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Donnerstag, 23. September 2004, 2:00 Uhr

Auf die harte Tour

Erneute Vorwürfe gegen das Sozialamt in Henstedt Ulzburg

Info Archiv | Eigentlich gar keine Frage: Kommen Menschen in sozialen Notlagen zu Hilfseinrichtungen und können ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten, wird ihnen ein Gang zum örtlichen Sozialamt geraten. In Henstedt-Ulzburg ist das anders. Dort wird Menschen in der Not geraten, schnellstmöglichst aus der Großgemeinde fortzuziehen. Die Zahlen sprechen für sich: In Henstedt-Ulzburg gibt es wesentlich weniger Unterstützung zum Leben als in anderen, auch kleineren Orten. In Kaltenkirchen erhalten derzeit 990 Personen Hilfe zum Lebensunterhalt, in Henstedt-Ulzburg sind es 119. Im Jahre 2002 wurden 239 Anträge gestellt, aber nur 37 bewilligt.
An Fallbeispielen mangelt es nicht: Mal werden Hilfesuchende rassistisch beschimpft, mal reichen anonyme Hinweise, um einer Mutter das Sozialgeld zu streichen. Mal werden Anträge wochenlang nicht entschieden und schließlich als sichtlich unbegründet interpretiert, schließlich habe die hilfesuchende Person ja die Wochen ohne Geld irgendwie überlebt. Na bitte, geht doch.
Im jüngsten Fall meldete sich eine alleinerziehende Mutter zu Wort, die vom Sozialamt eine gebrauchte und schimmelbefallene Waschmaschine erhalten hatte. Eine lebensbedrohliche Angelegenheit, wie ein ärztliches Attest bestätigt, denn die Frau leidet an einer schweren Schimmel- und Hausstauballergie. Aber da helfen auch medizinische Gutachten nichts: Die Waschmaschine wurde nach wie vor nicht ausgetauscht.
Kein Einzelschicksal: In der Sozial-, Schuldner- und Insolvenzberatung des Diakonischen Werkes im Kirchenkreis Niendorf gibt es gar eine Akte mit vom Sozialamt Henstedt-Ulzburg abgewiesenen Fällen. Zwar ist es schwer dem Sozialamt einen gesetzlichen Verstoß vorzuwerfen, aber die "harte Art", wie die Leiterin der Einrichtung, Maria Berg, das Klima im Sozialamt beschreibt, reicht offensichtlich aus, um Hilfesuchende abzuschrecken. Den Antragstellern werden z.B. nur Fristen von drei bis fünf Tagen eingeräumt, um Unterlagen zu bringen, sonst wird wegen mangelnder Mitwirkung abgelehnt. Nach ihren Erfahrungen sei es schwierig, in Henstedt-Ulzburg Belange anzumelden und Ansprüche durchzusetzen.
Örtliche und überregionale Hilfsorganisationen, aber auch Gemeindepolitiker kritisieren laut Norderstedter Zeitung den Umgang des Sozialamtes mit Hilfesuchenden. Die Hauptvorwürfe: Ermessensspielräume werden zu Ungunsten der Betroffenen ausgelegt und Antragsteller werden schlecht beraten. Obwohl die Hilfseinrichtungen vor Ort mit den Schicksalen der in Not geratenen Menschen konfrontiert sind, und aushelfen, wenn Anträge abgelehnt werden, ist der Protest eher verhalten, denn: "...Wegen der oft engen finanziellen Verflechtungen mit der Gemeinde wird von öffentlichen Vorwürfen Abstand genommen.". Auch der SPD-Fraktionsvorsitzender Horst Ostwald st überzeugt dass rechtliche Spielräume oft zu Ungunsten der Antragsteller ausgelegt werden. "In Nachbarorten ist das anders", versichert er der Norderstedter Zeitung. Eine Stellungnahme der Sozialamts-SachbearbeiterInnen zu den Vorwürfen ist hingegen nicht zu kriegen. Sie "dürfen und wollen nichts sagen", erteilen sie Auskunft und müssen sich, scheint?s auch hier genauso zugeknöpft verhalten, wie im Umgang mit notleidenden Menschen.

Oberster Dienstherr des Sozialamtes: Bürgermeister Volker Dornquast

Veröffentlicht in Soziales mit den Schlagworten Henstedt-Ulzburg, Norderstedt, SPD