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Mittwoch, 18. August 2010, 2:00 Uhr

SPD, GALiN, DIE LINKE: Gemeinsam gegen "Billig-Polizei"

Abschrecken und Verdrängen lösen keine Probleme

Infoarchiv Norderstedt | Stadt leistet sich die "Billig-Polizei" - Abschrecken und Verdrängen lösen keine Probleme

Der Einsatz eines privaten Sicherheitsdienstes im Umfeld des U-Bahnhofes Norderstedt-Mitte sorgt für erhebliche Diskussionen bei den Norderstedter Parteien. Die Vorsitzenden der SPD, der Partei DIE LINKE und der Wählergemeinschaft GALiN kritisieren das Vorgehen des Kriminalpräventiven Rates und fordern die Kontrolle des Bahnhofsumfeldes in die alleinige Zuständigkeit der Norderstedter Polizei zu geben.
EDer Einsatz des privaten Wachunternehmens ist mit den Parteien in der Stadtvertretung zu keinem Zeitpunkt abgestimmt worden. Die uns vorliegende Kriminalstatistik zeigt im Bereich des U-Bahnhofes keine Auffälligkeiten. Das Sicherheitsempfinden der Bürger hat nichts mit der tatsächlichen Sicherheitslage gemeinsam. Obgleich der Auftrag zum Einsatz als sogenanntes "reines Verwaltungshandeln" zu sehen ist, hat die Entscheidung eine erhebliche Diskussion unter den Bürgern und eine Reihe von Fragen an unsere Stadtvertreter ausgelöst. Von vorbehaltloser Begeisterung haben wir dabei nichts zu hören bekommen. Im Gegenteil überwiegt die Frage, wieso diese Arbeit nicht von gut ausgebildeten und unabhängig handelnden Polizeibeamten gemacht wird. Uniformierte Präsenz und Streifengänge sind allein Sache der Polizei und müssen es auch bleiben. Sollte Herr Grote als Vorsitzender des Kriminalpräventiven Rates an diesem Modellversuch festhalten, stiehlt er sich zusammen mit seinem CDU-Parteifreund und Innenminister Klaus Schlie aus der Verantwortung wenn er, wie hier geschehen, das Gewaltmonopol an die Privatwirtschaft weiterreicht und damit die Probleme der chronisch unterbesetzten Norderstedter Polizei kaschiert", so Katrin Fedrowitz, Vorsitzende der Norderstedter SPD.
Gerade im Zusammenwirken mit der Polizei befürchten die Kritiker eine Vermischung von öffentlichen und privaten Zuständigkeiten/Befugnissen, sowie eine Aufweichung des staatlichen Gewaltmonopols (Art. 33/4 GG). Die Fachwelt spricht bereits heute von "police private partnership" (ppp), einem arbeitsteiligen Sicherheitsverbund, der künftig gemeinsam für öffentliche Sicherheit und Ordnung sorgen soll.

Für die Öffentlichkeit entsteht so leicht der Eindruck, der Sicherheitsdienst hätte hoheitliche Befugnisse.

"Schwarze Sheriffs ohne rechtliche Grundlage"
Laut Miro Berbig, von der Partei DIE LINKE benötigt der private Sicherheitsdienst auch für seine bloße Anwesenheit auf öffentlichen Straßen und Plätzen eine rechtliche Grundlage. Diese gebe es jedoch nicht. Streifengänge seien laut Gesetz "hoheitliches Handeln", das alleine der Polizei und den Ordnungsbehörden vorbehalten bleibe. Bereits mehrfach habe das Innenministerium diese Auffassung in Schreiben an Städte und Gemeinden klar vertreten. "Fakt ist", so Berbig, "dass die steuerzahlenden Bürgerinnen und Bürger immer häufiger für ihre (öffentliche) Überwachung und Kontrolle durch Unternehmen bezahlen müssen, weil hierbei - im Zuge von Privatisierungen - die höchste deutsche Rechtsordnung häufig keine Beachtung findet. Der Bund der Steuerzahler kritisierte diese Entwicklung bereits im Jahr 2000, und meinte, dass es dem Steuerzahler nicht zugemutet werden können "doppelt" für öffentliche Sicherheit und Ordnung zu bezahlen; einmal für staatliche Amtsträger (Polizei und Ordnungsämter) und zusätzlich noch für öffentlich beauftragte private Sicherheitsdienste. Hier zeigt sich der Irrweg des Sparkurses der Landesregierung: Erst Stellen bei den örtlichen Polizeidienststellen abbauen und dann den Städten und Kommunen die Kooperation mit privaten Sicherheitsdiensten nahelegen, die natürlich aus Steuergeldern vor Ort bezahlt werden dürfen."

"Alleine aus diesem Grund greift das Argument der "Kostenersparnis für die öffentlichen Hand" durch "outsourcing" von Sicherheitsdienstleistungen nicht. Als Kooperations- bzw. "Juniorpartner" der Polizei möchten sich vor allem "Gütesiegel"-Unternehmen wie Pütz Security verstärkt für öffentliche Auftragsnahmen qualifizieren; mit Kooperationsverträgen alleine lässt sich nämlich kein Geld verdienen. Langfristige und stabile Verträge am Tropf des Steuerzahlers sind gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise wichtig und Garant für lukrative Gewinne. Auch deshalb hat Pütz Security ein natürliches Interesse daran die Sicherheitssituation in Norderstedt-Mitte als "auf der Kippe" darzustellen. Das ist nicht nur unehrlich, sondern auch unverantwortlich", kritisiert Katrin Fedrowitz.
Miro Berbig (DIE LINKE), Olaf Harning (GALiN) und Katrin Fedrowitz (SPD) fordern den Oberbürgermeister daher auf, den Testlauf mit Pütz Security sofort zu beenden und in Zusammenarbeit mit Polizei, Ordnungsamt und Jugendamt ein schlüssiges Handlungskonzept für den Bahnhofsbereich zu entwickeln.
"Darunter verstehen wir jedoch mehr als nur Abschreckung und Verdrängung. Durch den Einsatz von täglichen Fußstreifen der Polizei kann das Sicherheitsempfinden der Bürger besser gestärkt werden als durch eine "Billig-Polizei" ohne Befugnisse und Kompetenzen. Auch sollte der Verkauf von alkoholischen Getränken im Bahnhofsumfeld zu bestimmten Uhrzeiten vom Ordnungsamt untersagt werden, Straßensozialarbeiter müssen sich der Jugendlichen annehmen. Für die Sicherheit im Bahnhofsgebäude und dem auf dem Vorplatz sei die Hochbahn-Wache als Tochtergesellschaft der Hamburger Hochbahn zuständig. Umso mehr verwundert uns der Sonderweg des Kriminalpräventiven Rates, wenn man auf die Entwicklung der Szene am Herold-Center blickt. Dort wurde aufgrund ähnlicher Probleme vor Jahren mit dem Aufbau der Tagesaufenthaltsstätte (TAS) begonnen. Mit Erfolg: die Situation dort ist ruhig und unauffällig geworden, ganz ohne Verdrängungspolitik."

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