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Donnerstag, 19. September 2013, 16:09 Uhr

"Er ist eben ein Schwiegermuttertyp"

Thormählen gibt den von Guttenberg

Fraktionsspitzen, Bürgervorsteher und ehrenamtliche Bürgermeisterin.

Wollen ihren Verwaltungschef loswerden, oben v.l.: Michael Meschede (CDU), Karin Honerlah (WHU), Klaus-Peter Eberhard (FDP), Bürgervorsteher Uwe Schmidt (CDU), Horst Ostwald (SPD) und Tile Abel (BfB). Sitzend v.l.: Gemeindeanwalt Dr. Ulrich Mann und die stellvertretende Bürgermeisterin Elisabeth von Bressensdorf (CDU), Foto: Infoarchiv

Olaf Harning | Das Ringen um den schwer betrugsverdächtigen Henstedt-Ulzburger Bürgermeister Torsten Thormählen geht in die letzte Runde. In einer denkwürdigen Pressekonferenz machten Kommunalpolitik und Gemeindeverwaltung noch einmal deutlich, warum die Abwahl des parteilosen Verwaltungschefs am Sonntag unvermeidbar ist. Doch Thormählen hat viele Freunde im Ort.

Thormählen wird vorgeworfen, als Vorstand der Kommunalbetriebe Ellerau (KBE) zwischen 2007 und 2011 erhebliche Nebeneinkünfte bezogen und diese seinen Dienstherren nicht oder nur teilweise angezeigt zu haben. Einem entsprechenden Strafantrag der Staatsanwaltschaft hat das Amtsgericht Norderstedt Ende Juni diesen Jahres entsprochen und Thormählen einen Strafbefehl über zehn Monate Haft auf Bewährung zugestellt. Außerdem soll er 10.000 Euro als Bewährungsauflage an die Landeskasse zahlen.

Nach seiner Suspendierung im Februar 2012 hatte Thormählen zunächst fast eineinhalb Jahre lang geschwiegen und auch einen Fragenkatalog der Gemeindevertreter unbeantwortet gelassen. Auch deshalb entschieden sich nach Bekanntwerden des Strafantrags sämtliche 41 GemeindevertreterInnen für die Ingangsetzung eines Abwahlverfahrens. Erst am 14. August 2013 äußerte sich der suspendierte Verwaltungschef dann öffentlich zu den Vorwürfen und wies im Rahmen einer Bürgerversammlung sämtliche gegen ihn vorgebrachten Anschuldigungen zurück. Auch gegen den Strafbefehl kündigte er Rechtsmittel an. Als er abschließend dennoch zu seiner Abwahl aufrief, um weiteren Schaden von der Gemeinde abzuwenden, verabschiedeten ihn viele der fast 500 Anwesenden mit donnerndem Applaus. In Leserbriefen und sogar Anzeigen schlugen sich zuletzt zahlreiche BürgerInnen auf Thormählens Seite, darunter namhafte CDU-Mitglieder wie der ehemalige Bürgervorsteher Joachim Süme oder Bauunternehmer Volker Manke. Sie sehen durch das Abwahlverfahren das Institut der Unschuldsvermutung beschädigt, da gegen den Bürgermeister noch kein rechtskräftiges Urteil vorliege.

Thormählen war 2007 vom Bürgermeisterstuhl Elleraus auf einen Dezernentenposten der Stadt Norderstedt gewechselt und hatte sich 2010 von dort aus erfolgreich um das Bürgermeisteramt in Henstedt-Ulzburg beworben. Für seine Nebentätigkeit als KBE-Vorstand sollte er laut Beschluss des dortigen Verwaltungsrats 27.600 Euro jährlich erhalten, von diesem Gehalt hätte er allerdings einen Großteil an die genannten Kommunen abführen müssen. Um das zu umgehen, so jedenfalls der Vorwurf, initiierte Thormählen ein sogenanntes "In-sich-Geschäft" mit dem ehemaligen KBE-Prokuristen Klaus Lange: Dessen Firma "Innova 2000" erhielt von den Kommunalbetrieben fortan rund 10.000 Euro im Quartal für nicht näher bezeichnete Beratungsleistungen und schloss ihrererseits einen Beratervertrag mit Thormählen ab - dotiert mit monatlich 1.500 Euro. Offiziell ließ sich der Spitzenbeamte für seine Arbeit als KBE-Vorstand lediglich 800 Euro monatlich zahlen, davon 400 Euro für "Auslagen" - eine Größenordnung, die den abführungspflichtigen Betrag unterschreitet. Zählt man nun beide Einkünfte zusammen, ergeben sich wieder genau jene 27.600 Euro, die ursprünglich für seine Tätigkeit vorgesehen waren.

Pressekonferenz zur Abwahl von Torsten Thormählen

Dr. Mann erläutert die Hintergründe des Abwahlverfahrens (Foto: Infoarchiv)

Diese Vorwürfe untermauerte jetzt auch Dr. Ulrich Mann, seines Zeichens Rechtsanwalt der Gemeinde Henstedt-Ulzburg. Im Rahmen einer eilig anberaumten Pressekonferenz erläuterte er noch einmal die Hintergründe des Abwahlverfahrens: "Er ist aufgefordert worden, etwaige Einkünfte anzuzeigen und das hat er nicht getan." Vor allem aber stellte Mann klar, dass es bei der Abwahl nicht um bewiesene Schuld gehe, sondern um fehlendes Vertrauen. "Dass heute gegen ihn ein Strafbefehl vorliegt, dass ein Urteil über eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten Gefängnis vorliegt, das ist eine Tatsache", so Mann. Ebenso sei klar, dass der Gemeinde seit Beginn des Verfahrens ein "unbelasteter, unbeschränkt zur Amtsführung fähiger Bürgermeister fehlt." Das habe mit der dieser Tage angemahnten Unschuldsvermutung nicht das geringste zu tun. Der Gemeinde sei schlicht nicht zuzumuten, die gesamte Verfahrensdauer von mehreren Jahren abzuwarten, nur weil sich Thormählen am Ende theoretsich noch als unschuldig herausstellen könnte.

Seit nunmehr 19 Monaten steht Henstedt-Ulzburg ohne hauptamtlichen Bürgermeister da, die Amtsgeschäfte Thormählens werden mehr oder weniger von seiner ehrenamtlichen Stellvertreterin Elisabeth von Bressensdorf (CDU) wahrgenommen. Sollte die Abwahl am Sonntag scheitern, könnte die Gemeinde auch weiterhin keinen Nachfolger suchen und müsste bis Juli 2018 mit einem voll bezahlten, suspendierten Bürgermeister leben. Und auch im Falle seiner Abwahl dürfte es noch etwa ein halbes Jahr dauern, bis ein Nachfolger, oder eine Nachfolgerin gewählt ist. Kein Wunder also, dass die Kommunalpolitik zunehmend verzweifelt wirkt, wenn jetzt dazu aufgerufen wird, Thormählen nicht abzuwählen. Woher seine Beliebtheit rührt? Schulterzucken. Nur Bürgervorsteher Uwe Schmidt (CDU) wagt eine Erklärung: "Er ist der Traum einer jeden Schwiegermutter - er kommt einfach gut an."

4 Kommentare zu diesem Artikel

24.09.2013, 13:22 Uhr Infoarchiv NorderstedtUntreue und Betrug sind Zweierlei!

Wie gesagt: 27.600 Euro sollte Thormählen ohnehin verdienen. Ob das angemessen ist, oder nicht, sei dahingestellt. Diese 27.600 Euro wurden offenbar nicht überschritten, daher sagen zumindest viele Juristen: Da wurde nichts gestohlen, das ist keine Untreue. Die zunächst verbreiteten 200.000 Euro ergeben sich offenbar aus allen Zahlungen, die an Thormählen, bzw. Klaus Lange geflossen sind - den Ermittlern war ja anfangs nicht klar, dass das Geld an sich so oder ähnlich beschlossen war.

Aus diesem Grund bleibt nun vor allem der Vorwurf des Betrugs, da Thormählen eigentlich sämtliche KBE-Zahlungen oberhalb von etwa 5.500 Euro hätte an seinen "Dienstherren", also die Kommunen Norderstedt und Henstedt-Ulzburg, abführen müssen. Genau das wollte er offenbar durch das Umlenken seiner Einkünfte in Beraterverträge umgehen. Außerdem sind den Sozialversicherungsträger ja Beiträge für ihn und Lange entgangen, weil beide statt Gehälter nun Beraterhonorare kassierten - stark vereinfacht ausgedrückt.

24.09.2013, 11:03 Uhr Frieda SteenbockDas verstehe ich nicht. Ganz

Das verstehe ich nicht. Ganz am Anfang der Affäre war mal in der Norderstedter Zeitung zu lesen, dass sich die Beiden damals für Ellerau tätig Thomählen / Lange mit 200.000 Euro jährlich aus der Gemeindekasse bedient hätten. Die Gemeindevertreter hätten das nicht gemerkt und das sei erst später aufgefallen als beide Lange in Norderstedt und Thormählen in Henstedt arbeiteten. Das ist nun wohl alles legal weil die Gemeindevertreter das damals abgewunken haben. Dann kommen die beiden Gauner ja ungestraft davon. Sauerei. Fällt das alles unter den Tisch. Müssen die nichts zurückzahlen?

23.09.2013, 13:46 Uhr Infoarchiv NorderstedtJuristisch ...

... ist das gar nicht so einfach. Weil der KBE-Verwaltungsrat die 27.600 Euro ohnehin freigegeben hatte, hat die Staatsanwaltschaft die Vorwürfe Untreue und Bestechlichkeit am Ende fallen gelassen, weil den Kommunalbetrieben ja kein "Schaden" entstanden sei. Bestehen bleibt aber der Vorwurf des Betrugs, weil Thormählen die Nebeneinkünfte wohl hätte anzeigen und große Teile davon abführen müssen. Deshalb hat das Amtsgericht Norderstedt auch den Strafbefehl über zehn Monate Haft auf Bewährung erlassen. Diesen Strafbefehl hat der Anwalt von Herrn Thormählen aber angefochten, so dass die Sache jetzt gerichtlich verhandelt wird.

23.09.2013, 12:10 Uhr Jochen EllerauFakt ist doch dass er und

Fakt ist doch dass er und Lange sich mit Scheinverträgen aus der Gemeindekassee bedient haben und die Gemeindevertreter in Ellerau das nicht gemerkt haben. Dadurch ist das doch noch lange nicht in Ordnung auch wenn das jetzt wohl verjährt ist?