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Samstag, 26. Juni 2004, 2:00 Uhr
Unsozial, unwirtschaftlich und umweltgefährdend
AGENDA-Arbeitsgruppe gegen dritten Autobahnanschluss
Von Olaf Harning | Die ehrenamtlichen Mitglieder der Gruppe beziehen sich in ihrer vor einigen Tagen veröffentlichten Stellungnahme auch auf drei Gutachten aus dem Jahre 2001. Untersucht wurden die drei Bereiche Wirtschaftlichkeit, Umwelt- und Sozialverträglichkeit. Und schon beim Thema "Wirtschaftlichkeit" urteilen Fuhr und seine Mitstreiter mehr als kritisch über die großen Pläne des Bürgermeisters: "Unsummen" würden die nötigen Ausbaumaßnahmen der Brücke über die A7, der Ochsenzoller Straße sowie der Friedrich-Ebert-Straße verschlingen. Alleine die - ebenfalls von der Gruppe abgelehnte - Ortsumgehung Garstedt müsste mit weiteren 12 Millionen Euro angesetzt werden. Geld freilich, dass weder die Stadt Norderstedt zur Verfügung, noch aus Landes- oder Bundesmitteln zu erwarten hat.
Dem gegenüber stehen erhebliche Belastungen für Mensch und Umwelt. Während durch den geplanten Straßenbau selber ein bestehendes Landschaftsschutzgebiet zerschnitten werde, würden erhebliche Lärm- und Abgasbelastungen, womöglich gar die Verunreinigung des Grundwassers auf die NorderstedterInnen zukommen. AnwohnerInnen der angrenzenden oder zuführenden Straßen müssten außerdem mit deutlich steigendem Verkehrsaufkommen leben. Kein Wunder, dass die Gruppe abschließend zu dem Ergebnis kommt, dass ein dritter Autobahnanschluss letztlich im "völligen Gegensatz zu dem Ziel Norderstedts" stehe, "eine Stadt im Grünen zu bleiben".
Die "lokale AGENDA 21" ist ein Projekt, das letztlich bereits im November 1995 von der Norderstedter Stadtvertretung in Gang gesetzt wurde, als man dem Klimabündnis "Allianza del clima" beitrat. Aber erst im Juli 1999 folgte der zweite Schritt, als wiederum die Stadtvertretung die Formulierung beschloss: Durch eine Vereinigung von Umwelt- und Entwicklungsinteressen und ihre stärkere Beachtung kann es uns jedoch gelingen, die Deckung der Grundbedürfnisse, die Verbesserung des Lebensstandards aller Menschen, einen großen Schutz und eine bessere Bewirtschaftung der Ökosysteme und eine gesicherte, gedeihliche Zukunft zu sichern.
Aus dieser Beschlusslage heraus gründeten ehrenamtliche Interessierte später fünf kommunale Arbeitsgruppen zu den Themen "Planung für Norderstedt", "Rohstoffe schonen", "Solar-Initiative Norderstedt", "Migration und Integration", sowie "Miteinander leben", die mit einem AGENDA-Büro im Rathaus unterstützt und koordiniert werden. Die Arbeitsgruppe "Planung für Norderstedt" hat dabei schon mehrfach für Aufsehen gesorgt: Bereits zum Jahreswechsel 2001/2002 meldeten sich deren Sprecher Erwin Fuhr und Bernhard Luther zu Wort und forderten: Statt neuer Straßen soll der öffentliche Nahverkehr ausgebaut werden. Naturerhaltung hat absoluten Vorrang vor einseitigem Raubbau und Naturzerstörung. Schließlich wirbt Norderstedt mit dem Slogan ´Eine Stadt im Grünen`.
Die Arbeitsgruppe regt vor diesem Hintergrund an, die Tarpenbek-Niederung als Grüngürtel zu erhalten und allenfalls das sogenannte "Garstedter Dreieck" am U-Bahnhof Richtweg zu bebauen, das bereits vollständig erschlossen sei. Ohnehin sei städtebaulich Verdichtung gefragt, nicht die weitere Ausdehnung der Stadt in die Peripherie. Zuerst im September 2001, später im August 2003 kritisierte die Gruppe zudem das umstrittene Projekt eines "Luftfahrt- und Distributionszentrums" auf Norderstedter Gebiet am Hamburger Flughafen. Bürgermeister Grote (Aufsichtsratsvorsitzender der planenden EgNo - Entwicklungsgesellschaft Norderstedt) und den politischen Gremien wurde damals die Kritik übergeben - weitgehend ohne Reaktion.
Während Fachanalysen schon 2001 ergaben, dass der Standort für Logistik oder Luftfracht denkbar ungünstig ist, blieben sowohl Herbert Paschen (CDU) als auch Jürgen Lange (SPD) bei ihrem Projekt und verantworteten eine weitere, massive Verschuldung der städtischen EgNo. Nach dem zwischenzeitlichen Zusammenbruch der Planungen mit der Absage des zuvor propagierten Investors Hochtief ist zwar nur noch verschämt von "dringend benötigten Gewerbeflächen" die Rede, die im flughafennahen Moor geschaffen werden sollen, das "Millionengrab LDZ" wird aber nach wie vor verfolgt und verschlingt alleine 2004 wieder 1,1 Millionen Euro städtischer Gelder - rein rechnerisch gleichbedeutend mit 12 Jahren Betriebskosten des aus "Kostengründen" geschlossenen Jugendkulturcafé Aurikelstieg.
Bleibt abzuwarten, ob jetzt auch der vollständig überflüssige, dritte Autobahnanschluss der Stadt gegen jede Vernunft von Bürgermeister Grote und seinen Parteifreunden durchgesetzt wird. Nachdem eine gegen den Anschluss gerichtete Bürgerinitiative bereits Anfang des Jahres mehr als 1.600 Unterschriften gegen den Bau an den ersten Mann der Stadt übergeben hatte, schlägt die Stellungnahme der AGENDA-Arbeitsgruppe um Erwin Fuhr eine weitere Wunde in die Planungen. Der just wiedergewählte Grote gibt sich dann auch zurückhaltend: Auf das Straßenprojekt angesprochen, verweist der Verwaltungs-Chef seit kurzem nur auf die von der Stadtvertretung in Auftrag gegebenen Prüfungen. Bereits leise Anzeichen des Rückzugs? Der Stadt ist es zu wünschen.