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Montag, 26. August 2013, 11:11 Uhr

Altlast trifft Niedrigzins

Die Sparkasse Südholstein streicht Stellen, Filialen - und ihren Vorstandschef

Schaufensterscheibe der Sparkasse Südholstein am Herold-Center.

"Das Sparkassen-Finanzkonzept" ... hat Lücken: Mehr als 160 Arbeistplätze könnte der jetzt beschlossene Sanierungskurs kosten (Foto: Infoarchiv)

Olaf Harning | Nach Jahren verhagelter Bilanzen hat die Sparkasse Südholstein einen harten Sanierungskurs angekündigt. Rund 160 Mitarbeiter müssen gehen, auch Vorstandschef Ralph Schmieder räumt seinen Posten.

Offene Türen der Filiale an der Ulzburger Straße.

Filiale Ulzburger Straße in Norderstedt: Stellenabbau statt Ausweitung des Leistungsangebots? (Foto: Infoarchiv)

Hintergrund der Konsolidierung ist einerseits das anhaltend niedrige Zinsniveau und das in diesem Zusammenhang schwächelnde Kreditgeschäft. Darüber hinaus aber leidet das von einem Zweckverband der Kreise Segeberg, Pinneberg sowie der Städte Uetersen und Neumünster getragene Unternehmen unter Altlasten, die Schmieder und sein Vorstand seit Jahren nicht in den Griff bekommen. So brachte die Kreissparkasse Segeberg 2003 bei der Fusion mit ihrer „Schwester“ aus Pinneberg rund 600 ungesicherte Kredite mit, die einen Ausfall von knapp 100 Millionen Euro bedeuteten. Außerdem leidet das schließlich 2005 durch Fusion mit der Stadtsparkasse Neumünster entstandene Geldhaus unter seinen Anteilen an der HSH Nordbank. Um fast 600 Millionen Euro soll der Wert der Anteile aller Sparkassen an der maroden Landesbank gesunken sein, alleine 65 Millionen davon entfielen auf Südholstein.

Portrait Almut Auerbach

Almut Auerbach (Foto: ver.di)

Wie meist in solchen Fällen, trifft die Lösung der Probleme jetzt die Beschäftigten. Während man die hohen Anforderungen, die das Bankenabkommen „Basel III“ an Geldhäuser stellt, nach drei Geldspitzen aus der Sparkassen-Familie erfüllen kann, hat man den Abschreibungen bei zeitgleich sinkender Bilanzsumme wenig entgegenzusetzen. „Wie alle Banken und Sparkassen müssen wir auf der Kostenseite gegensteuern“, sagt Schmieder, „und unsere Personal- und Infrastruktur anpassen.“ Da fällt selbst Almut Auerbach nichts mehr ein, was grundsätzlich gegen den Personalabbau spricht: „Das Bankgeschäft ist zurückgegangen, die Abschreibungen zwingen die Sparkasse zum Handeln. Selbst der Personalrat sieht die Notwendigkeit, das mitzutragen“, sagt die Geschäftsführerin von ver.di-Südholstein. Sie mahnt allerdings an, die Sanierung sozialverträglich zu gestalten, also im Wesentlichen auf Kündigungen zu verzichten. Stattdessen sollen Instrumente wie die Altersteilzeit oder die natürliche Fluktuation genutzt werden. 130 Vollzeitstellen will das Unternehmen abbauen, weil aber viele der insgesamt 1000 MitarbeiterInnen in Teilzeit arbeiten, können daraus leicht 160 Arbeitsplätze werden. „Oder mehr“, wie Auerbach befürchtet.

Dass auch Schmieder selbst seinen Posten räumt und einem Sanierer Platz macht, wird von Branchenkennern eher dem Druck der Geldgeber, denn persönlicher Entschlusskraft zugeschrieben. Derweil gefährden Personalabbau und Filialschließungen die zuletzt angekündigte Stärkung des Leistungsangebots. Wo eigentlich „Spezialisten für Vermögensanlagen, Versicherungen und Immobilienfinanzierungen“ die Kundenberater ergänzen sollten, folgen jetzt harte Einschnitte. Wie das zusammenpasst, kann auch Imke Gernand noch nicht sagen. Die Pressesprecherin des Geldhauses kündigt aber einen „aufgabenorientierten“ Abbau an, für den man sich bis 2018 Zeit lassen will. Außerdem sei das Leistungsangebot auch eine „Organisationsfrage“ - weniger Mitarbeiter bedeuteten nicht automatisch weniger Leistung.

Nicht im Widerspruch zur Schieflage stehen laut Gernand auch die zahlreichen Sponsoring-Aktivitäten des Unternehmens. Wenn man etwa als Partner einer Landesgartenschau auftritt oder gemeinnützige Projekte unterstützt, werde das in der Regel aus Mitteln einer unternehmenseigenen Stiftung bestritten. Damit bekenne sich die Sparkasse zu ihren sozialen Verpflichtungen in der Region und zur Wirtschaftsförderung.

 

Dieser Artikel ist zunächst im "Neuen Deutschland" erschienen. Wir danken für die Erlaubnis zur Nachveröffentlichung.