Hans-Georg (Felix) Becker | Das Willkommen-Team Norderstedt hat den diesjährigen Integrationspreis des Landes Schleswig-Holstein gewonnen. Der Preis wird im vierten Jahr verliehen, in diesem Jahr mit folgender Zielsetzung: „Mit dem Integrationspreis sollen Vorhaben gewürdigt werden, die die Verbesserung der Chancengleichheit und gleichberechtigten Teilhabe von Migrantinnen und Migranten sowie die Etablierung von Willkommens- und Anerkennungsstrukturen in Kommunen vorsehen.“ Was so ein wenig gestelzt formuliert daherkommt, wird vom Norderstedter Willkommen-Team seit einiger Zeit mit prallem Leben gefüllt.

Glückliche Gewinnerinnnen, v.l.n.r: Heide Kröger, Anette Reinders, Susanne Martin, Regina Baltrusch

Anlässlich der Preisverleihung durch Schleswig-Holsteins Innenminister Stefan Studt am 9. Dezember gab es heute eine Pressekonferenz zu der die zweite Stadträtin Anette Reinders und die Integrationsbeauftragte der Stadt Norderstedt Heide Kröger geladen hatten. Außerdem berichteten Susanne Martin vom Willkommen-Team und Regina Baltrusch, eine der zahlreichen ehrenamtlichen UnterstützerInnen, von ihrer Arbeit. Die vier Damen waren selbstbewusst genug, um bereits im Vorfeld optimistisch gewesen zu sein, zu den Preisträgern zu gehören. Das es nun sogar der erste Preis wurde, liegt an dem wirklich hervorragenden Konzept Flüchtlinge und AsylantragstellerInnen beim „Ankommen“ in der Stadt zu unterstützen.

Mit berechtigtem Stolz blickte Anette Reinders auf das zurück, was sich im letzen Jahr alles getan hat. Die Verzahnung von Verwaltung und ehrenamtlicher Unterstützung ist gelungen. Vor einem Monat erfolgte die Vereinsgründung „Willkommen-Team Norderstedt e.V.“ Mittlerweile gibt es 84 aktive UnterstützerInnen, die im Wesentlichen für eine individuelle Wegbegleitung der Flüchtlinge und AsylantragstellerInnen sorgen. Auf ihre Aufgabe werden die UnterstützerInnen von Susanne Martin durch Schulungen vorbereitet, die an drei Abenden zu 1 ½ Stunden stattfinden. Die Aufgaben sind vielfältig: Empfang der AsylbewerberInnen und Übergabe eines Willkommensbeutels mit den nötigsten Sachen für die ersten Tage, koordinierte Besuche beim Sozialamt, Vereinbarung von Terminen bei der Migrationsberatung, Beantragung des Sozialpasses bis hin zur Organisation und Durchführung von Arztbesuchen – um nur einige zu nennen.

Das größte Problem dabei ist die Sprache. Regina Baltrusch wünschte sich in diesem Zusammenhang noch mehr UnterstützerInnen, die selber einen Migrationshintergrund haben. Besonders gefragt seien momentan Sprachkenntnisse in Arabisch, Kurdisch, Persisch, Albanisch, Serbisch, Armenisch und Tigrina (Eritrea). Wichtig ist natürlich auch der Sprachunterricht für die Flüchtlinge. Offiziell besteht darauf erst ein Anspruch wenn ein Status erreicht ist, z.B. eine Anerkennung oder Duldung. Da dies aber lange dauern kann, gibt es in Norderstedt jetzt auch ehrenamtliche Sprachkurse.

Das erklärte Ziel des Willkommen-Teams ist die Erreichung größtmöglicher Selbständigkeit der AsylbewerberInnen und Flüchtlinge. Wichtig ist dabei der Kontakt zu Menschen, z. B. in Sportvereinen. Dazu beitragen sollen auch Nachmittagsangebote an Standorten außerhalb der Notunterkünfte. Neben den Sprachkenntnissen muss auch für den schulischen Anschluss von Kindern und Jugendlichen gesorgt, Weiterbildung ermöglicht und in Berufe vermittelt werden. Eine verwaltungsseitig eingerichtete Arbeitsgemeinschaft soll Arbeitgeber und Unternehmen – die in Norderstedt dem Thema gegenüber durchaus aufgeschlossen sind - bei der Umsetzung unterstützen.

Über die Verwendung des Preisgeldes von 5.000 Euro ist noch nicht abschließend entschieden worden. Eine Verwendungsmöglichkeit könnte die Beschaffung von Flip-Charts und Unterrichtsmaterial für die Lehrenden der Trainingsgruppe „Erstes Deutsch“ sein. Die SPD beantragt im nächsten Sozialausschuss eine außerplanmäßige Unterstützung des Willkommen-Teams mit 8.000 Euro für das Jahr 2014. Für die folgenden Jahre soll dann ein Zuwendungsvertrag zwischen der Verwaltung und dem Verein geschlossen werden.

Bisher wurden 2014 Flüchtlinge und AsylbewerberInnen vom Willkommen-Team begleitet. Insgesamt kamen in 2014 rund 230 Flüchtlinge /AsylbewerberInnen in Norderstedt an, für 2015 werden 150 Neuzugänge erwartet. Nach Einschätzung von Anette Reinders werden 50-70% der AsylbewerberInnen hierbleiben. Eine große Herausforderung besteht daher auch darin, für diese Menschen eine Wohnung in Norderstedt zu finden. Die Problemstellungen sind also vielschichtig. Aber Susanne Martin, Heide Kröger, Anette Reinders und Regina Baltrusch ließen keinen Zweifel daran, die Probleme mit einem positiven Pragmatismus anzugehen. Der Verein Willkommen-Team Norderstedt kann noch gut weitere aktive Mitglieder gebrauchen. Interessierte können sich dazu bei der Integrationsbeauftragten der Stadt Norderstedt unter Telefon 535 95-916 melden.