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Donnerstag, 17. Juli 2014, 14:51 Uhr
Schulentwicklungsplanung in der politischen Diskussion
Umfangreiche Sommerlektüre
Hans-Georg (Felix) Becker | Da haben Politik, Verwaltung und VertreterInnen von Schulen ein dickes Brett zu bohren: Die Schulentwicklungsplanung der weiterführenden Schulen bis 2025. Der schwierige Weg zur aktuellen Schullandschaft ist sicher noch allen in Erinnerung. Hinzu kamen in den letzen Jahren Diskussionen um den Erhalt und die Zukunft einzelner Schulstandorte sowie den baulichen Zustand der Schulgebäude. Die unterschiedlichen Interessenlagen und die Vielzahl der an zukünftigen Entscheidungen zu beteiligenden erschwerte eine Lösung der Probleme „mit Bordmitteln“. Im März 2013 beschloss der Ausschuss für Schule und Sport daher, dass eine Schulentwicklungsplanung mit externer Beratung durchgeführt werden soll.
Im April 2013 wurden im Rahmen einer Kick-Off-Veranstaltung die Funktionsträger der weiterführenden Schulen, bestehend aus SchulleiterInnen, Personalratsvorsitzenden, Elternbeiratsvorsitzenden und SchülersprecherInnen, über das Vorhaben und die Ziele informiert. Danach wurde eine Projektgruppe gebildet, in denen neben VertreterInnen des externen Beratungsunternehmens Steria Mummert Consulting AG und der Verwaltung von jeder Schulform je eine VertrterIn der Funktionsträger mitwirkten. Im November 2013 fand die erste Sitzung der Projektgruppe statt. Dabei war klar, dass die Projektgruppe ein beratendes Gremium und kein Beschlussgremium sein wird. Die politischen Entscheidungen werden im Ausschuss für Schule und Sport getroffen. Bis zum Februar 2014 führte Steria Mummert Interviews und Gespräche mit den weiterführenden Schulen. Nachdem eine weitere Sitzung der Projektgruppe und ein Gespräch der Beraterfirma mit den einzelnen Fraktionen stattgefunden hatten, wurden die Ergebnisse dem Ausschuss für Schule und Sport am 2. Juli 2014 in öffentlicher Sitzung im Plenarsaal des Rathauses vorgestellt.
Eine wesentliche quantitative Einflussgröße der Schulentwicklungsplanung ist dabei die Bevölkerungsentwicklung der 6- bis 18-Jährigen in Norderstedt. Bei der Auswertung der Zahlen des Statistikamtes Nord und des Melderegisters der Stadt Norderstedt wurde festgestellt, dass die Bevölkerungsentwicklung in diesem Bereich im Zeitverlauf von 2013 bis 2030 relativ stabil verläuft. Im Jahr 2013 waren es 7790 Personen. In den Folgejahren kommt es zu einem prognostizierten leichten Rückgang bis zu 7559 Personen im Jahre 2018 um dann im Jahre 2030 bei 7940 zu landen. Eine weitere Einflussgröße, die Berücksichtigung finden muss, ist das Elternwahlverhalten beim Wechsel auf weiterführende Schulen. Trotz der in der Vergangenheit vorgenommenen Schulartenempfehlung durch die Grundschulen, wechselten mehr Kinder auf das Gymnasium als vorgesehen. Dieser Trend dürft sich noch verstärken, da die Schulartenempfehlungen künftig wegfallen.
Neben der Frage, welche Schulformen an welchen Standorten in Zukunft in Norderstedt vorhanden sein sollen, beschäftigte sich das Gutachten auch mit dem Bauszustand der bestehenden Schulgebäude. Dabei fallen das Lise-Meitner Gymnasium und die Gemeinschaftssschule Ossenmmorpark (Schulzentrum Süd) durch dringend erforderliche Investitionsbedarfe bei allen Bewertungskriterien auf. Allerdings sind auch bei allen anderen Schulen (außer der Gemeinschaftsschule Harksheide, sie befindet sich im Um-/Neubau) Investitionsbedarfe unterschiedlicher Dringlichkeit vorhanden. Investitionsbedarfe, die sich aus den Inklusionsanforderungen ergeben, sind an allen Standorten erforderlich.
Bei der Entwicklung der verschiedenen Szenarien der Schulentwicklung wurden folgende Zielkriterien zu Grunde gelegt:
- Erreichbarkeit der Schulen
- Verbesserung der schulischen Einbindung in den Sozialraum
- Ausbau des Angebots in der gymnasialen Oberstufe sowie Vielfalt der Schulstruktur
- Optimierung des Investitionsbedarfs
- Optimierung der Bildungsketten Inklusiver Beschulung
Die von Steria Mummert vorgestellten Szenarien zur Schulentwicklungsplanung sehen wie folgt aus:
- Szenario A Beibehaltung aller Standorte: Neubau Horst Embacher Schule (3-zügig), Neubau Schulzentrum Süd (3-zügige GemS, 4-zügiges Gym)
- Szenario B Auslaufen GemS Ossenmoorpark: Neubau Horst-Embacher-Schule (4-zügig), Neubau Lise-Meitner Gymnasium 4-zügig), Erweiterung GemS Harksheide (+1 Zug)
Die weiteren Szenarien gehen von einem Auslaufen der Horst-Embacher-Schule aus:
- Szenario C1 Ausbau Willy-Brandt-Schule und Erhalt Schulzentrum Süd: Neubau SZ-Süd (3-zügige GemS, 4-zügiges Gym), Erweiterung GemS Willy-Brandt (+2 Züge), Neubau Grundschule Lütjenmoor
- SzenarioC2 Umwandlung SZ-Süd in GemS mit gymnasialer Oberstufe: Neubau SZ-Süd (8-zügig) als GemS mit gymnasialer Obertstufe, Erweiterung GemS Harksheide (+ 1 Zug)
- Szenario D Erweiterungen an GmS-Standorten: Neubau SZ-Süd (3-zügige GemS, 4-zügiges Gym), Erweiterung GemS Harksheide (+ 1 Zug), Erweiterung künftige GemS Friedrichsgabe (+ 1 Zug)
Zum Szenario A hebt das Gutachten hervor, dass damit keine Entlastung der Willy-Brandt-Schule als dann einzige Gemeinschaftsschule mit gymnasialer Oberstufe erreicht wird. Beim Szenario B kann eine höhere Flexibilität bei der Standortwahl durch die Einrichtung einer zusätzlichen Gemeinschaftsschule mit der Option einer gymnasialen Oberstufe erreicht werden. Bei Szenario C1 weist Steria Mummert darauf hin, dass durch den Ausbau der Willy-Brandt-Schule eine Entlastung bei der schon jetzt starken Nachfrage stattfände. Für die Szenarien C2 und D sieht das Unternehmen eine Erhöhung der Flexibilität bei der Standortwahl durch die optionale Einrichtung einer zusätzlichen Gemeinschaftsschule mit gymnasialer Oberstrufe sowie eine Entlastung der Nachfrage bei der Willy-Brandt-Schule. Gleichzeitig wird auf das Risiko einer zu geringen Auslastung der gymnasialen Oberstufe sowie einer Verstärkung der Konkurrenzsituation zwischen Gemeinschaftsschulen und Gymnasien hingewiesen. Unschwer zu erkennen: Eine schwierige Aufgabe.
Die Fraktionen haben nun Zeit sich intensiv mit den Szenarien auseinander zu setzen, bevor es dann im Herbst in die nächsten Beratungen geht. Der Themenkomplex Schulform hat in der Vergangenheit für teilweise heftige Diskussionen in Norderstedt gesorgt. Die Art und Weise des Zustandekommens von Beschlüssen und die teilweise unterirdische öffentliche Diskussion des Themas waren einer nachhaltigen und einvernehmlichen Entwicklung nicht gerade förderlich. Gegenüber dem Infoarchiv äußerste die 2. Stadträtin Anette Reinders ihre Hoffnung, „dass am Ende des jetzt folgenden Diskussionsprozesses eine Verständigung auf einen gemeinsamen Weg bei der Gestaltung der Schullandschaft stehen wird und die Handlungsbedarfe in Hinblick auf Bau- und Sanierungsmaßnahmen in einem langfristigen Plan priorisiert werden.“ Reinders weiter: „Dabei hoffe ich natürlich, dass auch die finanziellen Ressourcen ausreichend sind, um möglichst viele Maßnahmen bis 2025 auf den Weg zu bringen.“ Und da die Schulentwicklungsplanung zwar ein dickes, aber bei weitem nicht das einzige Brett ist das es zu bohren gilt fügt sie hinzu: „Den Dialog mit den Schulen – auch in Hinblick auf die inhaltliche Gestaltung der Bildungslandschaft in Norderstedt – möchte ich gern fortsetzen, denn es gibt noch viele Themen jenseits der räumlichen Situation zu bearbeiten, sei es Inklusion oder die vielen Schulwechsel, um nur zwei Beispiele zu nennen.“