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Samstag, 30. Juni 2012, 10:36 Uhr
Frust und Übergriffe nach EM-Aus
Streit über "Deutschland-Feiern"
ram. | Eine Art "Grundrecht auf Deutschland-Straßenparties" proklamieren dieser Tage einige NorderstedterInnen, weil die Polizei nach den zwei letzten Spielen der deutschen Fußball-Nationalmannschaft Teile der Ulzburger Straße sperrte. Die Maßnahme zum Schutz von Feiernden und AutofahrerInnen wird als "Bevormundung" kritisiert - Hans-Jürgen Oltmanns fordert gar "Freie Fahrt für freie Bürger". Derweil reagierten Fans andernorts mit Gewalt auf das EM-Aus.
Die Aral-Tanke in Friedrichsgabe: Hier sammeln sich Deutschland-Fans seit 2006 nach Siegen der Nationalmannschaft. Der Pächter schließt inzwischen rechtzeitig, spricht sich gegen die ausartenden Feiern aus. (Foto: Infoarchiv)
Hintergrund der Polikzeiaktion in Norderstedt war ein Ritual, dass sich während der WM 2006 entwickelt hatte: Nach jedem Turniersieg der Nationalmannschaft sammeln sich bis zu 700 Fußballfans mit Deutschland-Bimbes auf der "Ulze", skandieren Parolen und feiern unter teils starkem Alkoholeinfluss "ihre" Mannschaft. Im Anschluss starten von dort aus meist auch Autokorsos quer durchs Stadtgebiet. Weil es im Rahmen dieser nationalistisch geprägten Feiern aber immer wieder zu äußerst gefährlichen Szenen im Zusammenhang mit dem im Prinzip noch laufenden Auto- und Busverkehr kam, reagierte die Norderstedter Polizei erstmals während und nach der aktuellen EM-Partie gegen Griechenland und sperrte die Verkehrsader zwischen Harckesheyde und Mühlenweg. Während des am Ende verlorenen Halbfinals gegen Italien ließ Polizeichef Dieter Aulich die Sperrung sogar noch ausweiten, weil sich die Gruppe jetzt in Höhe des Restaurants Schweinske traf.
Nicht nur bei Tim Simon und Hans-Jürgen Oltmanns sorgt das für völliges Unverständnis: Gegenüber der Norderstedter Zeitung fordern sie das Recht, "eigenverantwortlich" auf der Ulze feiern zu dürfen, die Polizei solle nur dafür sorgen, "dass langsam gefahren wird und dass der Fußballfreude gefahrlos Ausdruck gegeben werden kann". Interessant dabei, dass die Einsatzkräfte letztlich genau das taten, denn weder wurde das kollektive Feiern, noch das Betreten der Ulzburger Straße verhindert - die Sperrungen dienten lediglich der Trennung zwischen Feiernden und fließendem Verkehr. Außerdem bleibt die Frage, wie Simon, Oltmanns & Co reagieren würden, wenn einer der nicht selten im Vollrausch Feiernden bei den beobachteten 50km/h-Fahrten von der Motorhaube stürzt und sich schwer verletzt, oder ein Fan unter die Reifen eines "aufgeschaukelten" (siehe Video) Busses gerät.
Während der Fußballabend am vergangenen Donnerstag im Raum Hamburg offenbar friedlich verlief, gab es im Umlang vereinzelt schwere Übergriffe. So stellte die Polizei in Bad Segeberg einen 24jährigen Fan, der nach Spielende zwei Jugendliche angegriffen- und gewürgt hatte. In Lübeck mussten zwei Männer mit Stichverletzungen in ein Krankenhaus eingeliefert werden, außerdem kam es nach Angaben der Polizei zu erheblichen Sachbeschädigungen und auch Angriffen auf einen kleinen Autokroso italienischer Fans. Rassistische Gewalttaten wurden derweil unter anderem aus Wolfsburg und Wuppertal gemeldet, wo deutsche Fans italienische Konvois angriffen, Italiener niederschlugen oder sie mit eigens mitgebrachten Spaghetti bewarfen. In Foren wurde der italienische Torschütze Mario Balotelli zudem als "Neger", die italienische Mannschaft unter anderem als "Pizzafresser", "Spaghettis" oder "Itaker" beschimpft.
Achtung: Der Artikel wurde am 3. Juli nach der Kritik eines Lesers in zwei Abschnitten geringfügig verändert. Inhalt und Form sind aber unverändert geblieben.