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Mittwoch, 18. Dezember 2013, 9:00 Uhr

Heiße Luft am Schmuggelstieg

Sozialdemokraten: "Einer vor, zwei zurück"

Die betreffende Ladenzeile Am Tarpenufer

Die "abgängige" Ladenzeile am Tarpenufer: Hier will der Investor 40 Mietwohnungen, 2.500 m2 Gewerbefläche und eine Parkpalette errichten (Foto: Infoarchiv)

Infoarchiv Norderstedt | Erst verweigerten SPD, LINKE und GRÜNE dem Bauprojekt "Wohnen und Einkaufen am Tarpenufer" ihre Zustimmung, weil die Unternehmensgruppe Bruhn zwar 40 Wohneinheiten, aber offenbar keine einzige Sozialwohnung bauen will. Jetzt rudert SPD-Fraktionschef Jürgen Lange mit kräftigen Schlägen zurück. Tenor: "Wir wollten ja nur mal fragen ...".

Der Norderstedter "Grundsatzbeschluss" zum Sozialen Wohnungsbau:

 

In ihrer Sitzung vom 23. April 2013 hat die Stadtvertretung auf Antrag von SPD und CDU beschlossen, dass "bei der Ausweisung neuer Bebauungsgebiete" künftig "30% der Geschossflächen für den geförderten Wohnungsbau" gesichert werden sollten. Zuvor hatte die CDU verhindert, dass ein "muss" im Antragstext steht und dass die Regelung für alle Wohneinheiten, also auch für Reihen-, Doppel- und Einzelhaussiedlungen gilt.

 

Ausgelöst worden war die Debatte durch Forderungen von GALiN und DIE LINKE. Letztere hatte die 30-Prozent-Klausel auch ins Spiel gebracht, war damit aber zunächst auf taube Ohren gestoßen.

Es sei wohl ein falscher Eindruck entstanden, erklärte der Sozialdemokrat am Freitag in der Norderstedter Zeitung (NZ), tatsächlich habe man "dieses wichtige Projekt für den Schmuggelstieg keinesfalls blockieren, sondern möglichst schnell auf den Weg bringen" wollen. Nur weil die Verwaltung auch auf wiederholte Nachfrage nicht sagen konnte, ob auch sozialer Wohnraum errichtet werde, habe man den Bebauungsplan vorläufig abgelehnt. Sofern der Investor am Ende keine Sozialwohnungen will, sei das für die SPD kein Grund, das gesamte Vorhaben zu stoppen.

Nur zwei Tage zuvor hatte das noch etwas anders geklungen, da machte Lange den Fraktionen von CDU, FDP und WIN schwere Vorhaltungen. Unter dem Motto "Unterstützung des Sozialen Wohnungsbaus nur im Wahlkampf", warf er ihnen via Presseerklärung vor, mit der Zustimmung zum Projekt ihr Desinteresse am Sozialen Wohnungsbau zu dokumentieren. Außerdem machte er deutlich, dass er das Bauprojekt am Schmuggelstieg sehr wohl unter dem Einfluss des Grundsatzbeschlusses der Stadtvertretung sieht, im Geschosswohnungsbau stets 30 Prozent Sozialwohnungen zu erzwingen: "Dass bei der Erarbeitung neuer B-Pläne auch die Grundsatzbeschlüsse der Stadtvertretung zu berücksichtigen sind", so Lange in seiner Erklärung, "sollte selbstverständlich sein. Die SPD hat deshalb kein Verständnis für das Verhalten von CDU, FDP und WIN."

Kommentar

 

Keine Frage: Man kann sich auf den Standpunkt stellen, dass neben neuen Bauprojekten auch bereits in Planung befindlicher Geschosswohnungsbau gefälligst den Bau von Sozialwohnungen beinhalten muss. Ebenso schlüssig ist das Argument, Investoren nach jahrelanger Planung nicht plötzlich neue Vorgaben machen zu wollen.

Umso problematischer die Haltung von SPD-Fraktionschef Jürgen Lange: Wer einen über Jahre diskutierten B-Plan wegen fehlender Sozialwohnungen blockiert und anschließend CDU, FDP und WIN vorwirft, nur im Wahlkampf sozialen Wohnungsbau zu wollen, muss am Ende mehr bieten als ein "wir wollten ja nur mal fragen". Denn was soll die Frage, wenn Lange gleichzeitig erklärt, dass er dem Projekt zustimmt, egal was der Investor antwortet. Dieses Schattenboxen bewirkt am Ende nur Eines: Dass politische Aussagen von niemandem mehr ernstgenommen werden.

 

Olaf Harning

Den Streit entfacht hatte derweil LINKEN-Fraktionschef Miro Berbig, als er in der entscheidenden Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Verkehr seine Zustimmung an den Bau von Sozialwohnungen koppelte. SPD und Grüne schlossen sich der Kritik an und Lange formulierte schließlich den Antrag, "dass bis zur Beschlussfassung am 4.2.2014 in der Stadtvertretung der Vorhabenträger eine Aussage zur Realisierung des Sozialen Wohnungsbaus im neuen B-Plan machen solle." Nicht wenige der Ausschussmitglieder verstanden das als klares "Nein" für den Fall, dass keine Sozialwohnungen gebaut werden. So auch Gert Leiteritz: Nach Sitzungsende äußerte sich der CDU-Fraktionsvorsitzende "stinksauer", SPD, Grüne und DIE LINKE würden das Ansehen der Stadt schädigen. Die Projektverträge am Tarpenufer, so Leiteritz, seien bereits seit drei Jahren in Planung, daher handele es sich keinesfalls um ein neues Projekt, bei dem die "Sozialwohnungs-Klausel" greife. "Das Ergebnis kann sein, dass der Investor jetzt abspringt, und das hätte für die Geschäftsleute und Kunden katastrophale Folgen", so Leiteritz gegenüber der NZ.

Enttäuscht aber gefasst zeigte sich der Investor selbst. Nach Aussagen von Geschäftsführer Kay Brahmst will man zunächst weitere Gespräche mit der Stadtverwaltung führen, bevor man sich zum Fortgang des Projekts äußert. Nach dem Einknicken Lange´s könnte sich dieses Gespräch bereits erledigt haben, ein Durchwinken des B-Plans in der Februar-Sitzung der Stadtvertretung gilt als wahrscheinlich. Bereits im Frühjahr wollen Brahmst und Kollegen mit dem Abriss der Ladenzeile beginnen, binnen eineinhalb Jahren sollen dort dann 40 Zwei- und Dreizimmerwohnungen, 2.500 m2 Gewerbefläche und eine neue Parkpalette entstehen.