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Dienstag, 16. Dezember 2003, 1:00 Uhr

150 fordern die "soziale Stadt"

Erste Kundgebung gegen den Kahlschlag im Sozial- und Jugendbereich

Olaf Harning | Damit hat das eilig zusammengetrommelte Bündnis der InitiatorInnen zunächst erreicht, was angepeilt war: Den Protest der Betroffenen - die unterschiedlicher kaum sein können - zusammenzuführen und in die Öffentlichkeit zu tragen. Da fiel es dann auch nicht allzu negativ auf, dass die Technik den VeranstalterInnen beinahe einen Strich durch die Rechnung machte. Auch fast eine halbe Stunde nach Kundgebungsbeginn war es den NutzerInnen des Jugendkulturcafés noch immer nicht gelungen, den eigens angemieteten Stromgenerator in Gang zu bringen. Erst mit Hilfe der Polizei konnten zumindest die Redebeiträge auch ohne Strom gehalten werden: Einsatzleiter Maik Schirdewahn stellte den VeranstalterInnen ein Megaphon zur Verfügung.
Unter dem Beifall der etwa 150 DemonstrantInnen, mehrheitlich JuKuCa-SympathiesantInnen und KiTa-Eltern, forderte nun Nico Friedrich (JuKuCa, Band "Raketenjungs") die Rücknahme der Kürzungsbeschlüsse im Sozial- und Jugendbereich. Insbesondere kritisierte er scharf, dass "die Norderstedter CDU anscheinend lieber Straßen baut, als sich um Jugendliche, Kinder und Senioren zu kümmern." Kerstin Lieber (Elternbeiratsvorsitzende Kindertagesstätte Tannenhofstraße) unterstützte diese Kritik anschliessend nachdrücklich, bevor Britta Buck (Bürgerinitiative gegen den Autobahnanschluss Norderstedt-Mitte) den jubelnden DemonstrantInnen entgegenrief: "Geld ist genug da - nur falsch verteilt !" Und am Ende spielten sie dann doch noch: Die Bands "Orchid", "Sunrise" und vor allem: Tom Shaka.
Neben den direkt Betroffenen waren aber auch Angehörige des Sozialen Zentrums, GewerkschafterInnen von ver.di, IG Metall und IG BAU, sowie Beschäftigte von Kindertagesstätten und Jugendeinrichtungen zur Kundgebung vor das Rathaus gekommen. Dort wiederum warteten etliche gespannt auf die Demonstration, um eine Einschätzung des Protestes zu gewinnen. Nicht nur ein Vorhang wurde am Dienstagabend hinter dunklen Fenstern aufgezogen, um unentdeckt das Treiben auf dem Rathausmarkt verfolgen zu können. Ohne Zweifel sind die Ersten in der Verwaltung bereits nervös geworden: So munkelt man von hektischen Bemühungen, den Aktivisten ihren bisherigen Treffpunkt - das schliessungsbedrohte JuKuCa - zu nehmen. Im Amt für junge Menschen herrscht derweil die mittlerweile leicht aggressive Haltung vor, dass die Jugendlichen sich "endlich an demokratische Spielregeln halten und die Entscheidung der Entscheidungsgremien akzeptieren" sollen.
Während es mit eben dieser Akzeptanz bislang nicht so klappt, halten sich die Jugendlichen wie auch ihre immer zahlreicheren BündnispartnerInnen wohl weit mehr an "demokratische Spielregeln" als es den "StadtverwalterInnen" gefällt. Sie nutzen derzeit geschickt Presse und Versammlungsrecht, um öffentlich für gemeinnützige und soziale Bedürfnisse der NorderstedterInnen einzutreten, während eine tatsächlich nur von 19 % (absolute Stimmenzahl) aller NorderstedterInnen gewählte CDU vorgibt, für den Kahlschlag im sozialen Bereich das Mandat der BürgerInnen zu haben.
Und so verabschieden die StadtvertreterInnen mit christdemokratischer Mehrheit die wohl härtesten Einschnitte in die sozialen Leistungen Norderstedts seit Stadtgründung und hoffen, dass die Proteste dagegen zügig abebben. Das wiederum scheint nicht der Fall: Bereits jetzt mobilisieren einzelne Gruppen für eine erneute Demonstration zur Stadtvertretersitzung am 27. Januar. Und am 11. Januar bittet Kürzungs-Bürgermeister Grote zum Neujahrsempfang. Bleibt abzuwarten, wen er dann so alles empfangen muss.

Veröffentlicht in Soziales mit den Schlagworten CDU, IG BAU, Norderstedt, Polizei, ver.di