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Dienstag, 8. April 2008, 22:00 Uhr
Park fiction - Film im Spectrum-Kino
"Die Wünsche werden die Wohnung verlassen und auf die Straße gehen"
Infoarchiv Norderstedt | Der Film "Park Fiktion" beschreibt die Bedeutung von Gärten und Parks aus verschiedenen Perspektiven und dokumentiert den ersten Teil des Park-Fiktion-Prozesses: die kollektive Wunschproduktion. Wie können wir der gedankenlos-kommerzialisierten Einöde unsere eigenen Wünsche entgegensetzen?
Mit dabei sein wird auch jemand von Park-Fiktion, der über die Erfahrungen des Projektes berichtet.
Einzelheiten zum Projekt park fiction unter der Adresse www.parkfiction.org, unter anderem:
Die Produktion von Wünschen
Die Schlüsselidee von Park Fiction ist es, einen parallelen Planungs Prozess und eine kollektive Wunschproduktion für den Park zu organisieren ? ohne dazu von den Behörden beauftragt worden zu sein. Wir entwickelten ein paralleles und offenes Planungsverfahren für einen realen Ort und brachten dabei künstlerische und gesellschaftliche Bewegungen zusammen, ohne in die Falle zu tappen, dem "legalen" Weg der begrenzten Beteiligung zu folgen, den das bürokratische System vorsieht. (...) Linke politische Gruppen genauso wie die Herrschenden unterschätzen die Kunst für gewöhnlich - sie nehmen sie einfach nicht ernst. So traurig das manchmal ist, ist es doch gelegentlich auch nützlich. Wir begannen völlig unbeachtet mit der kollektiven Wunschproduktion, veranstalteten Vorträge und Ausstellungen zum Thema Park in allen Schaufenstern, in der Schule, in der Kirche und so weiter, und schufen so ein kleines paralleles Wissensuniversum. Aktivitäten, die den Park vorwegnehmen, wurden auf den Straßen und dem Hang veranstaltet: Freilichtkino, Agitprop-Diashows, und Raves. (...) Diese konstituierende Arbeitsweise, dieses parallele Planungsverfahren stellt natürlich das herkömmliche System der Stadtplanung in Frage. Als die Politiker die Bühne betraten, fanden sie sich in einem komplexen Feld wieder, in dem sie sich nur mit Schwierigkeiten bewegen konnten. Für einen kurzen Moment hatte wir die Spielregeln festgelegt, hatten eine komplexe, lebendige Vorstellung von dem was wir taten und festen Boden unter den Füßen - und sie waren in der Position der Dummen, sahen langweilig aus und wurden als das entlarvt, was sie sind: Menschen, die Dinge verhindern. (...)
Geräte
Wir entwickelten Tools: Wie macht man Planung zugänglich?
Wir organisierten das Planungsverfahren als Spiel und verteilten Spielpläne statt Flugblätter, die alle Zugänge zeigten, bei denen man mitmachen konnte. Wir eröffneten einen Planungscontainer, in dem es ein Knetbüro gab, eine Telefonhotline für Menschen, denen die besten Ideen nachts kommen, eine Gartenbibliothek und das Wunscharchiv. Dazu kam noch der Action Kit - ein mobiles Planungsbüro mit Fragebögen, Plänen, Knetmasse, einem Diktiergerät, einem aufklappbaren Hafenpanorama und einer Instantkamera, um Ideen gleich aufzuzeichnen. (...) Wenn Subjektivität die neue Front des Kapitalismus ist, bekommen künstlerische Praktiken potentiell mehr Macht. Gleichzeitig wohnt künstlerischer Praxis ein Potential für Autonomie inne, Potentiale der Widerständigkeit und der Sperrigkeit. Park Fiction bewegt sich in dieses Feld hinein, indem es öffentlichen Raum für die nicht-kommerzielle Produktion von Wünschen aus der Nachbarschaft öffnet. Diese Strategie steht in Beziehung zum Begriff des immateriellen Arbeiters, wie er von Negri und Hardt entwickelt wurde, und der Idee, dass kreative Produktivität nicht mehr allein die Domäne von KünstlerInnen ist, sondern eine verallgemeinerte Fähigkeit wird. (...)
Konstituierende Praxen ...
konstituieren gesellschaftliche Beziehungen, ohne durch Autoritäten dazu beauftragt worden zu sein. Sie vermeiden es, den Staat direkt zu addressieren, genau wie Grabenkämpfe mit der Macht vermieden werden. Konstituierende Praxen arbeiten lieber auf der Strasse, studieren mit der Nase am Asphalt, verbinden Kunst und gesellschaftliche Bewegungen, erfinden neue Spiele, entwickeln alternative Formen von Wissenschaften, besetzen Land, gründen neue Siedlungen und ganze Städte, definieren den öffentlichen Raum neu ? und fordern somit die dominanten Systeme der Stadtplanung und der Realitätsbeschreibung heraus. Dieses Konzept ist verbunden mit der Idee von
Parallel arbeiten
oder (wie die EZLN vor Halloway sagte): Wie man die Welt verändert, ohne die Macht zu übernehmen. Parallel arbeiten ist etwas anderes als Autonomie im alten künstlerischen Sinne ? eine Autonomie, die auf das vorgegebene Gefängnis beschränkt ist, beschränkt auf die Größe der Leinwand. Parallel zu arbeiten bedeutet, direkt mit der Realität und mit anderen Menschen zu tun zu haben, aber eine operative Autonomie zu erlangen.
Unwahrscheinliche Begegnungen:
Gruppen, die Werkzeuge, Einstellungen, Mut, Praktiken, Programme entwickeln, die unwahrscheinliche Begegnungen, Treffen und Verbindungen wahrscheinlicher machen, nach ihnen suchen, kulturelle oder Klassenschranken überspringen, hin gehen, wo keiner hingeht. Sie lassen es nicht zu, dass ihre Aktivitäten auf symbolische Aktionen, Spiegelungen, Kritik, Negation, oder eine Analyse ihrer Machtlosigkeit reduziert wird, noch wurschteln sie in der ihnen zugewiesenen Nische vor sich hin.
Plattformen schaffen
? ist schon als Wort und Konzept ein wenig abgedroschen, aber künstlerische Praktiken, die etwas von interesse sein wollen, bilden Plattformen des Austauschs für andere. Die interessanten Produkte reflektieren komplexe Sichtweisen verschiedener Leute und sind nicht linear. Dies hat etwas mit der Erscheinung des "immateriellen Arbeiters" zu tun, der bei weitem nicht nur Werber oder Programmierer ist, sondern genauso gut der Mensch, der einen Straßenstand hat und die ganzen affektiven und netzwerkbildenden Fähigkeiten haben muss, für das die multinationalen Konzerne ganze Abteilungen brauchen. Die Tatsache, dass du heute nichts ohne ein Image verkaufen kannst, dass Image ein harter wirtschaftlicher Faktor geworden ist, gibt denjenigen Macht zurück, die schon immer Bedeutung und Bilder herstellen mussten, ohne Macht zu haben: die KünstlerInnen. Allerdings hat der Kampf begonnen, Bilder zu kontrollieren und Kommunikationskanäle zu blockieren, denn die Macht hat das schon verstanden. Übrigens bedeutet Austausch Austausch und nicht von Oben nach Unten oder Erziehung.
Lokales Wissen - globaler Austausch
Der private Raum - der Ort des Alltagslebens, Alltagswissens und der Alltagspoesie - ist, kulturell, wirtschaftlich und im politischen Denken abgewertet. Aber genau hier ist die Quelle der heraufziehenden urbanen Revolution. Hier bekommt sie ihre Richtung. Wie kann das lokale Wissen in ein Spannungsverhältnis mit den globalen Mächten treten? Wie können lokales Wissen und lokale Bewegungen sich austauschen und die globalen Mächte herausfordern?
Die kollektive Wunschproduktion
Mit anderen zusammenzuarbeiten bedeutet nicht, sich selbst zu beschränken und Sozialarbeiter zu werden. Es bedeutet auch nicht, künstlerische Arbeit auf die Verwaltung der Kreativität anderer zu reduzieren. Projekte, die es nicht schaffen, eine Verbindung mit dem Imaginärenherzustellen, sind keine Kunst. KünstlerInnen, die partizipatorische Projekte im Kunstkontext machen, poetisieren oft nur den langweiligen Status Quo des Kunstsystems, und geben dabei noch den letzten utopischen Funken auf, der noch in einem konventionellen Gemälde aufleuchtet.
Offene Stadt
Wir bekommen oft zu hören, ein Projekt wie Park Fiction sei nur möglich gewesen, weil alle in der Gruppe im Viertel gelebt haben, und dass es nicht reproduzierbar sei. Reproduzierbar ist es nicht, denn Situationen ändern sich schnell, und jeder muss seine eigenen Werkzeuge, Instrumente und örtliche Intelligenz aufbauen, und Gruppen müssen ihren eigenen Rhythmus entwickeln. Ich glaube aber nicht, dass man lokal sein muss. Vielmehr denke ich, dass Städte aus dem Imaginären der Außenseiter, Migranten und Reisenden gebaut werden, die eine Idee davon haben, was ein bestimmter Ort sein könnte. Städte, die keine Offenheit entwickeln, um das Andere, das Außen, aufzunehmen, sind tot. Palmen in Hamburg sind der Beweis: Globalisierung ist unumkehrbar.
Zapatistas
Kurz bevor wir anfingen, 1994, sagten die Zapatistas: Wir beschlossen, damit aufzuhören, den Leuten zu predigen, und damit anzufangen zuzuhören. So sehr wie dieser Satz einen drastischen Umbruch in revolutionärem Denken und revolutionärer Praxis markiert, markieren die heutigen Projekte eine Veränderung in Kunst, sozialer Praxis, Architektur, und Stadtplanung. Zu einer Zeit, in der die Krisenregionen aussehen wie Modelle der Situation, die den Zentren des Kapitals noch bevorsteht, sind kleine Projekte Briefe aus einer bald verschwindenden Vergangenheit in eine sehr nahe Zukunft, in der wir die Städte und das gesamte Alltagsleben neu werden erfinden müssen - in einem viel größeren Maßstab. Es sind kleine unwahrscheinliche Begegnungen wie solche in diesem Buch, wie die informellen Begegnungen im Park, die ein paralleles Universum bilden, die Taschen parallelen öffentlichen Raums, in denen sich die letzte Internationale konstituiert.
Dienstag, 8. April 2008, 22:00 Uhr, Spectrum-Kino Norderstedt, Rathausallee 72, in Sichtweise des U-Bahnhofs Norderstedt-Mitte
Eintritt: 4 Euro
Eintritt: 4 Euro