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Dienstag, 15. Juli 2014, 15:29 Uhr

Streit um Mieterhöhungen bei Adlershorst

Mieterverein kritisiert Genossenschaft

Betroffenere Mietblock in der Heidbergstraße

Der betroffene Mietblock in der Heidbergstraße: Hier werden die Mieten zum 1. August um 11 Prozent angehoben - von 7,20 auf 8 Euro/m2 (Foto: Infoarchiv).

Olaf Harning | Mit scharfer Kritik hat der Norderstedter Mieterverein auf die Ankündigung der Wohnungsbaugenossenschaft Adlershorst reagiert, die Mieten in ihrem Wohnblock an der Ecke Heidbergstraße/Malenter Weg deutlich anzuheben. Erstmals orientiert sich das Unternehmen dabei am oberen Rand des Mietenspiegels, reagiert auf Kritik dennoch gelassen.

"Die von Ihnen zu Zeit zu zahlende Nutzungsgebühr entspricht nicht mehr der ortsüblichen Vergleichsmiete", lässt Adlershorst die rund 30 Mieter wissen, "wir sehen uns daher veranlasst, ein Mieterhöhungsverlangen nach § 558 BGB geltend zu machen." Anschließend folgt die Ankündigung, die bislang bei 7,20 Euro/m2 und damit etwa im rechnerischen Mittel des Norderstedter Mietenspiegels liegende Miete auf künftig 8 Euro zu erhöhen. Für Kurt Plagemann vom Nordersteter Mieterverein ist das nicht akzeptabel: "Eine Begründung, warum die Ortsüblichkeit für die Wohnungen von Anfang der 80er Jahre mit normaler Ausstattung beim Höchstwert des Norderstedter Mietenspiegels angesiedelt sein soll, gibt es nicht", kritisiert er. Eine Wohnwertverbesserung jedenfalls habe seit der letzten Mieterhöhung vor vier Jahren nicht stattgefunden. Weil Adlershorst zudem mit Härte auf renitente Mieter reagiere, seit die soziale Verantwortung, mit der sich die Genossenschaft in der Öffentlichkeit schmücke, nur schöner Schein. "Leider", so Plagemann, "haben unsere Mitglieder ganz andere Erfahrungen mit Adlershorst gemacht. Wer nicht bereit ist, den Höchstwert zu zahlen, wird verklagt."

Straßenschilder - Malenter Weg und Heidbergstraße

Adlershorst-Wohnungen an der Ecke Malenter Weg/Heidbergstraße (Foto: Infoarchiv).

Adlershorst-Abteilungsleiter Benjamin Schatte weist die Kritik gegenüber dem Infoarchiv zurück: "Die Vergleichsmiete ist ja nicht identisch mit den Werten im Mietenspiegel." Bei Adlershorst betrachte man die Objekte immer individuell und sei zu der Auffassung gelangt, "dass das Gebäude in der Heidbergstraße sowohl über eine überdurchschnittlich gute Lage, als auch über einen guten baulichen Zustand verfügt." Ein Auftakt zu einer regelrechten Mieterhöhungswelle sei dieser Schritt aber nicht, weitere Erhöhungen seien zur Zeit nicht geplant.

Dennoch fragt sich auch SPD-Politiker Thomas Jäger angesichts der Teuerung, wie die letzte Mieterhöhung in dem betreffenden Block verwendet wurde. Der Vorsitzende des Norderstedter Sozialausschusses und gewählte Mitgliedervertreter bei Adlershorst hat als Mieter der Genossenschaft zwar stets die Erfahrung gemacht, dass sich Mieterhöhungen mehr oder weniger direkt in Dämmarbeiten oder technischen Verbesserungen niederschlugen. Das Vorgehen in der Heidbergstraße aber kommt ihm verdächtig vor: "Jede Mieterhöhung ist für die betroffenen Mieter ärgerlich", so Jäger, "insbesondere dann, wenn die Begründung für das Erhöhungsbegehren lediglich der scheinbaren Konsequenz des aktuellen Mietenspiegels folgt." Gewinnstreben und soziale Verantwortung müssten bei einer Genossenschaft immer Hand in Hand gehen, meint der Sozialpolitiker. Die Hauptursache für steigende Mieten sieht Jäger jedoch auf einer anderen Ebene: Um- und Neubauten seien in den vergangenen Jahren auch deshalb teurer geworden, weil "überfrachtete Regelwerke wie das Baugesetzbuch und entsprechende Landesverordnungen den Wohnungsbauunternehmen jede Baumaßnahme haarklein vorschreiben."

Info Adlershorst

Die Adlershorst Baugenossenschaft eG wurde 1948 als Selbsthilfeorganisation gegründet, um die kriegsbedingte Wohnungsnot zu lindern. Neben Norderstedt ist die Genossenschaft heute auch in Wedel, Quickborn, Elmshorn und Tornesch vertreten, besitzt hier knapp 5.400 Wohnungen. 2012 erwirtschaftete Adlershorst eine Bilanzsumme von 259 Millionen Euro - mit knapp 70 Mitarbeiterinnen und mehr als 8.800 Mitgliedern.

Das erklärt allerdings nicht, warum zwar inzwischen durchaus in den Wohnungsbau investiert wird, die fertiggestellten Wohnungen aber fast ausschließlich im hochpreisigen Segment zu finden sind. Das macht auch der grünen Sozialdezernentin Anette Reinders zu schaffen, die neben allgemeinen Mietsteigerungen auch die Wirkung der angehobenen Mietpreisobergrenze für Jobcenter-Kunden fürchtet. Die Frage nach Lösungsmöglichkeiten für den angespannten Wohnungsmarkt beantwortet sie mit einem Zitat von Schleswig-Holsteins Innenminister Andreas Breitner (SPD): "Sinkende Mieten erreichen wir nur durch mehr Wohnungen", hatte der kürzlich betont und Reinders fügt hinzu: "Gerade bei den historisch niedrigen Zinsen sollte es doch möglich sein, im Wohnungsbau zu investieren."

Auf die Frage, ob er die Kritik am Vorgehen seiner Genossenschaft verstehen könne, antwortert Schatte übrigens mit einem "Jein". Ein Jein allerdings, "mit deutlicher Tendenz zum Nein", wie er hinzufügt. Schließlich seien Preissteigerungen an sich nicht unüblich und entsprächen beim Wohnraum nocht nicht einmal der langjährigen Inflation. Da gäbe es eher noch Nachholbedarf.