossen, sagt Tödter. Gleichzeitig allerdings stand er am 2. November wieder einmal - diesmal in Bad Arolsen - vor Gericht, weil er im vergangenen Jahr eine kurdische Familie bedroht und beleidigt haben soll: Als Hausmeister in der ehemaligen Flüchtlingsunterkunft hatte er dazu gute Möglichkeiten. Der Prozess wurde vertagt, nachdem der mitangeklagte Kollege Tödters zum wiederholten Male nicht vor Gericht erschienen war und nun per Haftbefehl gesucht wird: Ihm wird zusätzlich auch Körperverletzung vorgeworfen.

Nach den zahllosen Berichten der letzten Wochen hat Tödter mittlerweile seinen Vorstandsposten im seltsam anmutenden Sportverein Wethen verloren. "Seltsam", weil der Verein bislang eine Art Mischung zwischen Fussballverein und HSV-Fanclub darstellt - freilich mitten in Hessen. Auf einer Mitgliederversammlung am 22 Mai diesen Jahres beschloss man eigens eine dementsprechend abstruse Satzungsänderung: "Der Verein führt den Namen "HSV PitBull´s (OFC) – SV Wethen" nachfolgend auch HSV PitBull´s (OFC), SV Wethen, PitBull´s, Club oder einfach nur OFC genannt.“ Offiziell haben die übrigen Vorstandsmitglieder ihren Mitgründer Tödter nun letzte Woche zum "Vereinsmitglied auf Bewährung" degradiert. Zuvor war dem Club wegen rechtsradikaler Umtriebe u.a. eine Sporthalle zur Durchführung eines Fussballturnieres entzogen worden. Zu viele Meldungen über Nazi-Parolen und Einschüchterungen Andersdenkender aus den Reihen des SV Wethen waren an die Öffentlichkeit gelangt.

Tödter hatte bereits Ende der 90er Jahre massgeblichen Anteil am Aufbau der "Kameradschaft Nordmark" in Bad Segeberg, die zwischenzeitlich erhebliche Mobilisierungskraft erreichte. Beispielsweise versammelten sich Anfang 1996 mehrfach bis zu 150 Neonazis in der Kurstadt und zettelten zum Teil wüste Schlägereien mit Passanten, Ausländern oder Andersdenkenden an, demolierten Autos oder legten sich mit der Polizei an. Erst nach einer Hausdurchsuchung bei Tödter im Februar 2000 endete der Spuk: Die Beamten fanden bei ihm Übungs- und Manövermunition, Leuchtspurmunition, scharfe Winchester- und Pistolenmunition, Schreckschuss-Waffen und ein panzerbrechendes Geschoss. "Wie zur Dekoration aufgereiht" sollen viele der Munitionsteile offen in seiner Wohnung plaziert worden sein, anschliessend wurde unter anderem wegen Verstosses gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz ermittelt.

Übrigens: Tödter plädiert im laufenden Prozess auf "unschuldig", er habe mit "linker oder rechter Politik" nichts mehr zu tun und wolle seine Ruhe haben. Die kurdische Familie habe mehrmals die Miete nicht pünktlich bezahlt, da habe er sich als Hausmeister drum gekümmert ... "rein postalisch" natürlich.