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Samstag, 23. Februar 2013, 15:51 Uhr

Ein Stolperstein für Arthur Koß

Ehrung für einen militanten Antifaschisten

Alexander Fuhse | Am 20. Februar wurde ein weiterer sogenannter „Stolperstein“ in der Fritz-Schmacher-Siedlung in Langenhorn verlegt. Die in den Gehweg vor dem Haus Fritz-Schumacher-Allee 33 eingelassene Gedenktafel erinnert an den ehemaligen Siedlungs-Bewohner und Antifaschisten Arthur Koß.

Stolperstein für Arthur Koß

Der Stolperstein für Arthur Koß (Foto: J.G.)

Als Jugendlicher zog Arthur Koß von Barmbek mit seinen Eltern und vier jüngeren Geschwistern in die 1920 entstehende Langenhorner Staatssiedlung. Zusammen mit anderen Siedlungs-Jugendlichen gründete der gelernte Modelltischler dort die Langenhorner Ortsgruppe der Sozialistischen Arbeiter Jugend. Wie viele Erst-Bewohner der Siedlung engagierte sich Koß in einer der Arbeiter-Parteien und war später im bewaffneten Widerstand gegen den erstarkenden Nationalsozialismus aktiv. Er trat der KPD bei. 1933 wurde er verhaftet, in das KZ Fuhlsbüttel eingeliefert und wegen Hochverrat in Verbindung wegen Verstößen gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz angeklagt. Arthur Koß mußte eine langjährige Haftzeit in den Konzentrationslagern Fuhlsbüttel, Papenburg und Neuengamme überstehen. Der Langenhorner Widerstandskämpfer Helmuth Warnke schreibt in seinem 1983 erschienenen Buch „Der verratene Traum – Das kurze Leben einer Hamburger Arbeitersiedlung“: „Das schlimmste Schicksal von allen politisch Verfolgten in der Siedlung war dem Antifaschisten Arthur Koß beschieden. (…) Nach den schweren Bombenangriffen auf Hamburg 1943 wurde er von der SS einem Aufräumkommando zugeteilt, das Leichen bergen und Bomben wegräumen mußte. Bei dieser Gelegenheit konnte ich ihn einmal heimlich in der Nähe des U-Bahnhofes Wagnerstrasse – heute Hamburger Strasse- ein paar Minuten sprechen und Lebensmittel zustecken. Es war nach vielen Jahren das erste und auch letzte Wiedersehen.“ Als politischer Häftling wurde er kurz vor Kriegsende im November 1944 in die SS-Sturmbrigade Dirlewanger gezwungen, die an der slowakisch-ungarischen Grenze gegen die Rote Armee kämpfte. Ein Teil der dort zwangsrekrutierten Antifaschisten konnte die Front überwinden und überlaufen. Arthur Koß schaffte es nicht. Er wurde am 13.12.1944 getötet.

Fast 70 Jahre nach dem tragischen Tod von Arthur Koß erinnert nun ein „Stolperstein“ an sein Leben. Die Umstände, unter denen der nun zahlreich vorliegende schriftliche Nachlass des Antifaschisten Arthur Koß entdeckt wurde, sind beachtenswert. Auf einem Sperrmüll am Langenhorner Eberhofweg / Eberhofstieg fand die Mutter eines Schülers der Fritz-Schumacher-Schule in den 80´er Jahren ein Bündel mit 135 Briefen, die Koß aus der Haft und später aus dem Krieg an seine Frau Karla schrieb. Sie übergab die Schriftstücke dem Schulleiter mit den Worten: "In der Schule sind die Briefe besser aufgehoben." Der damalige Lehrer Werner Schwentker sichtete diese Briefe und nahm Kontakt zu Arthur Koß´ Angehörigen auf. Sie forschten gemeinsam nach Zeitzeugen, führten Gespräche und digitalisierten die Briefe und Aufzeichnungen. Durch weitere intensive Nachforschungen gelang es Angehörigen und Freunden, detaillierte Aufzeichnungen aus der Feder von Arthur Koß zusammenzutragen.

Einweihung des Stolpersteins für Carl Suhling im Februar 2012

Schon im Februar 2012 wurde im Wattkorn ein Stolperstein für den Antifaschisten Carl Suhling eingeweiht (Foto: Infoarchiv)

Neben den Briefen aus der Haft wurde sein Tagebuch digitalisiert und dort Original und Transkription gegenübergestellt. Zudem liegen mittlerweile Gefängnisakten sowie eine Sammlung von Postkarten vor. Diese lebendigen Zeugnisse zeichnen ein erstaunlich scharfes Bild von Arthur Koß, der über all die langen Jahre in der Haft bis zum Schluß an der Front gehofft hat, zu seiner Frau Karla zurückzukehren. Den letzten Brief an seine Frau schrieb er am 11. Dezember 1944, zwei Tage vor seinem Tod, aus der Slowakei: „Meine liebe Clara, vor Allem erstmal einen schönen Gruß und meinen herzlichen Glückwunsch zu deinem Geburtstag. Ich wünsche dir daß du diesen Tag den Umständen entsprechend gut verlebst. Es wird wohl der letzte sein, den wir getrennt verleben müssen. (…) Und ich habe auch den festen Willen hier ebenso durchzukommen wie die Jahre bisher und ich bin ganz zuversichtlich, dass für uns beide doch in nicht allzu ferner Zeit eine neue und bessere Episode beginnen wird. Jedenfalls werde ich mich so halten, da ich auch weiterhin jedem Menschen frei ins Auge sehen kann, noch hat mein Name seinen guten Klang und so wird es auch bleiben. Jetzt will ich noch ein paar Minuten im Sitzen schlafen, und dann gehts weiter. Und jetzt mein Mädchen sei herzlich gegrüßt und geküßt von deinem Arthur."

Nachtrag der Redaktion: Wann der Stolperstein eingeweiht wird, steht zur Zeit noch nicht fest, das Infoarchiv wird den Termin aber ankündigen. Bereits am 3. März ehrt die Siedlung Adele Rühl mit einem Stolperstein.

2 Kommentare zu diesem Artikel

25.02.2013, 23:20 Uhr Infoarchiv NorderstedtErläuterung zum ersten Kommentar:

Vielen Dank für die Berichtigung! Unser Autor hat den Text daraufhin noch einmal leicht umgestellt. Ihren Kommentar lassen wir dennoch stehen, weil er zusätzliche Informationen enthält, die wir unseren LeserInnen nicht vorenthalten wollen.

Die Redaktion

25.02.2013, 22:57 Uhr Werner SchwentkerStolperstein Arthur Koß

Richtigstellung:
Nicht Schüler der Fritz-Schumacher-Schule fanden die Briefe, sondern die Mutter eines Schülers. Sie gab die Briefe dem Schulleiter mit den Worten: "In der Schule sind die Briefe besser aufgehoben." Der Fundort war übrigens nicht im Diekmoorweg, sondern Eberhofweg / Eberhofstieg. Hier hatte seine Frau Karla gewohnt, die 1987 im Altersheim Röweland verstarb. Wie und warum die Briefe auf den Sperrmüll kamen, ist bis heute ein Rätsel.
Ich versuchte nicht Kontakt aufzunehmen, sondern ich nahm tatsächlich Kontakt zu Carl Koss auf, mit dem ich gemeinsam Recherche betrieb. Wir teilten uns die Arbeit ein: Gespräche und Besuche mit Zeitzeugen, alles Handschriftliche übertragen, Scans und Bearbeiten der Dokumente.

Ich bitte dies zu ändern, da in Bezug auf die Briefe (Fundort, Besitz) abenteuerliche Gerüchte existieren.