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Dienstag, 9. März 2010, 1:00 Uhr
Sozialkaufhaus Norderstedt
Vom Sinn und Unsinn von Arbeitsgelegenheiten
Hans-Georg (Felix) Becker | In der vorletzen Woche wurde das Sozialkaufhaus Norderstedt mit Redebeiträgen der Betreibergesellchaft SBB Kompetenz gGmbH, der Landrätin Jutta Hartwieg (SPD), der Norderstedter Stadpräsidentein Katrin Oehme (CDU) sowie Oberbürgermeister Hans-Joachim Grotes (CDU) in Anwesenheit von VertreterInnen der Fraktionen offiziell eröffnet. Die Idee, die dahinter steckt, ist nicht neu. Menschen können dort gut erhaltene Möbel, Haushaltsgegenstände, Bekleidung sowie Elektrogeräte und Fahrräder als Spende abgeben oder abholen lassen, und Menschen mit geringen Einkünften können sie dann zu erschwinglichen Preisen kaufen.
In vielen Orten gibt es diese Möglichkeit bereits. Mit dem Betrieb eines Sozialkaufhauses soll aber noch ein weiteres Ziel verfolgt werden: die "Beschäftigten der Arbeitsgelegenheit für den Weg in den ersten Arbeitsmarkt fit zu machen". So jedenfalls heißt es auf der Internetseite der Betreibergesellschaft SBB Kompetenz gGmbH. Wobei das kleine "g" für gemeinnützig steht. Diese gemeinnützige GmbH ist eine in 2005 gegründete Tochter der Stiftung Berufliche Bildung (SBB). Die SBB wiederum wurde 1982 gegründet "um Qualifizierungsangebote für Benachteiligte des Arbeitsmarktes zu entwickeln und durchzuführen". Im Wesentlichen führt die SBB Beschäftigungsprogramme für 1-Euro-Jobber durch. Die Begrifflichkeit 1-Euro-Jobber wird im offiziellen Sprachjargon als "Arbeitsgelegenheit" bezeichnet. Durch die "Arbeitsgelegenheit" sollen sich Langzeitarbeitslose weiter qualifizieren und sich "fit für eine Rückkehr in reguläre Arbeit" machen. Weiter heißt auf der Internetseite der SBB: "Auf alle Fälle bearbeiten Sie sinnvolle Aufgaben und übernehmen echte Verantwortung - in einem Team mit verschiedenen Kollegen. Wie in einem richtigen Betrieb".
Für das Sozialkaufhaus mag es sogar zutreffen, dass die Tätigkeiten Sinn machen und die Motivation der Beschäftigten dadurch höher ist, als bei anderen Maßnahmen. Allerdings hört der Hinweis "Wie in einem richtigen Betrieb" spätestens bei der Bezahlung auf. Für Ihre Tätigkeit erhalten die Beschäftigen eine Mehraufwandsentschädigung in Höhe von 1,25 Euro pro Anwesenheitsstunde, zusätzlich zu Ihrem Arbeitslosengeld II. Die SBB erbringt ihre Dienstleistung natürlich nicht umsonst - sie wird von der Arge finanziert. Dass die SBB nicht nur sinnvolle Arbeitsgelegenheiten bietet, berichteten wir unter anderem am 24. April 2009. Unter der Überschrift: "Sozialgericht Lübeck: "MonaLisa"-Maßnahme darf abgebrochen werden", meldeten wir damals, dass TeilnehmerInnen einer Maßnahme teils über Stunden mit Tischtennisspielen auf selbstgebastelten Platten "beschäftigt" wurden. Andere waren in Gruppen durch Gewerbegebiete geschickt worden, um nach Arbeit zu fragen. Seinerzeit wies das Lübecker Sozialgericht darauf hin, dass die Maßnahme "MonaLisa" gleich mehrfach nicht in Einklang mit der herrschenden Rechtsprechung zu bringen ist. Fazit: So hilfreich es für bedürftige Menschen sein kann, z.B. gut erhaltenen Möbel zu einem geringen Preis erwerben zu können - so zweifelhaft bleibt die Beschäftigung von Menschen zu Minimalkonditionen. Es bleibt zu hoffen, dass möglichst viele der derzeit 50 1-Euro-Jobber schnell eine vernünftig bezahlte Arbeit bekommen. Besonders groß ist die Hoffnung allerdings nicht.