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Samstag, 24. Mai 2014, 12:53 Uhr

"Willst Du weit kommen, gehe gemeinsam!"

Infoarchiv Norderstedt | Henstedt-Ulzburg hat einen neuen Bürgermeister! Mehr als zwei Jahre nach der Beurlaubung seines Vorgängers Torsten Thormählen und acht Monate nach dessen Abwahl, wurde Stefan Bauer nun am 16. Mai vereidigt. Bereits im ersten Wahlgang hatte sich der parteilose Kripo-Beamte Mitte März gegen zwei Kandidatinnen aus der Kommunalpolitik durchgesetzt.

Stefan und Marita Bauer auf einer Wahlparty

Stefan Bauer und seine Frau Marita kurz nach seiner Wahl zum Bürgermeister Henstedt-Ulzburgs (Foto: HUN)

Bauer, der sein Amt am 2. Juni antritt, beendet damit die ehrenamtliche Amtszeit Elisabeth von Bressensdorfs, die vom großen Engagement der 69jährigen, aber auch von Pleiten, Pech und Pannen geprägt war. So gab es Irritationen um die - allerdings traditionell - fehlerhafte Ausschreibungspraxis der Gemeinde. Ihren Beschluss, die Ulzburger Nachrichten als kritisches Medium von Pressekonferenzen der Gemeinde auszuschließen, musste von Bressensdorf im Sommer 2012 nach überregionalen Protesten zurückziehen.

In seiner Antrittsrede kündigte Bauer unter anderem die Einrichtung einer monatlichen Bürgersprechstunde und die Überprüfung der Öffnungszeiten im Rathaus an. Den oft zerstrittenen Fraktionen der Gemeindevertretung will er sich als "Ideengeber", "Moderator", "Brückenbauer", "aber auch Kritiker" anbieten. Als erster nicht von der CDU ins Rennen geschickter Bürgermeister in der 44jährigen Gemeindegeschichte muss sich Bauer dabei einerseits mit langjährig aufgebauten Seilschaften, aber auch mit tiefen Gräben auseinandersetzen, die sich zwischen den größten beiden Fraktionen der Gemeindevertretung - CDU und WHU - aufgetan haben.


Die Gemeinde Henstedt-Ulzburg entstand am 1. Januar 1970 durch einen Zusammenschluss der drei Ursprungsgemeinden Götzberg, Ulzburg und Henstedt. Seit seiner Gründung hatte der Ort vier hauptamtliche Bürgermeister und zwei ehrenamtliche Stellvertreterinnen in mehrmonatiger Verantwortung:

 

Im folgenden die Antrittsrede Bauers im Wortlaut:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

Ich lebe bereits seit 20 Jahren in Henstedt-Ulzburg und doch – in den Augen vieler hier Aufgewachsener bin ich quasi immer noch ein „Neubürger“. Aber das macht nichts – mit diesem Makel kann ich gut leben. Es sind insbesondere die Neubürger, die Henstedt-Ulzburg die Kontur gegeben haben, die es heute hat. Und bei aller freundschaftlicher Rivalität der Ortsteile untereinander – es ist Henstedt-Ulzburg als Ganzes, das diese Gemeinde so großartig und lebenswert macht!

Ich möchte hier und heute noch einmal all denen danken, die mir mit Ihrer Stimme das Vertrauen ausgesprochen haben und insbesondere all denen, die mich in der Phase des Wahlkampfs unterstützt haben, von denen auch viele heute hier sind. Es tut gut, um Eure Unterstützung zu wissen, die ihr mich in dieser intensiven Zeit mit getragen habt. Euch allen – ein herzliches Dankschön!

Mit dem Eid, den ich hier soeben abgelegt habe, habe ich geschworen, das mir übertragene Amt nach bestem Wissen und Gewissen auszufüllen. Die mir übertragenen Aufgaben werde ich mit meinen persönlichen Fähigkeiten und Eigenschaften und mit großem Engagement für unsere Gemeinde angehen.

Für mich bedeutet dies aber auch, das Vertrauen zu rechtfertigen, dass die Bürgerinnen und Bürger Henstedt-Ulzburgs mit der Wahl in mich gesetzt haben. Dabei werden auch viele Erwartungen in mich gesetzt, Erwartungen, die trotz aller Bemühungen nicht immer erfüllt werden können. Unter den vielen Wünschen das Machbare zu erkennen und zum Ziel zu führen, dabei Sie – die Bürgerinnen und Bürger – mit einzubeziehen und der Gemeindevertretung fraktionsübergreifend ein fairer Partner zu sein, danach strebe ich.

Sie werden mich als Bürgermeister in vielen Rollen erleben. Oft als Zuhörer oder Moderator – aber auch als Entscheider und Gestalter. Als Antreiber und Ideengeber – aber auch als Mahner und Kritiker. Und bestmöglich als Brückenbauer. Dies braucht aber auch seine Zeit – in diese Aufgaben werde ich hineinwachsen.

Besonders begrüßen möchte ich die heute anwesenden Gemeindevertreter. Sie repräsentieren den Willen der Bürgerinnen und Bürger Henstedt-Ulzburgs und tragen als politische Entscheidungsträger für die Geschicke unserer Gemeinde eine große Verantwortung. Hierfür gilt Ihnen unser aller Respekt und Dank. Es ist keine Selbstverständlichkeit, Freizeit zu opfern, Privates hintenan zu stellen und die Energie aufzubringen, um ehrenamtlich unsere Gemeinde mitzugestalten und voranzubringen. Ich wünsche Ihnen dabei die erforderliche Sensibilität, Respekt im Umgang miteinander sowie viel Kraft für notwendige und gute Entscheidungen für uns alle. Handeln Sie immer in dem Bewusstsein, dass Sie die Interessen dieser Gemeinde und ihrer Menschen vertreten. Beachten sie, dass die Bürgerinnen und Bürger sehr wohl registrieren, wenn persönliche Aspekte bzw. parteipolitische Strategien im Vordergrund stehen. Das habe ich in den vergangenen Monaten aus vielen persönlichen Rückmeldungen sehr deutlich wahrgenommen.

Ich erwarte daher von Ihnen als Gemeindevertreter, dass sie dieser Verantwortung mit viel Herz, Weitblick und Disziplin sowie der Bereitschaft für parteiübergreifende, gemeinsame Lösungen zum Wohl unserer Gemeinde nachkommen. Sie dürfen von mir wiederum eine allen gegenüber transparente, kommunikative und ehrliche Zusammenarbeit erwarten, mit einer kompetenten und motivierten Verwaltung als ihrer Seite und der aller Bürgerinnen und Bürger. In einem solchen Selbstverständnis steht am Ende auch ein gemeinsamer Erfolg.

Einen weiteren herzlichen Gruß entsende ich an meine Kollegen aus den Nachbargemeinden und Städten. Ich freue mich auf eine gute Nachbarschaft und ein konstruktives Miteinander. Lassen Sie uns gemeinsam für unsere Region das Bestmögliche erreichen, wissend, dass da jeder etwas anderes drunter verstehen mag – aber in Zeiten, in denen Haushaltsmittel zunehmend begrenzter werden und das ein oder andere finanzielle Desaster am Horizont bereits erkannt, ggf. sogar bereits eingetreten ist – wird ein Miteinander immer stärker zum Gebot der Stunde. Seien Sie versichert, dass ich mich der Verantwortung in der Region stellen und gerne mit Ihnen gemeinsam nach neuen Wegen, nach Auswegen und nach Alternativen suchen werde. Ich werde in den kommenden Wochen auch bei Ihnen zu einem Antrittsbesuch erscheinen und erhoffe mir einen guten gemeinsamen Dialog.

Meine Damen und Herren, liebe Gäste, unsere Gemeinde befindet sich in einer durchaus angespannten finanziellen Situation. Eine Amtszeit gleich mit einem Haushaltskonsolidierungsausschuss zu beginnen ist für mich alles andere als eine gute Startbedingung. Doch – positiv betrachtet: der wichtigste Schritt ist bereits getan: es ist die Erkenntnis gewachsen, dass sich etwas ändern muss. Das lässt sich in jeder Hinsicht auch als Chance begreifen. Wir müssen und werden gemeinsam Wege und Möglichkeiten finden, wie wir trotz des bereits gewachsenen Schuldenberges notwendige und für unsere Gemeinde positive Projekte voranbringen können. Diese Wege sind mühsam, und sicher auch unbequem. Und wir werden auch in Sackgassen landen. Daher, um die weiterführenden Wege zu erkennen bedarf es des Dialogs mit allen verantwortlichen Kräften. Meinem Leitspruch „willst Du weit kommen, gehe gemeinsam“ will ich auch hier treu bleiben.

Lassen Sie mich kurz einige Ziele ansprechen, die aus meiner Sicht besondere Bedeutung besitzen:

  • Zunächst sollte es unser aller Bestreben sein, dass Aufrecht zu erhalten, was in Henstedt-Ulzburg bereits gut aufgestellt ist. Wir sind eine familienfreundliche Gemeinde. Es gibt immer Verbesserungsmöglichkeiten, aber wir haben eine gute Versorgung im Bereich der Kinderbetreuung, der Schulen, zahlreiche Spielplätze, ein großes Freizeitangebot für jung und alt – insbesondere im Sport. Und wir sind eine tolle Gemeinde im Grünen mit Naherholungs- und Naturschutzgebieten im unmittelbaren Umfeld. Der überwiegende Teil unserer Bevölkerung – da bin ich mir sicher – lebt sehr gerne hier! Übrigens: ich auch!
  • Auch das Ehrenamt in unserem Ort ist beispielhaft. Menschen, die freiwillig und unentgeltlich Gutes leisten, sind für unsere Gemeinde fundamental. Ohne das Engagement in Vereinen, Gruppen, Verbänden und Kirchen wird uns unser gemeindlicher Reichtum an menschlichem Miteinander schwinden. Daher muss das ehrenamtliche Engagement von allen Verantwortungsträgern wertgeschätzt und unterstützt werden.
  • Wirtschaftsförderung ist und bleibt ein zentraler Dreh- und Angelpunkt. Dies bedeutet Unterstützung der kleinen und mittleren Unternehmen sowie der Handwerksbetriebe – sowohl der bereits vorhandenen Unternehmen als auch bei der Ansiedelung neuer Betriebe. Privates Geld wird dort investiert, wo verlässliche Rahmenbedingungen gegeben sind. Lassen Sie uns dabei auf eine intelligente, kreative – vor allem aber – behutsame und nachhaltige Entwicklung unserer Gewerbeflächen setzen. Dies wird sich mehrfach für uns auszahlen – da bin ich mir sicher.
  • Nur wo es sich gut und sicher leben lässt, leben, wohnen und arbeiten Menschen gerne. Keine Freiheit ohne Sicherheit! Eckpfeiler unserer Sicherheit sind insbesondere die leistungsstarken, professionellen und schnell reagierenden Kräfte von Polizei, Feuerwehr sowie den Einrichtungen der medizinischen Versorgung, Weiterhin ist eine funktionierende Verkehrsinfrastruktur – insbesondere ein gutes ÖPNV-Netz im Ort – von zentraler Bedeutung, damit Henstedt-Ulzburg für alle Generationen attraktiv und lebenswert bleibt.
  • Zusammen haben wir auch eine Verantwortung gegenüber der Natur und dem Klima und sind gefordert, hier einen stärkeren Beitrag zu leisten als bisher. Insbesondere im Klimaschutz kann Henstedt-Ulzburg eine noch aktivere Rolle einnehmen, wovon unsere Gemeinde dann sogar profitieren kann. Ein Beispiel: Strom aus Solar von unseren Dächern bietet Chancen, Klimaschutz zu betreiben und dabei zu sparen – bestmöglich sogar zu verdienen. Ich weiß, dass wir als Gemeinde in langfristigen Verträgen mit Energieversorgern gebunden sind – doch gerade mit dem nötigen Weitblick gilt: auch eine Reise von Tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt. Lassen Sie ihn uns gehen – vielleicht sogar gleich mit unseren Nachbarn zusammen.
  • Die Verwaltung ist für die Menschen da. Kompetenz und Freundlichkeit schafft zufriedene Bürgerinnen und Bürger. Unsere Verwaltung funktioniert und ist in vielen Bereichen gut aufgestellt. Dafür gilt mein Dank allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung. Ich möchte aber den Service noch verbessern. Mit einer monatlichen Bürgersprechstunde werde ich ab September dieses Jahres den kurzen Draht zu ihnen suchen. Das bedeutet, dass das Rathaus auf die Bürgerinnen und Bürger zugeht. Sie wird voraussichtlich reihum in den Ortsteilen und im Wechsel im Rathaus stattfinden. Und den Beginn mache ich auf dem Götzberg! Weiterhin werde ich die Öffnungszeiten überprüfen lassen, mit dem Ziel, insbesondere in den Nachmittagsstunden den Service für Arbeitnehmer zu verbessern. Anregungen, den Service für Sie weiter zu verbessern, stehe ich jederzeit offen gegenüber.

Sicher ist, auf uns alle wartet viel Arbeit und einfach wird es nicht. Wir – d.h. die örtliche Politik und die Verwaltung – werden den Menschen in Henstedt-Ulzburg auch Veränderungen zumuten müssen, die auch unangenehm sein können. Dabei nach mehrheitsfähigen Lösungen zu suchen, die Bürgerinnen und Bürger zu informieren und sie so weit wie möglich einzubeziehen, sollte unser gemeinsames Ziel in den kommenden Jahren sein. Lassen Sie uns die Dinge engagiert anpacken. Ich freue mich auf eine gute und erfolgreiche Zusammenarbeit mit meinen Vertretern Frau von Bressensdorf, Herr Dahmen und Herr Hennecke, mit Ihnen als Mitglieder der Gemeindevertretung, mit meinen Kolleginnen und Kollegen in der Verwaltung und nicht zuletzt mit den Bürgerinnen und Bürgern unserer Gemeinde.

Übrigens: Gemeinde … das sind wir alle zusammen. Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit und noch einen schönen Abend!"

Ein Kommentar zu diesem Artikel

25.05.2014, 12:54 Uhr AnonymousWillst du weit gehen....

Na, und dann war da noch Wilhelm Dahmen als erster stellvertr. Bürgermeister, der die Amtsgeschäfte nach der Beurlaubung von Thormählen führte. Aber er wurde aus diesem Amt abgewählt, weil er kritisch dem Bauvorhaben CCU gegenüber stand und v. Bressensdorf unbedingt das Zepter übernehmen sollte/wollte.
Der Bürgervorsteher Carsten Schäfer (damals noch WHU) wurde übrigens zu der Zeit ncht abgewählt, er wurde von der CDU trotz geänderter Mehrheitsverhältnisse geduldet.