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Montag, 3. Juni 2013, 22:53 Uhr
2.000 Norderstedter mehr ... oder?
Verwirrung um den Mikrozensus
Infoarchiv Norderstedt | Eine Zahl sorgte in den letzten Tagen für Verwirrung: Knapp 23 Prozent mehr Einwohner als bislang verzeichnet sollte der Kreis Segeberg laut NDR haben. Das habe die Auswertung des Mikrozensus 2011 ergeben. Dabei vermischte der Sender jedoch Veränderungen zum Jahr 1987 mit aktuellen Abweichungen.
Städe im Kreis Segeberg
Stadt | Zens. | 2011 | 1987 | |
Norderstedt | 73.913 | +2,7 | 71.993 | 65.976 |
Henstedt-Ubg. | 26.658 | - 1,9 | 27.183 | 19.408 |
Kaltenkirchen | 19.709 | - 1,8 | 20.078 | 12.640 |
Bad Segeberg | 16.592 | +5,0 | 15.804 | 14.584 |
B. Bramstedt | 13.605 | - 1,4 | 13.793 | 9.366 |
Wahlstedt | 9.366 | +1,4 | 9.240 | 9.041 |
Der Zensus hat die Einwohnerzahlen im Mai 2011 ermittelt (fett hervorgehoben), Plus oder Minus dokumentiert die Veränderung von den für 2011 fortgeschriebenen, also statistisch geschätzten Zahlen. 1987 wurden die Einwohnerzahlen per Volkszählung ermittelt.
22,9% EinwohnerInnen mehr jedenfalls zählt der Kreis Segeberg lediglich im Vergleich mit dem Jahr der letzten Volkszählung: Im Mai 2011 erfasste man 260.665 Segebergerinnen und Segeberger, vor 26 Jahren waren es noch fast 50.000 weniger. Die Abweichung zwischen den aktuellen Daten der Einwohnermeldeämter und den Ergebnissen des Zensus beträgt auf Kreisebene gerade einmal 0,5%. Allerdings ergaben sich regional große Unterschiede: Bis zu 12,3 Prozent mehr und 7,3 Prozent weniger BewohnerInnen als bislang statistisch "fortgeschrieben", ergab der Mikrozensus für die Kommunen im Kreis Segeberg und auch das Einwohner-Ranking der Städte muss hier und da überarbeitet werden.
So hat die Kreisstadt Bad Segeberg laut Zensus fast 800 Einwohner mehr, als zuletzt offiziell verzeichnet (+ 5%), Norderstedt gewinnt demnach sogar fast 2.000 Bürger hinzu (+ 2,7%), kommt demnach jetzt auf 73.913 Einwohner. Merkwürdig nur, dass die Städte selbst schon vor Bekanntgabe der Zensus-Ergebnisse mit ganz anderen Zahlen arbeiteten. Zieht man etwa die Homepage der Stadt Norderstedt zu Rate, ist von 75.532 NorderstedterInnen die Rede, brandaktuell rechnet man im Rathaus sogar mit 76.103 - Tendenz steigend. Laut Hauke Borchardt, Pressesprecher der Stadtverwaltung, ermittelt das hiesige Einwohnermeldeamt seine Zahlen schon seit 2008 mit "OK.EWO", einem bislang zuverlässigen IT-Programm für das kommunale Meldewesen. Das gleicht seine Daten unter anderem mit dem Wählerverzeichnis oder auch der Zahl der jeweiligen Schulanfänger ab. Massive Abweichungen, wie jetzt in Plön bekannt geworden, scheinen damit ausgeschlossen, die Abweichungen zu den Werten der jüngsten Erhebung kann niemand so recht erklären.
Größte Veränderungen
Ort | Zens. | 2011 | 1987 | |
Dreggers | 64 | +12,3 | 57 | 51 |
Hagen | 469 | +12,2 | 418 | 412 |
Winsen | 432 | + 9,1 | 396 | 361 |
Travenhorst | 215 | + 9,1 | 197 | 203 |
Borstel | 114 | - 7,3 | 123 | 126 |
Negernbötel | 998 | - 7,0 | 1.027 | 769 |
Schackendorf | 761 | - 6,9 | 817 | 658 |
Erklärung zur Tabelle siehe Kasten oben.
Unklar bleibt auch, was die Zahlen des Mikrozensus für die Kommunen bedeuten. Immerhin werden auf Grundlage dieser offiziellen Statistiken Steuerzuweisungen berechnet oder auch der kommunale Finanzausgleich, bei dem wirtschaftsstarke Kommunen schwächere Orte unterstützen. Laut Borchardt geht die Stadt Norderstedt nun erst einmal vorsichtig davon aus, künftig höhere Zuweisungen zu erhalten - bzw. weniger Umlagen zu zahlen. "Denn bislang", stellt der Sprecher klar, "sind wir Zahler, nicht Empfänger". Weil das Land Schleswig-Holstein laut Zensus rund 1,2% weniger Bürger verzeichnet, ist die Finanzkraft pro Kopf höher, als bislang erwartet. In Norderstedt hingegen ist das Gegenteil der Fall: Die Finanzkraft verteilt sich auf deutlich mehr Köpfe. Auch die Kreisumlage müsste laut Borchardt sinken, weil der Bevölkerungszuwachs in der Fläche deutlich geringer ausfällt, als in Norderstedt. Ob die Stadt am Ende auch tatsächlich nur um einen müden Euro besser dasteht, als vor dem Zensus, ist aber völlig unkar: Für 2014 sind bereits Übergangsregelungen für die neu zu berechnenden Kommunen vorgesehen und 2015 will die Landesregierung die kommunale Finanzierung in Teilen neu ordnen - und dabei mit Sicherheit kein Geld verteilen.
Neben Einwohnerzahlen der einzelnen Kommunen hat der Mikrozensus bundesweit auch eine ganze Reihe soziokultureller Daten hervorgebracht. So ist die Bundesrepublik Deutschland insgesamt um 1,5 Millionen auf nun 80,2 Millionen EinwohnerInnen geschrumpft - vor allem um Ausländerinnen und Ausländer, die sich bei ihrer Ausreise nicht abgemeldet haben. Während der Anteil der Ausländer mit 7,3% insgesamt niedriger ist, als bislang angenommen, ist die Gruppe aller Menschen "mit Migrationshintergrund", also mit Kindern und Kindeskindern der Einwanderer sowie Eingebürgerten, mit 19 Prozent deutlich höher als gedacht. Außerdem geht der Trend zum Single-Haushalt: Alleine die Zahl der Ein-Personen-Haushalte ist in den letzten 20 Jahren um 4,5 Millionen auf nun 11,4 Millionen oder knapp 20% gewachsen. Die klassische Familie ist laut Zensus auf dem Rückzug: Von den 12,6 Millionen Familien mit minder- oder volljährigen Kindern waren 2011 nur noch 73% verheiratet - 1996 machten die Ehepaare noch 79 Prozent aus.